Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Dunkle Turm 7 - Der Turm

Titel: Der Dunkle Turm 7 - Der Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
Vom Netzwerk:
Mannes. Obwohl er wusste, dass jede Übersetzung in die Sprache dieser Welt unbeholfen klingen würde, tat er sein Bestes. Falls Jakes Seele noch in Grabesnähe verweilte, war es diese Sprache, die sie verstehen würde.
    »Die Zeit fliegt, die Totenglocke läutet, das Leben verrinnt, also hört mein Gebet.
    Die Geburt ist nur der Beginn des Todes, also hört mein Gebet.
    Der Tod ist sprachlos, also hört mein Gebet.«
    Die Worte schwebten in den Dunst aus Grün und Gold davon. Roland ließ sie verhallen, bevor er das restliche Gebet anfügte. Er sprach jetzt zügiger.
    »Dies ist Jake, der seinem Ka und seinem Tet gedient hat. Das ist gewisslich wahr.
    Möge der vergebungsvolle Blick von S’mana sein Herz heilen. Darum bitten wir.
    Möge der Arm von Gan ihn aus der Finsternis dieser Erde heben. Darum bitten wir.
    Umgebe ihn, Gan, mit Licht.
    Erfülle ihn, Chloë, mit Kraft.
    Ist er durstig, so gebt ihm auf der Lichtung Wasser.
    Ist er hungrig, so gebt ihm auf der Lichtung Nahrung.
    Lasst seiner wachenden Seele sein Leben auf dieser Erde und den Schmerz seines Hinscheidens wie einen Traum erscheinen; lasst seine Augen sich an Schönem ergötzen; lasst ihn die Freunde wiederfinden, die er verloren hat, und lasst jeden, dessen Namen er ruft, mit seinem antworten.
    Dies ist Jake, der tapfer gelebt, die Seinen geliebt und den Tod gefunden hat, wie das Ka es wollte.
    Jeder Mensch schuldet dem Leben seinen Tod. Dies ist Jake. Schenkt ihm Frieden.«
    Er kniete noch einige Atemzüge länger mit zwischen den Knien gefalteten Händen da und wurde sich bewusst, dass er die wahre Macht des Kummers, den Schmerz des Bedauerns erst in diesem Augenblick ganz verstanden hatte.
    Ich kann’s nicht ertragen, ihn loszulassen.
    Aber dann wieder das grausame Paradox: Wenn er es nicht tat, war Jakes Opfer vergebens gewesen.
    Roland öffnete die Augen und sagte: »Lebe wohl, Jake. Ich liebe dich, Kleiner.«
    Dann zog er die blaue Kapuze als Schutz vor dem Erdregen, der nun folgen würde, über das Gesicht des Jungen.
     
     
    11
     
    Nachdem das Grab zugeschaufelt und mit Felsbrocken bedeckt war, ging Roland zur Straße zurück und begutachtete die von den unterschiedlichen Spuren erzählte Geschichte, nur weil er nichts anderes zu tun hatte. Als diese sinnlose Aufgabe erledigt war, setzte er sich auf einen umgestürzten Baumstamm. Oy war am Grab geblieben, und Roland ahnte, dass der Bumbler dort verweilen würde. Er würde ihn rufen, sobald Mrs. Tassenbaum zurückkam, aber er wusste, dass Oy vielleicht nicht kommen würde; wenn nicht, konnte das nur bedeuten, dass Oy beschlossen hatte, seinem Freund auf die Lichtung zu folgen. Der Bumbler würde einfach an Jakes Grab Wache halten, bis der Hunger (oder irgendein Raubtier) sein Leben forderte. Dieser Gedanke vermehrte Rolands Schmerz, aber er würde Oys Entscheidung respektieren.
    Zehn Minuten später kam der Bumbler von selbst aus dem Wäldchen und setzte sich neben Rolands linken Stiefel. »Guter Boy!«, sagte Roland und fuhr ihm über den Kopf. Oy hatte zu leben beschlossen. Es war nur ein kleiner Trost, aber es war ein guter Trost.
    Wieder zehn Minuten später näherte sich ein dunkelroter Wagen fast lautlos der Stelle, an der King angefahren und Jake tödlich verletzt worden war. Er hielt auf dem Seitenstreifen. Roland öffnete die Beifahrertür, stieg ein und zuckte dabei aus alter Gewohnheit vor Schmerzen zusammen, die er längst nicht mehr verspürte. Oy sprang ohne Aufforderung zwischen seine Füße, legte sich mit der Schnauze an seine Seite gekuschelt nieder und schien sofort einschlafen zu wollen.
    »Haben Sie Ihren Jungen bestattet?«, fragte Mrs. Tassenbaum, als sie anfuhr.
    »Ja. Danke-sai.«
    »Ich kann dort keinen Grabstein aufstellen, glaube ich«, sagte sie, »aber ich könnte später etwas anpflanzen. Wissen Sie vielleicht, was ihm gefallen würde?«
    Roland sah auf und lächelte zum ersten Mal seit Jakes Tod wieder. »Ja«, sagte er. »Eine Rose.«
     
     
    12
     
    Sie fuhren fast zwanzig Minuten lang, ohne ein Wort zu sprechen. Mrs. Tassenbaum hielt vor einem kleinen Laden im Gemeindebereich Bridgton und tankte: MOBIL, eine Marke, die Roland von seinen Wanderungen her kannte. Als sie hineinging, um zu zahlen, sah er zu los ángeles auf, die klar und deutlich über den Himmel zogen. Der Pfad des Balkens – und bereits stärker, wenn er sich das nicht nur einbildete. Vermutlich spielte es aber auch keine Rolle, ob er das tat. Wenn der Balken nicht schon stärker war,

Weitere Kostenlose Bücher