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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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hinter dem Thron. »OZ DER GROSSE! OZ DER MÄCHTIGE! WER SEID IHR?«
    Susannah rollte nach vorn, bis sich ihr Rollstuhl an der untersten Stufe der Treppe zu dem Thron befand, vor dem sogar Lord Perth wie ein Zwerg gewirkt hätte.
    »Ich bin Susannah Dean, die kleine und verkrüppelte«, sagte sie, »und ich wurde erzogen, höflich zu sein, aber nicht, mir Bockmist anzuhören. Wir sind hier, weil wir hier sein sollen – warum sonst hätte man die Schuhe für uns liegen lassen?«
    »WAS WILLST DU VON MIR, SUSANNAH? WAS MÖCHTEST DU HABEN, KLEINES COWGIRL?«
    »Das weißt du doch«, sagte sie. »Wir wollen, was alle wollen, soweit ich weiß – zurück nach Hause, weil es keinen schöneren Ort gibt als das Zuhause. Wir…«
    »Du kannst nicht nach Hause zurück«, sagte Jake. Er sagte es als furchtsames, hastiges Murmeln. »Es führt kein Weg zurück, das hat Thomas Wolfe mal gesagt, und das ist die Wahrheit.«
    »Es ist eine Lüge, Schätzchen«, sagte Susannah. »Eine krasse Lüge. Es gibt einen Weg zurück. Man muss nur den richtigen Regenbogen finden und unter ihm hindurchgehen. Wir haben ihn gefunden; der Rest ist nur, du weißt schon, Laufarbeit.«
    »MÖCHTEST DU NACH NEW YORK ZURÜCK, SUSANNAH DEAN? EDDIE DEAN? JAKE CHAMBERS? VERLANGT IHR DAS VON OZ DEM STARKEN UND MÄCHTIGEN?«
    »New York ist nicht mehr unser Zuhause«, sagte Susannah. Sie sah sehr klein und dennoch furchtlos aus in ihrem Rollstuhl vor dem riesigen, pulsierenden Thron. »So wenig, wie Gilead für Roland noch die Heimat ist. Bring uns auf den Pfad des Balkens zurück. Dorthin wollen wir, das ist für uns nämlich der Weg nach Hause. Das einzige Zuhause, das wir haben.«
    »GEHT WEG!«, rief die Stimme aus den Röhren. »GEHT WEG UND KOMMT MORGEN WIEDER! DANN WERDEN WIR UNS ÜBER DEN BALKEN UNTERHALTEN! BLÖDES GEREDE, SAGTE SCARLETT, VERSCHIEBEN WIR DIE UNTERHALTUNG ÜBER DEN BALKEN AUF MORGEN, MORGEN IST NÄMLICH EIN NEUER TAG!«
    »Nein«, sagte Eddie. »Wir unterhalten uns jetzt darüber.«
    »ERWECKT NICHT DEN ZORN DES GROSSEN UND MÄCHTIGEN OZ!«, brüllte die Stimme, und die Röhren blitzten bei jedem Wort wütend auf. Susannah war sich sicher, dass das Furcht einflößend wirken sollte, aber sie fand es stattdessen beinahe amüsant. Als würde man einem Vertreter zusehen, der ein Kinderspielzeug vorführte. He, Kinder! Wenn ihr sprecht, leuchten die Röhren in allen bunten Farben! Versucht es ruhig und seht selbst!
    »Süßer, du solltest jetzt besser zuhören«, sagte Susannah. »Du willst bestimmt nicht den Zorn von Leuten mit Schusswaffen erwecken. Besonders nicht, wo du doch in einem Glashaus wohnst.«
    »ICH HABE GESAGT, KOMMT MORGEN WIEDER!«
    Wieder quoll roter Rauch aus den Schlitzen in den Armlehnen. Jetzt war er dicker. Der Umriss von Blaines Streckenplan schmolz und ging darin auf. Diesmal formte der Rauch ein Gesicht. Es war ein schmales, hartes und wachsames, von langen Haaren eingerahmtes Gesicht.
    Das ist der Mann, den Roland in der Wüste erschossen hat, dachte Susannah staunend. Es ist dieser Jonas. Ich weiß, dass er es ist.
    Nun sprach Oz mit leicht bebender Stimme weiter: »ERKÜHNT IHR EUCH ETWA, DEM GROSSEN OZ ZU DROHEN?« Die Lippen des riesigen Rauchgesichts über dem Thron teilten sich zu einer Grimasse, in der sich Bedrohung und Verachtung die Waage hielten. »IHR UNDANKBAREN GESCHÖPFE! O IHR UNDANKBAREN GESCHÖPFE!«
    Eddie, der Täuschungsmanöver mit Rauch und Spiegeln erkannte, wenn er welche zu Gesicht bekam, hatte in eine andere Richtung gesehen. Jetzt riss er die Augen auf und packte Susannah über dem Ellbogen am Arm. »Sieh doch«, flüsterte er. »Himmel, Suze, sieh dir Oy an!«
    Der Billy-Bumbler schien sich nicht für Rauchgespenster zu interessieren, ob sie nun Streckenpläne von Einschienenbahnen, tote Sargjäger oder einfach nur Hollywood-Spezialeffekte von vor dem Zweiten Weltkrieg waren. Er hatte offenbar etwas gesehen (oder gerochen), was da viel interessanter war.
    Susannah packte Jake, drehte ihn herum und zeigte auf den Bumbler. Sie sah, wie der Junge begreifend die Augen aufriss, kurz bevor Oy die kleine Nische in der linken Wand erreichte. Ein grüner Vorhang im Farbton der Glaswand teilte die Nische von der Haupthalle ab. Oy streckte den langen Hals, nahm den Stoff des Vorhangs zwischen die Zähne und zog.
     
     
    6
     
    Hinter dem Vorhang blinkten rote und grüne Lichter; Zylinder drehten sich in Glaskästchen; Zeiger bewegten sich in langen Reihen beleuchteter Skalen hin und her.

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