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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Zeiten, von denen nur die Strohpuppen mit ihren roten Händen übrig geblieben sind… bis heute Nacht. Heute Nacht werden die alten Bräuche wiederbelebt, wie es von Zeit zu Zeit mit alten Bräuchen geschehen muss. Charyou-Baum, du verdammtes Babby, Charyou-Baum: Heute Nacht bezahlst du für meinen reizenden Ermot. Heute Nacht bezahlst du für alles. Komm, Ernte.
    »Hinauf!«, schrie er, hob eine Hand und schlug Alain auf den Hintern. »Klettert, klettert! Um euer Väter willen, klettert!«
    »Roland, was…?« Alains Stimme klang benommen, aber er kletterte weiter, von Handgriff zu Handgriff, und ließ dabei kleine Steinchen in Rolands Gesicht regnen. Roland kniff die Augen zu, streckte die Hand aus und schlug Alain wieder auf den Hintern, trieb ihn an wie ein Pferd.
    »Klettert, götterverdammt!«, schrie er. »Es ist vielleicht noch nicht zu spät!«
    Aber er wusste es besser. Der Dämonenmond war aufgegangen, er hatte sein orangefarbenes Licht gesehen, das in Cuthberts Gesicht wie ein Delirium geleuchtet hatte, und er wusste es besser. In seinem Kopf vereinigte sich das irre Summen der Schwachstelle, dieser eiternden Schwäre, die sich durch das Fleisch der Wirklichkeit fraß, mit dem irren Gelächter der Hexe, und er wusste es besser.
    Tod für dich, Leben für die Saat. Charyou-Baum.
    O Susan…
     
     
    23
     
    Susan begriff nichts, bis sie den Mann mit dem langen Haar und dem Strohhut sah, der seine Lammschlächteraugen nicht vollständig verbergen konnte; den Mann mit den Maishülsen in den Händen. Er war der Erste, nur ein Farmer (sie hatte ihn schon einmal auf dem Untermarkt gesehen, dachte sie, hatte ihm sogar zugenickt, wie es auf dem Land üblich war, und er ihr), der ganz allein nicht weit von der Stelle entfernt stand, wo sich die Straße zur Silk Ranch und die Große Straße kreuzten, der dort im Licht des aufgehenden Mondes stand. Bis sie ihm begegneten, begriff sie nichts; als er sein Bündel Maishülsen nach ihr geworfen hatte, als sie vorbeikam, mit gefesselten Händen und gesenktem Kopf und einem Strick um den Hals auf dem langsam rollenden Karren, da begriff sie alles.
    »Charyou-Baum«, rief er und stieß fast liebenswürdig Worte des Alten Volkes hervor, die sie seit ihrer Kindheit nicht mehr gehört hatte, Worte, die »Komm, Ernte« bedeuteten… und noch etwas anderes. Etwas Verborgenes, etwas Heimliches, etwas, was mit dem Wortstamm zusammenhing, char, das Wort, das einzig und allein Tod bedeutete. Als die trockenen Strünke raschelnd zu ihren Füßen lagen, da begriff sie das Geheimnis sehr wohl, und begriff auch, dass es für sie kein Baby geben würde, keine Hochzeit im fernen Märchenreich Gilead, keinen Großen Saal, in dem sie und Roland bei elektrischem Licht getraut und dann bejubelt werden würden, keinen Ehemann, keine süßen Liebesnächte mehr; das alles war vorbei. Die Welt hatte sich weiterbewegt, und das alles war vorbei; geschehen, bevor es richtig angefangen hatte.
    Sie wusste, dass sie auf den Wagen geladen worden war, auf dem Wagen stand, und dass der verbliebene Sargjäger ihr eine Schlinge um den Hals gelegt hatte. »Versuch nicht, dich hinzusetzen«, hatte er fast mitleidig gesagt. »Wir wollen dich nicht erwürgen, Mädchen. Wenn der Wagen holpert und du fällst, werde ich versuchen, die Schlinge locker zu halten, aber wenn du dich setzen willst, muss ich sie anziehen. Ihre Anweisungen.« Er nickte in Richtung Rhea, die aufrecht auf dem Sitzbrett des Wagens saß und die Zügel in den gichtigen Händen hielt. »Sie hat jetzt das Kommando.«
    Und so war es gewesen; und so war es jetzt immer noch, als sie sich der Stadt näherten. Was immer der Besitz der Zauberkugel Rheas Körper angetan hatte, was immer es sie von ihrem Verstand gekostet hatte, ihre Macht war ungebrochen; wenn überhaupt, schien sie sogar noch zugenommen zu haben, so als hätte sie eine andere Quelle gefunden, aus der sie Kraft ziehen konnte, jedenfalls für eine Weile. Männer, die sie wie einen dünnen Stock über einem Knie hätten brechen können, folgten wie Kinder ihren Anweisungen, ohne sie infrage zu stellen.
    Immer mehr Männer rotteten sich zusammen, als der Erntenachmittag dem Abend entgegenging; ein halbes Dutzend vor dem Wagen, die mit Rimer und dem Mann mit dem schiefen Auge ritten; ein volles Dutzend dahinter, angeführt von Reynolds, der das andere Ende des Stricks, der zu ihrem Hals führte, um seine tätowierte Hand geschlungen hatte. Sie hatte keine Ahnung, wer diese Männer waren

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