Der Dunkle Turm 6 - Susannah
genau den hitzigen, fast zerquetschenden Händedruck, den Callahan erwartet hatte. In Verbindung mit dem schwachen Südstaatenakzent erinnerte die Sprechweise des Mannes ihn an den Gockel Foghorn Leghorn aus den Zeichentrickfilmen von Warner Brothers.
»Ich bin Earl Harrington«, sagte der Prediger, während er Callahan weiterhin die Hand quetschte. »Kirche der heiligen Gott-Bombe, Brooklyn und Amerika. Ist mir ein Vergnügen, Sie kennen zu lernen, Father.«
»Ich lebe sozusagen halb im Ruhestand«, sagte Callahan. »Wenn Sie mich unbedingt irgendwie titulieren wollen, wäre mir Pere am liebsten. Oder einfach nur Don. Don Callahan.«
»Gelobt sei Jesus Christus, Father Don!«
Callahan seufzte und vermutete, dass es bei Father Don bleiben würde. Er ging weiter auf den Lincoln zu. Der Taxifahrer huschte inzwischen mit eingeschalteter AUSSER-DIENST-Dachleuchte davon.
Bevor Callahan den Fahrer des Lincolns ansprechen konnte, stieg der wackere Mann aus. Es war wohl Callahans Nacht der langen Kerls. Der hier war ungefähr eins neunzig groß und hatte einen gewaltigen Wanst.
»Alles vorbei«, sagte Callahan zu ihm. »Ich schlage vor, dass Sie einfach wieder einsteigen und weiterfahren.«
»Nichts ist vorbei, bevor ich sage, dass es vorbei ist«, widersprach Mr. Lincoln. »Ich habe Abduls Taxinummer; und was ich von Ihnen will, Rotschopf, sind Name und Adresse dieses Jungen mit dem Hund da. Und ich will mir die Pistole ansehen, mit der er vorhin… au, au! AUA! AUUUUU! Aufhören!«
Reverend Earl Harrigan hatte einen von Mr. Lincolns Armen gepackt und ihm auf den Rücken gedreht. Jetzt schien er etwas Kreatives mit dem Daumen des Mannes anzustellen. Was es war, konnte Callahan nicht genau erkennen. Der Blickwinkel war ungünstig.
»Gott liebt Sie so sehr«, sagte Harrigan, der halblaut in Mr. Lincolns Ohr sprach. »Und als Gegenleistung dafür, Sie großmäuliger Scheißkerl, will er nur, dass Sie mir ein Halleluja geben und dann Ihrer Wege gehen. Können Sie mir ein Halleluja geben?«
»AUA, AUUU, loslassen! Polizei! POLZEIII!«
»Der einzige Polizist, der um diese Zeit in diesem Block unterwegs sein könnte, wäre Officer Benzyck, und der hat mir schon meine abendliche Verwarnung ausgestellt und ist weitergezogen. Jetzt sitzt er im Dennis’s bei einer Pekanwaffel und einer Doppelportion Schinken, der Herr sei gelobt, deshalb möchte ich, dass Sie über diese Sache lieber noch einmal nachdenken.« Hinter Mr. Lincolns Rücken ertönte ein Knacken, das Callahan zusammenzucken ließ. Er stellte sich nicht gern vor, dass Mr. Lincolns Daumen dieses Geräusch gemacht hatte, wusste aber nicht, woher es sonst hätte stammen sollen. Mr. Lincoln legte den Kopf in seinen Stiernacken und stieß einen lang gezogenen reinen Schmerzensschrei aus: »Jaaaahhhhhhh!«
»Geben Sie mir lieber ein Halleluja, Bruder«, riet Rev. Harrigan ihm, »sonst tragen Sie, der Herr sei gelobt, Ihren Daumen in der Brusttasche nach Hause.«
»Halleluja«, flüsterte Mr. Lincoln. Sein Teint war ockergelb geworden. Callahan vermutete, dass das teilweise auf die orangeroten Straßenlaternen zurückzuführen war, die irgendwann die zu seiner Zeit noch üblichen Leuchtstoffröhren ersetzt haben mussten. Aber wahrscheinlich rührte die Gesichtsfarbe nicht allein daher.
»Gut! Sagen Sie jetzt amen. Dann fühlen Sie sich auch gleich besser.«
»A-amen.«
»Der Herr sei gelobt! Gelobt sei Jee-eee-eee-esus Christus!«
»Loslassen… lassen Sie meinen Daumen los…!«
»Verschwinden Sie, statt weiter die Kreuzung zu blockieren, wenn ich das tue?«
»Ja!«
»Ohne hier noch weiter zu meckern und zu stänkern, gelobt sei Jesus Christus?«
»Ja!«
Harrigan brachte seinen Kopf noch näher an den von Mr. Lincoln heran, bis seine Lippen kaum mehr einen Fingerbreit von dem großen Pfropfen aus gelb-orangerotem Schmalz im Ohr des Mannes entfernt waren. Callahan, der das fasziniert und völlig versunken beobachtete, vergaß vorläufig alle anderen ungelösten Fragen und unerfüllten Aufgaben. Der Pere war schon zu zwei Dritteln davon überzeugt, wenn Jesus diesen Earl Harrigan in seinem Team gehabt hätte, wäre zu guter Letzt wahrscheinlich der alte Pontius Pilatus ans Kreuz geschlagen worden.
»Mein Freund, bald werden Bomben zu fallen beginnen: Gott-Bomben. Und Sie müssen wählen, ob Sie unter denen sein wollen, die – gelobt sei Jesus Christus – oben im Himmel sind und diese Bomben werfen, oder zu denen, die unten in den Dörfern sind und in
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