Der Dunkle Turm 6 - Susannah
Eigentumsübergang Andolinis Dinh – seinem Boss, einem Mann namens Balazar – unmissverständlich mitteilen?«
»Den Namen kenne ich«, sagte Deepneau trocken. »Er steht gelegentlich in der Zeitung.«
»Dass Balazar Euren Freund dann in Ruhe lassen wird? Wenn jemand jenem unmissverständlich klar machen würde, dass Euer Freund das Grundstück nicht mehr verkaufen kann und jeder Versuch, sich an Sai Tower zu rächen, Balazar sehr teuer zu stehen kommen würde?«
Deepneau verschränkte die Arme vor seiner schmalen Brust und wartete. Er beobachtete Roland mit einer Art unbehaglicher Faszination.
»Kurz gesagt: Verkauft Euer Freund Calvin Tower uns dieses Grundstück, ist er aller Sorgen ledig. Glaubt Ihr nicht auch, dass er das im geheimsten Inneren seines Herzens weiß?«
»Doch«, sagte Deepneau. »Das Problem ist nur, dass er diesen… diesen Tick hat, nichts weggeben zu können.«
»Setzt einen Vertrag auf«, sagte Roland. »Gegenstand: das unbebaute Grundstück an der durch jene beiden Straßen gebildeten Ecke. Calvin Tower als Verkäufer. Wir als Käufer.«
»Die Tet Corporation als Käuferin«, warf Eddie ein.
Deepneau schüttelte den Kopf. »Ich könnte einen aufsetzen, aber Sie werden Cal nicht zum Verkauf überreden können. Es sei denn, Sie hätten ungefähr eine Woche Zeit und nichts dagegen, seine Füße mit glühendem Eisen zu behandeln. Oder vielleicht seine Eier.«
Eddie murmelte etwas Unverständliches, worauf Deepneau ihn fragte, was er gesagt habe. Nichts, behauptete Eddie. Tatsächlich hatte er guter Vorschlag gesagt.
»Wir werden ihn überzeugen«, sagte Roland.
»Da wäre ich mir nicht so sicher, mein Freund.«
»Wir werden ihn überzeugen«, wiederholte Roland in seinem trockensten Ton.
Draußen rollte ein unauffälliger Kleinwagen (ein Mietwagen von Hertz, wenn Eddie je einen gesehen hatte) auf die Lichtung und kam zum Stehen.
Hüte die Zunge, hüte die Zunge, ermahnte Eddie sich, aber als Calvin Tower nun forsch aus dem Wagen stieg (wobei er das vor ihrem Blockhaus geparkte unbekannte Auto nur eines flüchtigen Blickes würdigte), glaubte Eddie zu spüren, wie ihm die Hitze in die Schläfen stieg. Er ballte die Hände zu Fäusten und grinste mit erbitterter Befriedigung, sobald die Fingernägel sich schmerzhaft in die Handflächen gruben.
Tower öffnete den Kofferraum des gemieteten Chevys und holte dort eine große Tragetasche heraus. Seine jüngste Beute, sagte Eddie sich. Tower sah kurz nach Süden, wo der Rauch in den Himmel stieg, zuckte dann die Achseln und ging zum Blockhaus.
So ist’s recht, dachte Eddie, so ist’s recht, du Schwein, da brennt nur irgendwas, was kümmert’s dich? Trotz der pochenden Schmerzen im verletzten Arm ballte Eddie die Fäuste fester, grub die Fingernägel noch tiefer in die Handflächen.
Du darfst ihn nicht umbringen, Eddie, sagte Susannah. Das weißt du doch, oder?
Wusste er das? Und auch wenn er’s wusste, konnte er dann auf Susannahs Stimme hören? Überhaupt auf irgendeine Stimme der Vernunft? Eddie hatte keine Ahnung. Er wusste nur, dass die echte Susannah verschwunden war, dass sie ein zweites Ich namens Mia hatte und im Rachen der Zukunft verschwunden war. Tower hingegen war hier. Was in gewisser Beziehung nur logisch war. Eddie hatte irgendwo einmal gelesen, dass die wahrscheinlichsten Überlebenden eines Atomkriegs die Kakerlaken seien.
Schon gut, Schätzchen, du hütest einfach deine Zunge und überlässt die Sache Roland. Du darfst ihn nicht umbringen!
Nun ja, sagte Eddie sich, vermutlich nicht.
Zumindest nicht, bevor Sai Tower auf der punktierten Linie unterschrieben hatte. Danach jedoch… danach…
6
»Aaron!«, rief Tower, als er die Verandatreppe heraufkam.
Roland lenkte Deepneaus Blick auf sich und legte einen Finger auf die Lippen.
»Aaron, he, Aaron!« Towers Stimme klang kräftig und lebensfroh – nicht wie die Stimme eines Mannes auf der Flucht, sondern die eines Mannes, der einen wunderbaren Arbeitsurlaub verbrachte. »Aaron, ich war bei dieser Witwe in East Fryeburg, und stell dir vor, die hat sämtliche Romane, die Herman Wouk jemals geschrieben hat! Und nicht etwa die Buchclubausgaben, die ich erwartet hab, sondern…«
Dem Knarren, mit dem die Spiralfeder der Fliegengittertür sich streckte, folgten dumpfe Schritte, die über die Veranda kamen.
»… die Erstausgaben von Doubleday! Marjorie Morningstar! Die Caine war ihr Schicksal! Hoffentlich haben die drüben am anderen Seeufer ihre
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