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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Erleichterung als auch Traurigkeit in ihrem Herzen empfand. Als sie auf die Hauptstraße einbog und Pylon zum Galopp anspornte, drehte sie sich kein einziges Mal um.
     
     
    9
     
    In einer dunklen Stunde am folgenden Morgen schlich Olive Thorin aus dem Zimmer, in dem sie jetzt schlief, zu dem, das sie fast vierzig Jahre mit ihrem Mann geteilt hatte. Der Boden unter ihren bloßen Füßen war kalt, und sie zitterte, als sie beim Bett angelangt war… aber der kalte Fußboden war nicht der einzige Grund, weshalb sie zitterte. Sie schlüpfte zu dem hageren, schnarchenden Mann mit der Nachthaube, und als er sich von ihr wegdrehte (wobei seine Knie und sein Rücken laut knackten), drückte sie sich an ihn und umarmte ihn fest. Ohne Leidenschaft, nur vom Bedürfnis nach ein wenig Wärme getrieben. Seine Brust – schmal, aber so vertraut für sie wie ihr eigener plumper Oberkörper – hob und senkte sich unter ihren Händen, und sie konnte sich etwas beruhigen. Er regte sich, und sie dachte, er würde gleich aufwachen und feststellen, dass sie zum ersten Mal seit – die Götter wussten wie lange – das Lager mit ihm teilte.
    Ja, wach auf, dachte sie. Los. Sie wagte nicht, ihn von sich aus zu wecken – es hatte schon allein ihren ganzen Mut erfordert, nach einem der schlimmsten Albträume ihres Lebens auch nur in der Dunkelheit hierher zu schleichen –, aber wenn er aufwachte, würde sie es als ein Zeichen werten und ihm erzählen, dass sie von einem riesigen goldenen Vogel geträumt hatte, einem grausamen Vogel Rock mit goldenen Augen, der mit bluttriefenden Schwingen über der Baronie seine Kreise zog.
    Wo immer sein Schatten hinfiel, floss Blut, würde sie ihm sagen. Die Baronie floss davon über, von Hambry bis raus zum Eyebolt. Und ich konnte ein gewaltiges Feuer im Wind riechen. Ich lief zu dir, um es dir zu sagen, aber du warst in deinem Arbeitszimmer, tot, du hast mit herausgedrückten Augen und einem Schädel im Schoß am Herd gesessen.
    Aber statt zu erwachen, nahm er im Schlaf ihre Hand, wie er es früher immer getan hatte, bevor er den jungen Mädchen nachsah – sogar den Mägden –, wenn sie vorübergingen, und Olive beschloss, dass sie nur hier liegen und ihn ihre Hand halten lassen würde. Sollte es doch ruhig wieder ein wenig wie in den alten Zeiten sein, als zwischen ihnen alles gestimmt hatte.
    Sie selbst schlief auch etwas ein. Als sie erwachte, drang das erste graue Licht der Dämmerung zu den Fenstern herein. Er hatte ihre Hand losgelassen – war sogar ganz von ihr weggerückt, ganz an den Bettrand auf seiner Seite. Sie entschied, dass es nicht gut wäre, wenn er aufwachen und sie hier finden würde, und die Panik nach ihrem Albtraum war sowieso verflogen. Sie schlug die Decke zurück, schwang die Füße hinaus und sah ihn dann noch einmal an. Seine Nachthaube hatte sich verschoben. Sie rückte sie zurecht und strich mit der Hand über den Stoff und die knochige Stirn darunter. Er regte sich wieder. Olive wartete, bis er sich beruhigt hatte, dann stand sie auf. Sie schlich wie ein Phantom in ihr eigenes Zimmer zurück.
     
     
    10
     
    Die Kirmesbuden im Green Heart öffneten bereits zwei Tage vor dem eigentlichen Erntejahrmarkt, und die ersten Besucher kamen, um ihr Glück beim kreisenden Rad oder beim Flaschen- und Ringewerfen oder beim Korbring zu versuchen. Außerdem gab es einen Pony-Express – einen Wagen voller lachender Kinder, der auf einem Schmalspurgleis in Form einer großen Acht entlanggezogen wurde.
    (»Hieß dieses Pony etwa Charlie?«, fragte Eddie Dean.
    »Ich glaube nicht«, sagte Roland. »Wir haben nämlich ein ziemlich unangenehmes Wort in der Hohen Sprache, das ähnlich klingt.«
    »Was für ein Wort?«, fragte Jake.
    »Das eine«, sagte der Revolvermann, »das Tod bedeutet.«)
    Roy Depape sah dem Pony eine Zeit lang zu, wie es seine vorherbestimmten Bahnen zog, und erinnerte sich nostalgisch an seine eigenen Fahrten in derartigen Wagen, als er noch ein Kind gewesen war. Natürlich waren seine meistens gestohlen gewesen.
    Als er genug gesehen hatte, schlenderte er zum Büro des Sheriffs und ging hinein. Herk Avery, Dave und Frank Claypool reinigten ein seltsam bizarres Sammelsurium von Schusswaffen. Avery nickte Depape kurz zu und widmete sich dann wieder seiner Arbeit. Irgendetwas an dem Mann war komisch, und nach einem Augenblick ging Depape auf, was es war: Der Sheriff aß nichts. Es war das erste Mal, dass Depape hereinkam und der Sheriff keinen Teller mit Leckereien

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