Der Dunkle Turm 6 - Susannah
Feuerversicherung pünktlich gezahlt, weil…«
Er trat ein. Sah Aaron. Sah Roland, der Deepneau gegenübersaß und ihn unverwandt aus seinen erschreckend blauen Augen mit den tiefen Krähenfüßen an den äußeren Winkeln anblickte. Und zuletzt sah er Eddie. Aber Eddie sah ihn nicht. Eddie Dean hatte im letzten Augenblick seine gefalteten Hände zwischen die Knie genommen und den Kopf so gesenkt, dass sein Blick die Hände und den Fußboden fixierte. Er biss sich buchstäblich auf die Zunge. An der Außenseite des rechten Daumens sah er zwei Tropfen Blut. Eddie ließ den Blick auf sie gerichtet. Er konzentrierte seine gesamte Aufmerksamkeit auf sie. Hätte er den Besitzer dieser jovialen Stimme angesehen, hätte er ihn garantiert umgebracht.
Er hat unseren Wagen gesehen. Hat sich aber nicht weiter dafür interessiert. Hat nicht gerufen und seinen Freund gefragt, wer hier sei oder ob alles in Ordnung ist. Ob mit Aaron alles in Ordnung ist. Weil er nur an irgendeinen Kerl namens Herman Wouk dachte, an Originalausgaben statt Buchclubausgaben. Immer sorgenfrei, Kumpel. Weil du keine größere Aufmerksamkeitsspanne hast als Jack Andolini. Jack und du, ihr seid nur ein Paar schäbige Kakerlaken, die hastig über den Fußboden des Universums krabbeln. Augen immer auf die Beute gerichtet, stimmt’s? Immer nur auf die gottverdammte Beute.
»Sie«, sagte Tower. Fröhlichkeit und Aufgeregtheit waren aus seiner Stimme verschwunden. »Der Kerl aus…«
»Der Kerl aus Nirgendwo«, sagte Eddie, ohne aufzusehen. »Der Jack Andolini von Ihnen weggerissen hat, als Sie nur noch ungefähr zwei Minuten davon entfernt waren, sich in die Hose zu scheißen. Und so revanchieren Sie sich dafür. Sie sind ein toller Hecht, was?« Sobald Eddie das ausgesprochen hatte, nahm er seine Zunge wieder in Verwahrung. Seine gefalteten Hände zitterten. Er erwartete, dass Roland intervenieren würde – das würde er bestimmt tun; der Revolvermann konnte nicht davon ausgehen, dass Eddie in seinem derzeitigen Zustand mit diesem egoistischen Ungeheuer allein fertig wurde –, aber Roland sagte nichts.
Tower lachte. Sein Lachen klang so nervös und brüchig wie seine Stimme, als er gemerkt hatte, wer hier in der Küche seines gemieteten Blockhauses saß. »Oh, Sir… Mr. Dean… ich glaube wirklich, dass Sie den Ernst der damaligen Situation übertrieben haben.«
»Woran ich mich erinnere«, sagte Eddie, weiter mit gesenktem Blick, »ist der Geruch von Benzin. Ich habe mit dem Revolver meines Dinhs geschossen, wissen Sie das noch? Wahrscheinlich können wir von Glück sagen, dass es keine Benzindämpfe gegeben hat – und ich in die richtige Richtung gezielt habe. Die ganze Ecke, in der Ihr Schreibtisch stand, war mit Benzin getränkt. Die Kerle wollten Ihre Lieblingsbücher verbrennen… oder sollte ich Ihre besten Freunde, Ihre Familie sagen? Das sind die doch für Sie, oder nicht? Und Deepneau, wer zum Teufel ist der? Bloß irgendein alter Sack mit einem Körper voller Krebszellen, der mit Ihnen nach Norden geflüchtet ist, als Sie gerade mal einen Fluchtgefährten brauchten. Sie würden ihn sterbend im Straßengraben zurücklassen, wenn jemand eine Shakespeare-Erstausgabe oder ein Widmungsexemplar von Ernest Hemingway für Sie hätte.«
»Das lasse ich mir nicht bieten!«, rief Tower. »Ich weiß zufällig, dass meine Buchhandlung schließlich doch ausgebrannt ist, und sie war durch ein Versehen nicht versichert! Ich bin ruiniert, und das ist allein Ihre Schuld! Ich will, dass Sie von hier verschwinden!«
»Du hast die Prämie nicht bezahlt, weil du letztes Jahr Geld gebraucht hast, um die Hopalong-Cassidy-Sammlung aus dem Nachlass Clarence Mulford zu kaufen«, stellte Deepneau gelassen fest. »Mir hast du erzählt, die Versicherung sei nur vorübergehend ausgesetzt, aber…«
»Das war auch so«, sagte Tower. Seine Stimme klang überrascht und verletzt, so als hätte er nie mit Verrat aus dieser Ecke gerechnet. Das hatte er wahrscheinlich auch nicht. »Das war nur vorübergehend, verdammt noch mal!«
»… jetzt diesen jungen Mann dafür verantwortlich zu machen«, fuhr Deepneau im selben gefassten, aber bedauernden Ton fort, »erscheint mir höchst ungerecht.«
»Verschwinden Sie gefälligst!«, knurrte Tower Eddie an. »Sie… und Ihr Freund auch! Ich hege nicht den Wunsch, mit Ihnen ins Geschäft zu kommen! Sollten Sie das je geglaubt haben, war das ein… ein Missverständnis!« Auf dieses letzte Wort stürzte er sich wie auf ein
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