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Der Dunkle Turm 7 - Der Turm

Titel: Der Dunkle Turm 7 - Der Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Empfangsbereich, wo eine Frau an einem Schreibtisch saß und Selbstgespräche zu führen schien. Rechts vor der Glastür standen zwei Männer in Geschäftsanzügen. Beide hatten sie eine Hand in der Hosentasche und schienen ganz leger zu plaudern, aber Roland sah, dass sie keineswegs entspannt waren. Und sie waren bewaffnet. Ihre Sakkos waren gut geschnitten, aber wer sich mit Waffen auskannte, sah sofort eine, wo eine vorhanden war. Diese beiden Kerle würden eine, vielleicht zwei Stunden lang im Foyer stehen (selbst gute Leute konnten nicht sehr viel länger wachsam bleiben) und bei jedem Öffnen der Kabinentür so tun, als plauderten sie nur miteinander, während sie in Wirklichkeit darauf vorbereitet waren, beim geringsten Verdacht einzugreifen. Mit diesen Sicherheitsmaßnahmen war Roland sehr einverstanden.
    Er hielt sich jedoch nicht lange damit auf, die Wachmänner zu beobachten. Sobald er sie als solche bestimmt und eingeordnet hatte, wandte er sich dem zu, was ihn sofort fasziniert hatte, kaum dass die Kabinentür aufgegangen war. An der Wand links von ihm hing ein großes Schwarz-Weiß-Bild: eine ungefähr eineinhalb Meter breite und einen Meter hohe ungerahmte Fotografie (er hatte ursprünglich geglaubt, das Wort heiße Fottergrafie), die so geschickt in die Wand eingepasst war, dass sie einem Fenster glich, das in eine unnatürlich stille Realität hinausblickte. Drei Männer in Jeans und mit offenem Hemd saßen auf der obersten Querstange eines Zauns, wo sie die Stiefelabsätze hinter die unterste Stange gehakt hatten. Wie viele Male, fragte Roland sich, hatte er Cowboys oder pastorillas so auf Zäunen sitzen sehen, während sie das Einfangen, Brandmarken, Kastrieren oder Zureiten von wilden Pferden beobachteten? Wie viele Male hatte er selbst so dagesessen, ob mit einem oder mehreren aus seinem alten Tet – Cuthbert, Alain, Jamie DeCurry – neben sich, so wie jetzt hier John Cullum und Aaron Deepneau einen Schwarzen mit goldgeränderter Brille und schmalem weißem Schnurrbart flankierten? Die Erinnerung schmerzte, und es war kein lediglich emotionaler Schmerz, sondern sein Magen verkrampfte sich buchstäblich, und sein Herz begann zu jagen. Die drei auf dem Bild lachten gerade über etwas, und das Ergebnis war eine Art zeitloser Perfektion, einer jener Augenblicke, in dem Männer genießen, was und wo sie gerade sind.
    »Die Gründerväter«, sagte Nancy. Es klang belustigt und traurig zugleich. »Dieses Foto ist 1986 auf einer exklusiven Ferienranch gemacht worden. Taos, New Mexico. Drei Stadtjungen bei den Cowboys, zum Schießen! Und sehen sie nicht aus, als amüsierten sie sich königlich?«
    »Ihr sprecht wahrhaftig«, sagte Roland.
    »Sie kennen alle drei?«
    Roland nickte. Er kannte sie allerdings, auch wenn er Moses Carver, dem Mann in der Mitte, nie persönlich begegnet war. Dan Holmes’ Partner, Odetta Holmes’ Taufpate. Auf dem Bild schien er ein kräftiger, gesunder Siebziger zu sein, dabei musste er 1986 bereits eher achtzig gewesen sein. Möglicherweise sogar fünfundachtzig. Natürlich, sagte Roland sich jetzt, durfte man hier nie die Rechnung ohne den Joker machen: das Wunder, das er vorhin in der Eingangshalle dieses Gebäudes gesehen hatte. Die Rose war zwar so wenig ein Jungbrunnen, wie die Schildkröte in jenem winzigen Park auf der anderen Straßenseite die echte Maturin war, aber möglicherweise besaß sie ja bestimmte wohltuende Eigenschaften? Ja, das glaubte er. Bestimmte heilende Eigenschaften? Ja, auch das. Und glaubte er, dass Aaron Deepneau die neun Lebensjahre, die ihm zwischen 1977 und dieser Szene im Jahr 1986 geschenkt worden waren, einzig den die Prim ersetzenden Tabletten und medizinischen Behandlungsmethoden des Alten Volkes verdankte? Nein, das glaubte er nicht. Diese drei Männer – Carver, Cullum und Deepneau –, hatten sich auf fast magische Weise vereint, um noch in ihrem hohen Alter für die Rose zu kämpfen. Ihre Geschichte, so glaubte der Revolvermann, hätte ein eigenes Buch ergeben, bestimmt sogar ein sehr gutes und spannendes. Was Roland glaubte, war die Einfachheit selbst: Die Rose hatte ihre Dankbarkeit bewiesen.
    »Wann sind sie gestorben?«, fragte er Nancy Deepneau.
    »John Cullum war der Erste«, sagte sie. »Er ist 1989 an einer Schussverletzung gestorben. Aber er hat im Krankenhaus noch zwölf Stunden durchgehalten – lange genug, damit alle sich von ihm verabschieden konnten. Er war in New York, um an der Jahressitzung des Verwaltungsrats

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