Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
Vom Netzwerk:
Veränderungen anstanden. Die Männer, die auf die Bucht hinausfuhren, trugen Pullover unter dem Ölzeug, weil die Winde jetzt immer entschlossener in den herbstlichen Ost-West-Korridor einschwenkten und dabei zunehmend schneidender wurden. In den großen Obstplantagen der Baronie nördlich von Hambry (und in den kleineren Obstgärten, die sich im Besitz von John Croydon, Henry Wertner, Jake White und der mürrischen, aber wohlhabenden Coral Thorin befanden) konnte man die ersten Pflücker mit ihren seltsam schiefen Leitern zwischen den Reihen sehen; ihnen folgten die mit leeren Fässern beladenen Pferdekarren. Auf den windabgewandten Seiten der Apfelmostereien – besonders des großen baronatseigenen Ziderhauses eine Meile nördlich von Seafront –, erfüllte der süße Duft der durch ihre Last in die Körbe gepressten Äpfel die Brise. Fernab vom Ufer des Reinen Meeres blieben die Tage warm, während die Jägerin zunahm; der Himmel war Tag und Nacht klar, aber der Hausierer hatte die größte Sommerhitze mit sich genommen. Die letzte Heuernte begann und wurde binnen einer Woche abgeschlossen – diese letzte Ernte fiel stets kümmerlich aus, und die Rancher und freien Landbesitzer verfluchten sie gleichermaßen, kratzten sich am Kopf und fragten sich, warum sie die Mühe überhaupt auf sich nahmen… aber wenn der regnerische, stürmische März kam und die Scheunen und Silos zunehmend leerer wurden, wussten sie es immer. In den Gärten der Baronie – den großen der Rancher, den kleineren der freien Landbesitzer, den winzigen Grundstücken der Stadtbewohner – tauchten Männer und Frauen und Kinder in ihrer ältesten Kleidung auf, mit Stiefeln und sombreros und sombreras. Sie hatten die Hosenbeine an den Fesseln fest zugebunden, weil zur Zeit der Jägerin stets Schlangen und Skorpione in großer Zahl von der Wüste hereingewandert kamen. Bis der alte Dämonenmond am Himmel anschwoll, würden eine ganze Reihe Klapperschlangen an den Pferdebalken des Traveller’s Rest und des Gemischtwarenladens auf der anderen Straßenseite hängen. Andere Geschäfte würden ihre Querbalken ähnlich dekorieren, aber wenn am Tag der Ernte der Preis für die größte Anzahl an Häuten vergeben wurde, ging stets entweder der Saloon oder der Kaufladen als Sieger hervor. Auf den Feldern und in den Gärten trugen Frauen mit bunten Kopftüchern und in den Ausschnitten versteckten Erntetalismanen die Körbe, die gefüllt werden mussten. Die letzten Tomaten wurden geerntet, die letzten Gurken, die letzten Maiskolben, die letzten Pareys und Mingos. Im Anschluss daran, wenn die Tage frischer wurden und die Herbststürme näher rückten, würden Scharfwurz, Kartoffeln und Kürbisse folgen. In Mejis hatte die Zeit der Ernte begonnen, während oben am Himmel die Jägerin mit jeder sternenklaren Nacht deutlicher ihren Bogen spannte und nach Osten über die seltsamen, meilenweiten Wasserflächen schaute, die kein Mann und keine Frau von Mittwelt je gesehen hatte.
     
     
    3
     
    Diejenigen, die unter dem Einfluss einer starken Droge stehen – Heroin, Teufelsgras, wahre Liebe –, versuchen häufig, ein prekäres Gleichgewicht zwischen Heimlichtuerei und Ekstase zu wahren, während sie auf dem Hochseil ihres Lebens balancieren. Selbst unter günstigsten Umständen ist es schwierig, auf einem Hochseil zu gehen; im Zustand des Deliriums ist es so gut wie unmöglich. Auf lange Sicht völlig unmöglich.
    Roland und Susan waren im Delirium, genossen aber zumindest den winzigen Vorteil, dass sie es wussten. Und das Geheimnis musste ja nicht für immer gewahrt werden, sondern allerhöchstens bis zum Erntejahrmarkt. Und vielleicht wurde es schon früher enthüllt, dann nämlich, wenn die Großen Sargjäger vorzeitig aus ihrer Deckung kamen. Der tatsächliche erste Zug mochte von einem der anderen Spieler getan werden, dachte Roland, aber wer auch immer zuerst handelte, Jonas und seine Männer würden zur Stelle sein und ihren Part spielen. Den Part, der den drei Jungen wahrscheinlich am gefährlichsten werden würde.
    Roland und Susan waren vorsichtig – jedenfalls so vorsichtig wie Menschen im Delirium nur sein können. Sie trafen sich nie zweimal nacheinander an derselben Stelle, sie trafen sich nie zweimal nacheinander zur selben Zeit, sie schlichen sich niemals verstohlen zu ihrem Stelldichein. In Hambry waren Reiter nichts Ungewöhnliches, aber Heimlichtuer fielen auf. Susan versuchte nie, ihre »Ausritte« mithilfe einer Freundin zu erklären

Weitere Kostenlose Bücher