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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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tödlich aus, irgendwie schlangenhaft…
    »Roland, pass auf!«, kreischt Susannah, und ihre Stimme wirkt wie ein magischer Schalter. Auf dem Frisiertisch liegt etwas – natürlich die Glaskugel; Gabrielle hat sie gestohlen, sie wird es ihrem Liebsten als Wiedergutmachung für den Mord bringen, den ihr Sohn verhindert hat – und nun leuchtet die Kugel auf als hätte sie auf Susannahs Stimme angesprochen. Sie verströmt ihr gleißendes rosa Licht auf den dreigeteilten Spiegel und wirft den Abglanz in das Zimmer zurück. In diesem Licht, in dem dreigeteilten Spiegel, sieht Roland endlich die Gestalt hinter sich.
    »Herrgott!«, schreit Eddie Dean entsetzt. »O Gott, Roland! Das ist nicht deine Mutter! Das ist…«
    Es ist eigentlich nicht einmal mehr richtig eine Frau; es ist eine Art lebender Leichnam in einem schwarzen Kleid voller Straßenschmutz. Nur ein paar Haarsträhnen sind noch auf dem Kopf, und anstelle der Nase prangt dort ein klaffendes Loch, aber die Augen leuchten noch, und die Schlange, die sich zwischen ihren Händen windet, ist sehr lebendig. Selbst in seinem größten Entsetzen kann Jake sich noch fragen, ob sie sie wohl unter demselben Stein gefunden hat wie die andere, die Roland getötet hatte.
    Es ist Rhea, die im Gemach seiner Mutter auf den Revolvermann gewartet hat; es ist die vom Cöos, die nicht nur gekommen ist, um ihre Zauberkugel zurückzuholen, sondern auch, um mit dem Jungen abzurechnen, der ihr so viel Ärger bereitet hat.
    »Jetzt bekommst du es heimgezahlt!«, kreischt sie schrill und gackernd. »Jetzt wirst du büßen!«
    Aber Roland hat sie gesehen, in dem Glas hat er sie gesehen, Rhea ist von der Kugel verraten worden, die sie holen gekommen ist, und jetzt wirbelt er herum und greift mit seiner ganzen tödlichen Geschwindigkeit nach den neuen Revolvern an seiner Seite. Er ist vierzehn, seine Reflexe sind so scharf und schnell, wie sie es nie wieder sein werden, und er reagiert wie explodierendes Schießpulver.
    »Nein, Roland, nicht!«, schreit Susannah. »Es ist ein Trick, Blendwerk!«
    Jake hat gerade noch Zeit, vom Spiegel hinüber zur Frau zu sehen, die dort tatsächlich an der Tür steht; hat gerade noch Zeit, um zu begreifen, dass auch er überlistet wurde.
    Vielleicht begreift auch Roland im allerletzten Sekundenbruchteil die Wahrheit – dass die Frau an der Tür wirklich seine Mutter ist, das Ding in ihrer Hand keine Schlange, sondern ein Gürtel, den sie für ihn hergestellt hat, möglicherweise als Friedensangebot, dass das Glas ihn auf die einzige Weise belogen hat, die ihm möglich ist… durch Spiegelung.
    So oder so, es ist zu spät. Die Revolver sind gezogen und donnern, ihr hellgelbes Mündungsfeuer erhellt das Zimmer. Er drückt mit jeder Waffe zweimal ab, bevor er aufhören kann, und die vier Kugeln schleudern Gabrielle Deschain noch mit ihrem hoffnungsvollen Können-wir-nicht-Frieden-schließen-Lächeln auf den Lippen in den Flur hinaus.
    Auf diese Weise stirbt sie, lächelnd.
    Roland bleibt wie angewurzelt stehen, die rauchenden Revolver in Händen, das Gesicht zu einer Maske der Überraschung und des Entsetzens verzerrt, und begreift erst allmählich die schreckliche Wahrheit, die er von nun an sein ganzes Leben lang mit sich herumtragen muss: Er hat die Waffen seines Vaters benutzt, um seine Mutter zu töten.
    Nun hallt gackerndes Gelächter durch das Zimmer. Roland dreht sich aber nicht danach um; der Anblick der Frau in dem blauen Kleid und den schwarzen Schuhen, die blutend auf dem Boden ihres Gemachs liegt, lässt ihn erstarren; die Frau, die er retten wollte, stattdessen aber getötet hat. Sie hat den handgewebten Gürtel auf ihrem blutenden Bauch liegen.
    Jake dreht sich zu ihm um und ist nicht überrascht, dass er eine Frau mit grünem Gesicht und spitzem schwarzem Hut in der Kugel schweben sieht. Es ist die böse Hexe des Ostens; es ist auch, wie er weiß, Rhea vom Cöos. Sie starrt den Jungen mit den Revolvern in den Händen an und fletscht die Zähne zum grässlichsten Grinsen, das Jake je in seinem Leben gesehen hat.
    »Ich habe das dumme Mädchen verbrannt, das du geliebt hast – aye, lebendig verbrannt, das habe ich –, und nun habe ich dich zum Muttermörder gemacht. Bereust du schon, dass du meine Schlange getötet hast, Revolvermann? Meinen armen, lieben Ermot? Bedauerst du es, dass du deine harten Spielchen mit jemand getrieben hast, der gerissener ist, als du es in deinem erbärmlichen Leben je sein wirst?«
    Er lässt nicht erkennen,

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