Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
sie Irene Cantora aus Staten Island gewesen war. Außerdem handelte es sich hier um eine Knüppelschaltung, wie ihr überhaupt noch nie eine untergekommen war.
Jake saß direkt neben ihr, hatte die Füße rechts und links neben besagten Schaltknüppel gestellt und hielt Oy auf dem Schoß. Roland schwang sich auf den Beifahrersitz und gab sich Mühe, wegen der Schmerzen in seinem Bein nicht irgendwelche Laute von sich zu geben. Irene vergaß die Kupplung zu treten, als sie den Motor anließ. Der I-H machte einen Satz nach vorn, dann stand er wieder still da. Zum Glück war er seit Mitte der Sechzigerjahre im Westen von Maine unterwegs, sodass er nicht mehr wie ein munteres Fohlen bockte, sondern eher wie eine ältliche Stute gemächlich hüpfte; sonst hätte Chip McAvoy wieder mindestens eine seiner Schaufensterscheiben eingebüßt. Oy hatte Mühe, sich auf Jakes Schoß zu halten, und versprühte einen Mund voll Truthahn mit einem Wort, das er von Eddie gelernt hatte.
Irene starrte den Bumbler mit großen, verblüfften Augen an. »Hat dieses Geschöpf eben fuck gesagt, junger Mann?«
»Kümmern Sie sich nicht darum, was er gesagt hat«, antwortete Jake. Seine Stimme zitterte. Die Boar’s-Head-Uhr im Schaufenster zeigte jetzt fünf vor vier an. Wie Roland hatte auch der Junge noch nie zuvor das Gefühl gehabt, dass die Zeit etwas war, was sie so wenig unter ihrer Kontrolle hatten. »Treten Sie die Kupplung, damit wir endlich weiterkommen.«
Zum Glück war das Schaltschema in den Schaltknopf eingeprägt und noch immer schwach sichtbar. Mrs. Tassenbaum trat die Kupplung mit ihrem beturnschuhten linken Fuß, ließ das Getriebe höllisch krachen und fand schließlich den Rückwärtsgang. Der Pick-up stieß mit einer Reihe von Rucken rückwärts auf die Route 7 hinaus und hatte die Mittellinie bereits halb überfahren, als der Motor abstarb. Sie drehte den Zündschlüssel sofort nach rechts und merkte erst zu spät, dass sie wieder vergessen hatte, die Kupplung zu treten, um eine weitere Reihe dieser krampfhaften Sprünge vermeiden zu können. Jake und Roland stützten sich jetzt von dem staubigen Instrumentenbrett ab, auf dem ein rotweiß-blauer Aufkleber AMERICA! LOVE IT OR LEAVE! forderte. Die Sprünge erwiesen sich jedoch schließlich sogar als ihr Glück. Im selben Augenblick kam ein Langholzwagen – Roland musste unwillkürlich an den denken, der bei seinem letzten Aufenthalt hier verunglückt war – über die Kuppe nördlich des Ladens. Wäre der Pick-up nicht auf den Parkplatz zurückgehoppelt (wo er den Kotflügel eines geparkten Wagens eindrückte, bevor er endlich zum Stehen kam), wären sie mittschiffs gerammt worden. Und sehr wahrscheinlich dabei umgekommen. Der Langholzwagen wich mit trompetendem Horn aus, worauf die Hinterräder eine riesige Staubwolke aufwirbelten.
Das Geschöpf auf dem Schoß des Jungen – Mrs. Tassenbaum kam es wie eine verrückte Mischung aus Hund und Waschbär vor – bellte wieder ein Wort.
Fuck. Da war sie sich ziemlich sicher.
Der Ladenbesitzer und die anderen Kunden standen hinter dem Schaufenster aufgereiht, und Irene wusste plötzlich, wie sich ein Fisch im Aquarium fühlen musste.
»Lady, können Sie die Kiste fahren oder nicht?«, brüllte der Junge. Über die linke Schulter hatte er eine Art Tasche hängen. Sie erinnerte an die eines Zeitungsjungen, war aber aus Schilf geflochten und schien Teller zu enthalten.
»Ich kann sie fahren, junger Mann, nur keine Sorge.« Sie war verängstigt, aber zugleich … Machte ihr das nicht auch alles irgendwie Spaß? Sie glaubte es fast. In den letzten achtzehn Jahren war sie kaum mehr gewesen als etwas, mit dem der große David Tassenbaum sich schmückte, eine Schauspielerin, die in seinem zunehmend berühmten Leben eine Nebenrolle spielte, die Dame des Hauses, die »Diese hier müssen Sie versuchen« sagte, während sie auf Partys Kanapees herumreichte. Jetzt war sie plötzlich im Mittelpunkt von irgendwas, und sie ahnte, dass dieses Irgendwas in der Tat höchst wichtig war.
»Tief Luft holen«, sagte der Mann mit dem harten sonnenverbrannten Gesicht. Er starrte mit seinen leuchtend blauen Augen in ihre, und wie er das tat, war es schwierig, an etwas anderes zu denken. Außerdem war das Gefühl angenehm. Wenn das Hypnose ist, dachte sie, sollte man das an staatlichen Schulen unterrichten. »Die Luft anhalten, dann ausatmen. Und jetzt fahrt uns, um Eures Vaters willen.«
Sie atmete wie angewiesen tief durch, und auf einmal
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