Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
solcher Menschen, zu verzeihen, ist nämlich größer als die Fähigkeit von Herzen, wie ihr welche habt, das zu verstehen. Übrigens auch als die meines Herzens.
Dass sie euch arbeiten lassen würden, wobei ihr den Rest eures Lebens nicht wie bisher im Luxus, sondern in Schweiß und Plackerei zubringen würdet, bezweifle ich nicht. Trotzdem rate ich euch dringend, dorthin zu gehen, und wenns nur deshalb ist, dass ihr eine gewisse Buße für das tut, was ihr euch habt zuschulden kommen lassen.«
»Wir haben nicht gewusst, was wir taten, Sie hartherziger Mann!«, rief eine Frau aus einer der hinteren Reihen aufgebracht.
»IHR HABT’S GEWUSST!«, erwiderte Jake so schreiend laut, dass er schwarze Punkte vor den Augen sah. Rolands Hand bedeckte augenblicklich wieder seine, damit er nicht schießen konnte. Hätte er die Menge tatsächlich mit der Coyote durchsiebt, die Zahl der Todesopfer an diesem schrecklichen Ort weiter erhöht? Er konnte es nicht sagen. Er wusste nur, dass ein Revolvermann seine Hände manchmal nicht ganz unter Kontrolle hatte, wenn sie eine Waffe hielten. »Wagt ja nicht, das zu leugnen! Ihr habt’s gewusst!«
»Ich gewähre euch Folgendes, wenn’s beliebt«, fuhr Roland fort. »Meine Freunde und ich – die Überlebenden, obwohl ich sicher weiß, dass mein toter Freund zustimmen würde, was auch der Grund dafür ist, dass ich so rede – lassen diesen Ort stehen. Hier gibt es zweifellos genug Nahrungsmittel für den Rest eures Lebens und Roboter, die das Essen kochen und eure Kleidung waschen und euch sogar den Hintern abwischen, falls ihr glaubt, das zu brauchen. Wenn ihr das Fegefeuer einer Erlösung vorzieht, dann bleibt hier. Ich an eurer Stelle würde aber lieber die Reise wagen. Folgt den Bahngleisen aus Donnerschlag hinaus. Bekennt vor den Calla- Folken, was ihr getan habt, bevor sie’s euch ins Gesicht sagen, fallt barhäuptig vor ihnen auf die Knie und erfleht ihre Verzeihung.«
»Niemals!«, rief jemand unnachgiebig, aber Jake glaubte sehen zu können, dass einige der anderen verunsichert waren.
»Wie ihr wollt«, sagte Roland. »Ich habe mein letztes Wort dazu gesprochen, und der Nächste, der mir widerspricht, könnte tot liegen bleiben. Meine Freundin bereitet ihren Mann darauf vor, in die Erde gesenkt zu werden, und ich bin voller Kummer und Zorn. Wollt ihr weitersprechen? Wollt ihr meinen Zorn riskieren? Dann riskiert ihr dies hier.« Er zog seinen Revolver und ließ die Mündung in der Höhlung seiner Schulter ruhen. Jake trat neben ihn. Er hielt seine Waffe jetzt ebenfalls schussbereit.
Nun folgte einen Augenblick lang Schweigen, dann wandte der Mann, der für alle gesprochen hatte, sich ab.
»Erschießen Sie uns nicht, Mister, Sie haben schon genug angerichtet«, sagte jemand erbittert.
Roland antwortete nicht darauf, und die Menge begann sich zu verlaufen. Einige rannten auf einmal los, und die anderen ließen sich davon wie von einer Erkältung anstecken. Bis auf einige, die weinten, flüchteten sie alle stumm, und bald hatte die Nacht sie verschluckt.
»Wow!«, sagte Dinky. Seine Stimme klang vor lauter Respekt ganz sanft.
»Roland«, sagte Ted. »Was sie getan haben, war nicht allein ihre Schuld. Ich dachte, das hätte ich dir bereits erklärt. Meine Erklärung scheint wohl nicht besonders gut gewesen zu sein.«
Roland steckte den Revolver ins Holster zurück. »Deine Erklärung war ausgezeichnet«, sagte er. »Deshalb leben sie ja auch noch.«
Jetzt hatten sie den vor Damli House liegenden Teil der Promenade wieder für sich allein. Sheemie kam zu Roland gehumpelt. Er hatt die Augen aufgerissen und blickte ernst. »Zeigst du mir, wohin du möchtest, mein Lieber?«, fragte er. »Kannst du mir den Ort zeigen?«
Den Ort. Roland war so aufs Wann fixiert gewesen, dass er kaum einen Gedanken aufs Wo verschwendet hatte. Und seine Erinnerungen an die Straße, die sie in Lovell entlanggefahren waren, waren ziemlich bruchstückhaft. Eddie hatte John Cullums Wagen gelenkt, während Roland seinen eigenen Gedanken nachgehangen hatte, sich auf die Dinge konzentriert hatte, die er sagen würde, um den Hausverwalter davon zu überzeugen, ihnen zu helfen.
»Hat Ted dir einen Ort gezeigt, an den du ihn schicken solltest?«, fragte er Sheemie.
»Aye, das hat er getan. Nur hat er nicht gewusst, dass er das tut. Es war ein Kinderbild … Ich weiß nicht recht, wie ich es dir beschreiben soll … Dummer Kopf! Voller Spinnweben!« Sheemie machte eine Faust und schlug sich
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