Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
Ticken ihres Werks.
»Dass seine Arbeit getan ist, dass es Zeit für ihn wird, angeln zu gehen oder mit seinen Enkeln zu spielen«, antwortete Nancy Deepneau. »Aber wir haben sie Ihnen aus einem anderen Grund geschenkt. Sie soll die Stunden bis zu Ihrem Ziel zählen und Ihnen sagen, wann Sie in seiner Nähe sind.«
»Und das kann sie?«
»In New Mexico haben wir einen außergewöhnlichen Guten-Geist-Telepathen namens Fred Towne«, sagte Marian. »Er sieht sehr viel und irrt sich nie – beziehungsweise fast nie. Bei der Uhr handelt es sich um eine Patek Philippe, Roland. Sie hat neunzehntausend Dollar gekostet, und der Hersteller garantiert die Rücknahme zum vollen Kaufpreis, sollte sie jemals vor- oder nachgehen. Sie braucht nicht aufgezogen zu werden, weil sie mit einer Batterie läuft – nicht von North Central Positronics oder einer ihrer Tochtergesellschaften, das kann ich dir versichern –, die hundert Jahre hält. Fred meint allerdings, dass die Uhr beim Annähern an den Dunklen Turm trotzdem stehen bleiben könnte.«
»Oder anfangen, rückwärts zu laufen«, sagte Nancy. »Darauf sollten Sie achten.«
»Das werden Sie bestimmt tun, was?«, sagte Moses Carver.
»Aye«, antwortete Roland. Er verstaute die Uhr (nach einem weiteren langen Blick auf die Gravuren auf dem goldenen Sprungdeckel) in einer seiner Taschen und das Holzkästchen dann in einer anderen. »Ich werde diese Uhr sehr aufmerksam beobachten.«
»Du solltest auch auf etwas anderes achten«, sagte Marian. »Mordred.«
Roland wartete.
»Wir haben Grund zu der Annahme, dass er den von dir Walter genannten Mann umgebracht hat.« Sie hielt inne. »Und wie ich sehe, überrascht dich das nicht. Darf ich fragen, weshalb nicht?«
»Walter hat inzwischen meine Träume verlassen, nicht anders als die Schmerzen meine Hüfte und meinen Kopf verlassen haben«, sagte Roland. »Zuletzt ist er mir in einem Traum erschienen, den ich in Calla Bryn Sturgis hatte – in der Nacht des Balkenbebens.« Er würde ihnen nicht erzählen, wie schrecklich diese Träume gewesen waren; Träume, in denen er verwirrt und allein durch die moderigen Gänge eines Schlosses geirrt war, auf denen Spinnweben sein Gesicht gestreift hatten; dann das huschende Geräusch von etwas, was sich aus der Dunkelheit hinter ihm (oder vielleicht über ihm) näherte, und, unmittelbar vor dem Aufwachen, das Leuchten roter Augen und eine nicht menschliche Stimme, die »Vater« flüsterte.
Die drei beobachteten ihn mit ernster Miene. Schließlich sagte Marian: »Hüte dich vor ihm, Roland. Fred Towne, unser Mann, den ich erwähnt habe, sagt: ›Mordred sein hongrig.‹ Er sagt, das sei ein wirklicher Hunger. Fred ist ein tapferer Bursche, aber er hat Angst vor deinem … deinem Feind.«
Meinem Sohn, weshalb sagt sie das nicht?, dachte Roland, aber er glaubte, den Grund dafür zu kennen. Sie verzichtete darauf, das auszusprechen, um seine Gefühle zu schonen.
Moses Carver stand auf und lehnte seinen Krückstock an den Schreibtisch seiner Tochter. »Ich hätte da noch etwas für Sie«, sagte er. »Allerdings etwas, was schon immer Ihnen gehört hat – Sie sollten es tragen und am Ziel niederlegen, wenn Sie’s schließlich erreichen.«
Roland war ehrlich perplex und wurde noch verwirrter, als der Alte nun langsam sein Hemd aufzuknöpfen begann. Marian machte Anstalten, ihm dabei zu helfen, was er aber brüsk abwehrte. Unter dem Oberhemd kam das Trägerunterhemd eines alten Mannes zum Vorschein: ein Slinkum, wie der Revolvermann es genannt hätte. Darunter zeichnete sich etwas ab, was Roland sofort erkannte, etwas, was sein Herz für einen Schlag aussetzen ließ. In Gedanken war er wieder in dem Haus am See – Beckhardts Landhaus, Eddie an seiner Seite – und hörte sich sagen: Ihr tragt Tante Talithas Kreuz am Hals und zeigt es Sai Carver, wenn Ihr mit ihm zusammentrefft. Es wird ihn hoffentlich davon überzeugen, dass er Euch vertrauen kann. Aber zuvor …
Das Kreuz hing jetzt an einer feingliedrigen Goldkette. Moses Carver zog es aus seinem Slinkum, betrachtete es einen Augenblick lang, sah mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen zu Roland auf und blickte dann wieder auf das Kreuz hinunter. Er blies darauf. Der Revolvermann bekam eine Gänsehaut, als nun ganz schwach und leise Susannahs Stimme zu hören war:
»Wir haben Pimsy unter dem Apfelbaum begraben …«
Dann verstummte sie. Sekundenlang herrschte Stille, und Carver, der jetzt die Stirn runzelte, wollte schon ein
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