Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
Säuglingsheim Rattengift in ihrem Abendfläschchen brauchten. Irene Tassenbaum akzeptierte die Aussage jedoch. Und ein Teil ihres Ichs hatte es sogar selbst eilig, nämlich zu ihrem Mann zurückzukommen. Sie hatte ihn am Abend zuvor angerufen (von einem eine Meile vom Motel entfernten Münztelefon aus, nur um sicherzugehen) und bei Gott den Eindruck gehabt, David Seymour Tassenbaums Aufmerksamkeit endlich wieder geweckt zu haben. Seit ihrer Begegnung mit Roland mochte Davids Aufmerksamkeit natürlich entschieden zweitklassig wirken, aber sie war weiß Gott besser als nichts. Roland von Gilead würde bald aus ihrem Leben verschwinden und es ihr überlassen, nach Neuengland zurückzufinden und ihre Abwesenheit so gut wie möglich zu erklären. Ein anderer Teil ihres Ichs beklagte also auch den bevorstehenden Verlust, aber sie hatte in den vergangenen rund vierzig Stunden genügend Abenteuer erlebt, um für den Rest ihres Lebens ausgesorgt zu haben, oder etwa nicht? Und Dinge, über die es sich nachzudenken lohnte, auch das. Zum einen schien die Welt dünner zu sein, als sie sich je vorgestellt hatte. Und die Realität ausgedehnter.
»Also gut«, sagte sie. »Als Erstes willst du zur Ecke Second Avenue und Forty-sixth Street, richtig?«
»Ja.« Susannah hatte keine Gelegenheit gehabt, ihnen viel über ihre Abenteuer aus der Zeit zu erzählen, in der Mia ihren gemeinsamen Körper entführt hatte, aber der Revolvermann wusste, dass es ein hohes Gebäude gab – einen Wolkenkratzer, wie Eddie, Jake und Susannah sagten –, das jetzt auf dem ehemals unbebauten Grundstück stand, und dort musste die Tet Corporation zu finden sein. »Brauchen wir dazu ein Tack-Sieh?«
»Können dein pelziger Freund und du siebzehn kurze Blocks und zwei oder drei lange zu Fuß schaffen? Die Entscheidung liegt bei dir, ich jedenfalls hätte nichts dagegen, mir die Beine zu vertreten.«
Roland wusste nicht, wie lang ein langer Block oder wie kurz ein kurzer sein mochte, aber er war sehr gern bereit, das auf praktische Weise festzustellen, nachdem seine lähmenden Hüftschmerzen nun verschwunden waren. Stephen King hatte jetzt diese Schmerzen – und die von seinen gebrochenen Rippen und der rechten Kopfseite, wo er sich den Schädel gebrochen hatte. Roland beneidete ihn nicht um diese Schmerzen, aber sie waren jetzt wenigstens wieder bei ihrem rechtmäßigen Eigentümer.
»Auf geht’s«, sagte er.
3
Eine Viertelstunde später stand er auf der anderen Straßenseite dem großen dunklen Gebäude gegenüber, das bis in den Sommerhimmel aufragte, und konnte nur mühsam verhindern, dass ihm der Mund offen stand, dass ihm die Kinnlade möglicherweise vielleicht bis zur Brust aufklappte. Das hier war nicht der Dunkle Turm, zumindest nicht sein Dunkler Turm (obwohl es ihn nicht überrascht hätte, dass manche der im Himmelsturm dort drüben arbeitenden Leute – einige von ihnen Leser von Rolands Abenteuern – dem Gebäude Hammarskjöld Plaza Nr. 2 eben diesen Namen gegeben hatten), aber er zweifelte keinen Augenblick daran, dass dies der Vertreter des Turms in der Fundamentalen Welt war, nicht anders als die hiesige Rose ein ganzes Feld voller Rosen vertrat: das Feld, das er in so vielen Träumen gesehen hatte.
Trotz des Verkehrslärms konnte er die singenden Stimmen schon von hier aus hören. Die Frau musste dreimal seinen Namen sagen und ihn schließlich am Ärmel zupfen, um seine Aufmerksamkeit zu wecken. Als er sich ihr – widerstrebend – zuwandte, sah er, dass sie nicht den Turm auf der gegenüberliegenden Straßenseite betrachtete (sie war eine Stunde von Manhattan entfernt aufgewachsen, und Wolkenkratzer waren für sie ein alter Hut), sondern den Minipark auf ihrer Straßenseite. Aus ihrem Gesichtsausdruck sprach Begeisterung. »Ist das nicht ein wunderschöner kleiner Park? Ich war bestimmt schon hundertmal an dieser Ecke, aber heute fällt er mir zum ersten Mal so richtig auf. Siehst du den Springbrunnen da? Guck nur, die Schildkrötenskulptur.«
Er sah es. Und obwohl Susannah ihnen diesen Teil ihrer Erlebnisse nicht erzählt hatte, wusste Roland, dass sie hier gewesen war – gemeinsam mit Mia, niemands Tochter – und auf der Bank ganz in der Nähe des nassen Schildkrötenpanzers gesessen hatte. Er konnte sie fast dort sitzen sehen.
»Ich würde gern hineingehen«, sagte sie schüchtern. »Können wir? Reicht die Zeit?«
»Ja«, sagte er und folgte ihr durch das kleine schmiedeeiserne Gatter.
4
In
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