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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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verschlafen. Eine nahm den Kopf unter dem Flügel hervor und sah Roland an, dann steckte sie ihn wieder darunter.
    »Mit diesen Burschen alles in Ordnung?«
    »Bestens. Sie picken und scheißen fröhlich in ihr Stroh. Soweit es sie betrifft, haben sie erst mal Ferien. Was hast du gemeint mit…«
    »Morgen«, sagte Roland, und Cuthbert, der merkte, dass er nichts mehr aus ihm herausbekommen würde, nickte nur und ging seinen sparsamen und knochigen Wachposten suchen.
    Zwanzig Minuten später, als Rusher abgesattelt und abgerieben und mit Buckskin und Glue Boy zum Grasen geschickt worden war (Cuthbert konnte seinem Pferd nicht einmal einen Namen wie ein normaler Mensch geben), lag Roland in seinem entrollten Bettzeug auf dem Rücken und sah zu den Sternen hinauf. Cuthbert war so mühelos wieder eingeschlafen, wie er bei Rushers Hufschlag wach geworden war, aber Roland war noch nie in seinem Leben weniger zum Schlafen zumute gewesen als gerade jetzt.
    In Gedanken sah er sich einen Monat zurückversetzt, in das Zimmer der Hure, wo sein Vater auf dem Bett der Hure saß und ihm zusah, wie er sich anzog. Die Worte, die sein Vater gesprochen hatte – Ich weiß es seit zwei Jahren –, hatten wie ein Gongschlag in Rolands Kopf gehallt. Er vermutete, dass das den Rest seines Lebens so bleiben würde.
    Aber sein Vater hatte noch viel mehr zu sagen gehabt. Über Marten. Über Rolands Mutter, an der man – vielleicht – mehr gesündigt hatte, als sie selbst sündigte. Über Verwüster, die sich Patrioten nannten. Und über John Farson, der tatsächlich in Cressia gewesen war, mittlerweile diesen Ort aber wieder verlassen hatte – verschwunden, wie es seiner Art entsprach, als hätte er sich in Luft aufgelöst. Vor seiner Weiterreise hatten er und seine Männer Indrie, die Hauptstadt der Baronie, praktisch bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Hunderte von Menschen waren abgeschlachtet worden, und es war vielleicht nicht überraschend, dass Cressia sich seitdem vom Bund abgewandt und sich für den Guten Mann erklärt hatte. Der Gouverneur der Baronie, der Bürgermeister von Indrie und der Hohe Sheriff hatten jenen Frühsommertag, der den Abschluss von Farsons Besuch bedeutete, damit beendet, dass ihre Köpfe an der Mauer über dem Stadttor ausgestellt wurden. Das war, wie Steven Deschain sich ausgedrückt hatte, »eine ziemlich überzeugende Politik«.
    Es war wie bei einer Partie »Kastell«, bei der beide Armeen hinter ihren kleinen Hügeln hervorkamen und die letzten Züge begannen, hatte Rolands Vater gesagt, und wie es bei Volksaufständen häufig geschah, war dieses Spiel wahrscheinlich zu Ende, bevor irgendjemandem in den Inneren Baronien von Mittwelt richtig klar wurde, dass John Farson eine ernsthafte Bedrohung darstellte… oder man gehörte zu denen, die ernsthaft an seine Vision von Demokratie und dem Ende der, wie er es nannte, »Klassensklaverei und uralten Märchen« glaubte, und sah in ihm einen ernst zu nehmenden Verfechter von Veränderungen.
    Seinem Vater und Vaters kleinem Ka-Tet von Revolvermännern, erfuhr Roland zu seinem Erstaunen, lag so oder so wenig an Farson; sie betrachteten ihn als kleinen Fisch. Was das anging, betrachteten sie auch den Bund als kleinen Fisch.
    Ich werde dich fortschicken, hatte Steven gesagt, während er auf dem Bett saß und seinen einzigen Sohn, den, der überlebt hatte, ernst ansah. Es gibt keinen sicheren Ort mehr in Mittwelt, aber die Baronie Mejis am Reinen Meer ist so sicher, wie heutzutage ein Ort nur sein kann… Also wirst du dorthin gehen, zusammen mit mindestens zweien deiner Freunde. Alain, nehme ich an, wird einer darunter sein. Nur nicht dieser lachende Junge als anderen, ich flehe dich an. Du wärst mit einem bellenden Hund besser bedient.
    Roland, der an jedem anderen Tag seines Lebens die Aussicht enthusiastisch begrüßt hätte, in die Welt hinaus geschickt zu werden, hatte energisch widersprochen. Wenn die letzten Schlachten gegen den Guten Mann geschlagen werden sollten, wollte er an der Seite seines Vaters kämpfen. Immerhin war er jetzt ein Revolvermann, wenn auch nur ein Lehrling, und…
    Sein Vater hatte langsam und nachdrücklich den Kopf geschüttelt. Nein, Roland. Du verstehst nicht. Aber das wirst du; so gut es geht, das wirst du.
    Später waren die beiden auf den hohen Zinnen über der letzten lebenden Stadt von Mittwelt spazieren gegangen – dem grünen und prachtvollen Gilead im Licht der Morgensonne, mit seinen flatternden Wimpeln und den

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