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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Roland spürte, wie seine Beine und Hüften sanft nach vorn schwangen, und streckte die freie Hand aus, um sich zu stützen. Sein Körper wusste vor seinem Kopf, was passiert war: Blaines Motoren hatten den Geist aufgegeben. Sie rollten einfach noch auf den Schienen dahin. Aber…
    »Zurück«, sagte er. »Ganz nach hinten. Wir rollen. Wenn wir schon zu nahe an Blaines Endhaltestelle sind, könnte es immer noch zu einem Aufprall kommen.«
    Er führte sie an der Pfütze vorbei, die von Blaines als Willkommensgruß geschaffener Eisskulptur übrig geblieben war, in den hinteren Teil des Wagens. »Und haltet euch von diesem Ding fern«, sagte er und zeigte dabei auf ein Instrument, das wie eine Kreuzung zwischen einem Klavier und einem Cembalo aussah. Es stand auf einer kleinen Plattform. »Es könnte verrutschen. Ihr Götter, wenn wir nur sehen könnten, wo wir sind! Legt euch hin. Schützt die Köpfe mit den Armen.«
    Sie folgten seinen Anweisungen. Roland tat es ihnen gleich. Er lag da, presste das Kinn in den königsblauen Teppich, kniff die Augen zu und dachte darüber nach, was gerade geschehen war.
    »Ich erflehe deine Verzeihung, Eddie«, sagte er. »Wie sich das Rad des Ka doch dreht! Einmal musste ich dasselbe zu meinem Freund Cuthbert sagen… aus demselben Grund. Ich habe eine gewisse Blindheit in mir. Eine arrogante Blindheit.«
    »Ich glaube kaum, dass die Notwendigkeit besteht, Verzeihung zu erflehen«, sagte Eddie. Er hörte sich unbehaglich an.
    »O doch. Ich habe verächtlich auf deine Witze reagiert. Nun haben sie uns das Leben gerettet. Ich erflehe deine Verzeihung. Ich habe das Angesicht meines Vaters vergessen.«
    »Du musst dich nicht entschuldigen, und du hast niemandes Angesicht vergessen«, sagte Eddie. »Du kannst nichts für deinen Charakter, Roland.«
    Der Revolvermann dachte gründlich darüber nach und fand etwas heraus, was wunderbar und schrecklich zugleich war: Dieser Gedanke war ihm noch nie gekommen. Nicht ein einziges Mal in seinem ganzen Leben. Dass er ein Sklave des Ka war – das wusste er seit seiner frühesten Kindheit. Aber seines Charakters… seines eigenen Charakters…
    »Danke, Eddie. Ich glaube…«
    Bevor Roland weitersprechen konnte, kam Blaine der Mono zu einem letzten, verhängnisvollen Halt. Sie wurden alle vier heftig durch den Mittelgang des Baronswagens geschleudert. Oy bellte in Jakes Armen. Die vordere Wand der Kabine wurde eingedrückt, und Roland prallte mit der Schulter dagegen. Trotz der Polsterung (die Wand war mit Teppich verkleidet und, wie es sich anfühlte, mit einer nachgiebigen Masse abgedämmt) war der Stoß heftig genug, ihn benommen zu machen. Der Lüster schwang vorwärts, riss aus seiner Verankerung und überschüttete sie mit Glasprismen. Jake rollte sich beiseite und konnte gerade noch rechtzeitig von der Stelle verschwinden, wo der Kronleuchter herunterkrachte. Das Klavier-Cembalo flog von seinem Podest, stieß gegen eines der Sofas, überschlug sich und blieb mit einem misstönenden Brrrannnggg liegen. Die Einschienenbahn kippte nach rechts, und der Revolvermann wappnete sich, um Jake und Susannah mit dem Körper abzuschirmen, sollte die Bahn sich völlig überschlagen. Dann kippte das Abteil zurück; der Boden war noch ein bisschen schräg, rührte sich aber nicht mehr.
    Die Reise war vorbei.
    Der Revolvermann richtete sich auf. Seine Schulter war immer noch taub, aber er konnte sich auf den Arm stützen, und das war ein gutes Zeichen. Links von ihm setzte sich Jake auf und entfernte mit benommener Miene Glasscherben aus seinem Schoß. Rechts tupfte Susannah eine Schnittwunde unter Eddies linkem Auge ab. »Nun gut«, sagte Roland. »Wer ist ver…«
    Über ihnen ertönte eine Explosion, ein hohles Plopp!, das Roland an die großen Kracher erinnerte, die Cuthbert und Alain manchmal angezündet und in Abwasserrohre oder in die Ableitungen hinter der Spülküche versteckt hatten, um jemandem einen Streich zu spielen. Und einmal hatte Cuthbert ein paar ganz große mit seiner Schleuder abgeschossen. Das war kein Streich mehr gewesen, kein kindlicher Spaß. Das war…
    Susannah stieß einen kurzen Schrei aus – mehr aus Überraschung als aus Angst, kam es dem Revolvermann vor –, und dann schien ihm dunstiges Tageslicht ins Gesicht. Es tat gut. Der Geschmack der Luft, die durch den aufgesprungenen Notausgang hereinkam, war noch besser – angenehm vom Duft des Regens und feuchter Erde geschwängert.
    Ein knöchernes Klappern ertönte, und dann

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