Der Dunkle Turm 6 - Susannah
Beutestück, schrie es fast heraus.
Eddie faltete die Hände noch krampfhafter. Er war sich der Waffe, die er trug, niemals bewusster gewesen; sie hatte eine Art bösartiges Lebendgewicht angenommen. Er stank nach Schweiß; er konnte ihn riechen. Und jetzt begannen Blutstropfen zwischen seinen Handflächen hervorzuquellen und auf den Fußboden zu fallen. Er konnte auch spüren, wie seine Zähne sich in die Zunge zu graben begannen. Na ja, das war jedenfalls eine Methode, die Schmerzen im Bein zu vergessen. Eddie beschloss allerdings, der betreffenden Zunge einen weiteren kurzen Aufschub zu gewähren.
»Was mir von meinem Besuch bei Ihnen am deutlichsten in Erinnerung geblieben ist…«
»Sie haben einige Bücher, die mir gehören«, sagte Tower. »Die will ich zurück. Ich bestehe darauf, sie…«
»Halt die Klappe, Cal«, sagte Deepneau.
»Was?« Towers Stimme klang jetzt nicht mehr nur verwundert; sie klang schockiert. Fast atemlos.
»Lass die Winselei. Du hast diese Schelte verdient, das weißt du genau. Und wenn du Glück hast, kommst du allein mit einer Schelte davon. Also halt die Klappe und steck einmal im Leben etwas wie ein Mann ein.«
»Hört ihn sehr wohl an«, sagte Roland in einem Ton, aus dem nüchterne Zustimmung sprach.
»Also, woran ich mich am deutlichsten erinnere«, sprach Eddie weiter, »ist Ihre entsetzte Reaktion auf etwas, was ich Jack Andolini angedroht habe – nämlich, dass meine Freunde und ich die Grand Army Plaza mit Leichen füllen würden, wenn er Sie fortan nicht in Ruhe lässt. Darunter auch Leichen von Frauen und Kindern. Das hat Ihnen offensichtlich nicht gefallen, aber wissen Sie was, Cal? Jack Andolini ist hier, und zwar in diesem Augenblick in East Stoneham.«
»Sie lügen!«, sagte Tower. Er atmete dabei ein und verwandelte die Worte auf diese Weise in einen inhalierten Aufschrei.
»Wollte Gott, ich tät’s«, antwortete Eddie. »Ich habe bereits zwei unbeteiligte Frauen sterben sehen, Cal. Das war drüben in der Gemischtwarenhandlung. Andolini hat uns dort aufgelauert, und falls Sie gelegentlich beten – was Sie vermutlich nicht tun, außer wenn Gefahr besteht, dass irgendjemand Ihnen eine Erstausgabe vor der Nase wegschnappen könnte –, würden Sie jetzt auf die Knie sinken und zum Gott der selbstsüchtigen, besessenen, habgierigen, gleichgültigen, betrügerischen Antiquare beten wollen, dass es eine Frau namens Mia war, die Balazars Dinh verraten hat, wo wir vermutlich ankommen würden. Mia, nicht Sie. Sollten die Gangster nämlich Ihnen gefolgt sein, Calvin, dann klebt das Blut dieser beiden Frauen an Ihren Händen!«
Seine Stimme war allmählich lauter geworden, und obwohl Eddie weiter hartnäckig zu Boden sah, hatte er am ganzen Körper zu zittern begonnen. Er konnte fühlen, wie ihm die Augen aus den Höhlen zu treten drohten und die Halssehnen unter Stress wie Kordeln hervortraten. Er konnte fühlen, dass ihm die Hoden ganz nach oben gewandert und hart wie Pfirsichkerne geworden waren. Am deutlichsten konnte er jedoch die Begierde fühlen, mit einem mühelosen Satz wie ein Balletttänzer durch den Raum zu springen, um die Hände um Calvin Towers mehlig weißen dicken Hals zu schließen. Er wartete weiter darauf, dass Roland intervenieren würde – hoffte darauf, dass er eingreifen würde –, aber das tat der Revolvermann nicht, und Eddies Stimme schraubte sich weiter in die Höhe, als stiege sie dem unvermeidlichen Wutanfall entgegen.
»Eine der Frauen ist sofort tot zusammengebrochen, aber die andere… die hat sich noch ein paar Sekunden auf den Beinen gehalten. Eine Kugel hatte ihr die ganze Schädeldecke weggerissen. Ich glaube, es war eine Kugel aus einem Maschinengewehr, und in den wenigen Sekunden, die sie sich noch auf den Beinen halten konnte, hat sie wie ein Vulkan ausgesehen. Nur dass sie Blut statt Lava gespuckt hat. Aber es war vermutlich Mia, die uns verpfiffen hat. Das sagt mir mein Gefühl. Es ist nicht ganz logisch zu begründen, aber zu Ihrem Glück stark. Mia, die Susannahs Wissen weitergegeben hat, um so ihren kleinen Kerl zu schützen.«
»Mia? Junger Mann… Mr. Dean… ich kenne keine…«
»Maul halten!«, brüllte Eddie ihn an. »Schnauze, Sie Ratte! Sie lügnerische, wortbrüchige Schlange! Sie habgierige, raffsüchtige schweinische Karikatur eines Menschen! Warum haben Sie nicht gleich ein paar Werbetafeln gemietet? HI, ICH BIN CAL TOWER! ICH WOHNE IN EAST STONEHAM IN DER ROCKET ROAD! KOMMEN SIE MEINEN FREUND AARON UND
Weitere Kostenlose Bücher