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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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sich am Rande der Hysterie.
    Ein Klatschen und ein gedämpfter Schmerzensschrei ertönten. Roland drehte sich um und sah Alain auf einem Knie, wo er den linken Handballen an die Stirn presste. Blut lief ihm ins Gesicht.
    »Soll ich ihm noch eine verpassen?«, fragte Jake White. Er hielt einen alten Revolver in der Hand, verkehrt herum, sodass der Griff nach vorn zeigte. »Ich kann es, wisst ihr; mein Arm fühlt sich für diese frühe Tageszeit ziemlich geschmeidig an.«
    »Nein!« Cuthbert bebte vor Schrecken und so etwas wie Kummer. Hinter ihm standen drei Männer, die sich unruhig umsahen.
    »Dann sei ein guter Junge und nimm brav die Hände auf den Rücken.«
    Cuthbert, der immer noch gegen Tränen ankämpfte, leistete dem Befehl Folge. Hilfssheriff Bridger legte ihm die esposas an. Die beiden anderen Männer rissen Alain auf die Beine. Er schwankte leicht, stand aber reglos da, sobald ihm die Handschellen angelegt wurden. Er sah Roland in die Augen und versuchte zu lächeln. In gewisser Weise war das der schlimmste Augenblick dieses morgendlichen Hinterhalts. Roland nickte zurück und schwor sich etwas: Er würde sich nie wieder so überrumpeln lassen, und wenn er tausend Jahre alt wurde.
    Lengyll trug an diesem Morgen einen Schal anstelle seiner schmalen Krawatte, aber Roland glaubte, dass er in demselben Gehrock steckte, den er vor so vielen Wochen zum Empfang des Bürgermeisters getragen hatte. Neben ihm stand Sheriff Avery, der vor Aufregung, Nervosität und Wichtigtuerei schnaufte.
    »Jungs«, sagte der Sheriff, »ihr seid verhaftet wegen Verbrechen gegen die Baronie. Die Anklage lautet auf Hochverrat und Mord.«
    »Wen sollen wir ermordet haben?«, fragte Alain milde, und einer aus der Häscherschar stieß ein entweder entsetztes oder zynisches Lachen aus, das vermochte Roland nicht zu unterscheiden.
    »Den Bürgermeister und den Kanzler, wie ihr sehr genau wisst«, sagte Avery. »Und jetzt…«
    »Wie können Sie das tun?«, fragte Roland neugierig. Er hatte sich an Lengyll gewandt. »Mejis ist Ihre Heimat; ich habe die Linie Ihrer Vorfahren auf dem städtischen Friedhof gesehen. Wie können Sie Ihrer Heimat das antun, Sai Lengyll?«
    »Ich habe nicht die Absicht, hier zu stehen und Palaver mit euch zu halten«, sagte Lengyll. Er sah über Rolands Schulter. »Alvarez! Hol sein Pferd! So geschickte Jungs wie die hier dürften keine Schwierigkeiten haben, mit den Händen auf dem Rücken zu…«
    »Nein, sagen Sie es mir«, unterbrach ihn Roland. »Zieren Sie sich nicht, Sai Lengyll – alle, mit denen Sie gekommen sind, sind Ihre Freunde, nicht einer darunter, der nicht zu Ihrem Kreis gehört. Also, wie können Sie das tun? Würden Sie Ihre eigene Mutter vergewaltigen, wenn Sie sie mit hoch gerutschtem Kleid im Bett sehen würden?«
    Lengylls Mund zuckte – nicht vor Scham oder Verlegenheit, sondern weil er einen Moment lang prüde Anstoß an dem Gesagten nahm, und dann sah der alte Rancher zu Avery hinüber. »Schöne Redeweisen bringen sie einem in Gilead bei, was?«
    Avery hielt ein Gewehr in Händen. Nun kam er mit erhobenem Kolben auf den gefesselten Revolvermann zu. »Ich werde ihn lehren, wie man anständig mit einem Mann der Gesellschaft spricht, das werde ich! Ich schlag ihm die Zähne aus dem Mund, wenn du nur Aye sagst, Fran!«
    Lengyll hielt ihn mit müdem Gesichtsausdruck zurück. »Sei kein Narr. Ich will ihn nicht quer über einen Sattel liegend zurückbringen, es sei denn, er wäre tot.«
    Avery ließ das Gewehr sinken. Lengyll drehte sich zu Roland um.
    »Ihr werdet nicht lange genug leben, um von einem guten Rat zu profitieren, Dearborn«, sagte er, »aber ich gebe euch trotzdem einen: Haltet euch an die Gewinner dieser Welt. Und achtet stets darauf, woher der Wind weht, damit ihr wisst, wann er sich dreht.«
    »Sie haben das Angesicht Ihres Vaters vergessen, Sie kriechender kleiner Wurm«, sagte Cuthbert gut vernehmbar.
    Das traf Lengyll mehr als Rolands Bemerkung mit der Mutter – man konnte es daran erkennen, wie die wettergegerbten Wangen plötzlich Farbe bekamen.
    »Lasst sie aufsitzen!«, sagte er. »Ich möchte sie binnen einer Stunde hinter Schloss und Riegel haben!«
     
     
    5
     
    Roland wurde so ungestüm auf Rushers Sattel gehievt, dass er fast auf der anderen Seite wieder herunterfiel – er wäre heruntergefallen, wenn Dave Hollis nicht zur Stelle gewesen wäre, um ihn zu stützen und anschließend Rolands Stiefel in den Steigbügel zu zwängen. Hollis schenkte dem

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