Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen

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schnell gezogen und gespannt, dass nur Rolands außergewöhnliche Augen die Bewegung hatten mitverfolgen können. Gemurmel wurde unter den Männern hinter ihnen laut – teils Entsetzen, größtenteils aber Ehrfurcht.
    »Jonas, seid kein Narr!«, fauchte Lengyll. »Ihr werdet sie doch nicht töten, nachdem wir die Zeit und die Gefahr auf uns genommen haben, sie festzunehmen und in Fesseln zu legen, oder?«
    Jonas schien ihn nicht zu hören. Er hatte die Augen weit aufgerissen; die Winkel seines runzligen Munds bebten. »Pass auf, was du sagst, Will Dearborn«, sagte er mit leiser, heiserer Stimme. »Pass ganz genau auf, was du sagst. Im Moment ruhen zwei Pfund Druck auf einem Drei-Pfund-Abzug.«
    »Na gut, erschießen Sie mich doch«, sagte Roland. Er hob den Kopf und sah auf Jonas hinab. »Schießen Sie, Verbannter. Schießen Sie, Wurm. Schießen Sie, Versager. Sie werden trotzdem in der Verbannung leben und sterben, wie Sie dort gelebt haben.«
    Einen Augenblick lang war er davon überzeugt, dass Jonas gleich schießen würde, und in diesem Augenblick dachte Roland, dass der Tod gerechtfertigt wäre, ein akzeptables Ende nach der Schande, dass sie sich so leicht hatten fangen lassen. In diesem Augenblick dachte er nicht an Susan. Nichts atmete in diesem Augenblick, nichts rief, nichts bewegte sich. Die Schatten der Männer, die diese Konfrontation zu Fuß und zu Pferde beobachteten, waren dem Boden ohne Tiefe aufgeprägt.
    Dann ließ Jonas den Hahn seiner Waffe sinken und steckte sie ins Holster zurück.
    »Bringen Sie sie in die Stadt, und buchten Sie sie ein«, sagte er zu Lengyll. »Und wenn ich vorbeischaue, dann will ich nicht, dass ihnen auch nur ein Haar gekrümmt wurde. Wenn ich mich beherrschen konnte und den hier nicht getötet habe, dann können Sie sich auch beherrschen und den anderen nicht wehtun. Und jetzt los.«
    »Bewegt euch«, sagte Lengyll. Seine Stimme hatte etwas von der aufgesetzten Autorität verloren. Es war die Stimme eines Mannes, dem (zu spät) klar geworden war, dass er Spielmünzen für ein Spiel gekauft hatte, dessen Einsatz wahrscheinlich viel zu hoch war.
    Sie ritten los. Roland drehte sich ein letztes Mal um. Die Verachtung, die Jonas daraufhin in diesen kalten jungen Augen sah, tat ihm mehr weh als die Peitschen, die ihm vor Jahren in Garlan den Rücken vernarbt hatten.


    6

    Als der Trupp außer Sichtweite war, ging Jonas ins Schlafhaus, zog das Dielenbrett hoch, unter dem sich das kleine Waffenarsenal der Jungen befand, fand dort aber nur zwei Revolver. Die beiden zueinander passenden Sechsschüsser mit den dunklen Griffen – zweifellos Dearborns Waffen – waren nicht mehr da.
    Sie sind im Westen. Die Seele eines Mannes, wie Sie einer sind, kann den Westen niemals verlassen. Sie werden in der Verbannung leben und sterben, wie Sie dort gelebt haben.
    Jonas machte sich mit flinken Händen an die Arbeit und zerlegte die Revolver, die Cuthbert und Alain mit nach Westen genommen hatten. Alains waren noch nie getragen worden, es sei denn, auf dem Schießstand. Draußen warf Jonas die Einzelteile weg und verstreute sie in alle Winde. Er warf sie, so weit er konnte, und versuchte, jenen kalten blauen Blick abzuschütteln, und den Schock, das zu hören, was seiner Meinung nach kein Mensch gewusst hatte. Roy und Clay vermuteten es irgendwie, aber selbst sie wussten es nicht mit Sicherheit.
    Bevor die Sonne unterging, würde jeder in Mejis wissen, dass Eldred Jonas, der weißhaarige Regulator mit dem tätowierten Sarg auf der Hand, nichts weiter war als ein gescheiterter Revolvermann.
    Sie werden in der Verbannung leben und sterben, wie Sie dort gelebt haben.
    »Vielleicht«, sagte er; seine Augen ruhten auf dem ausgebrannten Ranchhaus, ohne es wirklich zu sehen. »Aber ich werde länger leben als du, junger Dearborn, und erst sterben, wenn deine Gebeine schon lange in der Erde vermodern.«
    Er stieg auf, wendete sein Pferd und riss dabei heftig an den Zügeln. Er ritt zum Citgo-Gelände, wo Roy und Clay ihn erwarteten, aber so schnell er auch ritt, Rolands Augen ließen ihn nicht los.


    7

    »Wacht auf! Wacht auf, Sai! Wacht auf! Wacht auf!«
    Zuerst schienen die Worte wie aus weiter Ferne zu kommen und durch Zauberei an den dunklen Ort zu gelangen, wo sie lag. Auch als sich eine Hand zu der Stimme gesellte, die grob Zugriff, und Susan wusste, dass sie aufwachen musste, war es ein langer, harter Kampf.
    Es war Wochen her, dass sie eine Nacht durchgeschlafen hatte,