Der Dunkle Turm 4 - Glas
fiel eine Leiter – deren Sprossen aus geflochtenen Stahltauen zu bestehen schienen – aus einem Schlitz über ihnen.
»Erst werfen sie den Leuchter nach einem, und dann werfen sie einen hinaus«, sagte Eddie. Er richtete sich mühsam auf und zog Susannah hoch. »Okay, ich weiß, wann ich unerwünscht bin. Machen wir die Fliege.«
»Hört sich gut an.« Sie streckte die Hand wieder nach der Schnittwunde in Eddies Gesicht aus. Eddie nahm ihre Finger, küsste sie und sagte ihr, das Berühren der Figüren mit den Pfoten sei verboten.
»Jake?«, fragte der Revolvermann. »Okay?«
»Ja«, sagte Jake. »Was ist mit dir, Oy?«
»Oy!«
»Er anscheinend auch«, sagte Jake. Er hob seine verletzte Hand und sah sie kläglich an.
»Tut wieder weh, was?«, sagte der Revolvermann.
»Ja.« Was immer Blaine damit angestellt haben mochte, die Wirkung ließ nach. »Ist mir aber egal – ich bin froh, dass ich noch lebe.«
»Ja. Leben ist gut. Und Astin auch. Es ist noch ein bisschen da.«
»Du meinst Aspirin.«
Roland nickte. Eine Pille mit magischen Eigenschaften, aber eines der Wörter aus Jakes Welt, die er niemals würde richtig aussprechen können.
»Neun von zehn Ärzten empfehlen Anacin, Liebling«, sagte Susannah, und als Jake sie nur fragend ansah: »Schätze, in deinem Wann benutzen sie das nicht mehr, hm? Spielt keine Rolle, wir sind hier, Schätzchen, genau hier und bei bester Gesundheit, und nur darauf kommt es an.« Sie zog Jake in die Arme und gab ihm einen Kuss zwischen die Augen, auf die Nase und dann mitten auf den Mund. Jake lachte und wurde knallrot. »Darauf kommt es an, und im Augenblick ist das die einzige Sache auf der Welt, die zählt.«
6
»Erste Hilfe kann warten«, sagte Eddie. Er legte Jake einen Arm um die Schultern und führte den Jungen zur Leiter. »Kannst du mit der Hand klettern?«
»Ja. Aber ich kann Oy nicht tragen. Roland, würdest du das tun?«
»Ja.« Roland nahm Oy und schob ihn sich ins Hemd, wie er es auch getan hatte, als er auf der Suche nach Jake und Gasher in den Schacht unter der Stadt geklettert war. Oy lugte heraus und sah Take mit seinen strahlenden, goldgeränderten Augen an. »Rauf mit dir.«
Take kletterte. Roland folgte ihm so dicht, dass Oy an den Absätzen des Jungen schnuppern konnte, wenn er seinen langen Hals streckte.
»Suze?«, sagte Eddie. »Brauchst du Hilfe?«
»Damit du mit deinen ungezogenen Händen meine hilflose Kehrseite befingern kannst? Im Leben nicht, weißer Junge!« Dann zwinkerte sie ihm zu und kletterte, indem sie sich mit ihren muskulösen Armen hochzog und mit den Beinstümpfen balancierte. Sie kletterte zwar schnell, aber nicht schnell genug für Eddie; er streckte die Hand aus und kniff sie sanft dorthin, wo es gut tat. »Huch, meine Unschuld!«, rief Susannah lachend und verdrehte die Augen. Dann war sie draußen. Nur Eddie war jetzt noch übrig geblieben. Er stand am Fuß der Leiter und sah sich in dem Luxusabteil um, das gut und gern der Sarg ihres Ka-Tet hätte werden können.
Du hast es geschafft, du Bengel, sagte Henry. Hast ihn dazu gebracht, sich höchstselbst in Brand zu stecken. Und ich wusste haargenau, dass du das schaffst. Weißt du noch, wie ich das hinter Dahlie’s zu diesen Trantüten gesagt habe? Jimmie Polio und den anderen? Und wie sie gelacht haben? Aber du hast es getan. Du hast ihn mit einem verdammten Milzriss nach Hause geschickt.
Tja, wie auch immer, es hat funktioniert, dachte Eddie und berührte den Griff von Rolands Waffe, ohne sich dessen bewusst zu sein. Für uns hat es jedenfalls gereicht, um noch mal davonzukommen.
Er kletterte zwei Sprossen hinauf und sah nach unten. Der Baronswagen machte bereits jetzt einen toten Eindruck. Sogar seit langem tot. Lediglich ein zusätzliches Artefakt einer Welt, die sich weiterbewegt hatte.
»Adios, Blaine«, sagte Eddie. »So long, Partner.«
Und dann folgte er seinen Freunden durch den Notausgang hinauf aufs Dach.
Kapitel 4
TOPEKA
1
Jake stand auf dem leicht schrägen Dach von Blaine dem Mono und sah nach Südosten, den Pfad des Balkens entlang. Der Wind blies sein Haar (inzwischen ziemlich lang und entschieden nicht mehr mit dem angemessenen Piper-Haarschnitt) in Wellen von Stirn und Schläfen zurück. Er riss die Augen vor Überraschung weit auf.
Er wusste nicht, was er erwartet hatte – möglicherweise eine kleinere und provinziellere Version von Lud –, aber was er nicht erwartet hatte, war das, was da über den Bäumen eines
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