Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
umfasste. »Woher, glaubt Ihr, habe ich die, Fräulein Schwarzdrossel? Von Body Parts ›R‹ Us?«
Sie verstand nicht, was er damit meinte, und blieb stumm.
»Er hat sich wirklich zum Dunklen Turm begeben. Er ist wie der Hund in irgendeiner alten Fabel: Wenn er schon nicht von dem Heu profitieren kann, will er dafür sorgen, dass es auch kein anderer kann. Ich habe euch nicht einmal belogen, was den Inhalt dieser Körbe betrifft. Ich habe ihn nur vorgezeigt und es euch überlassen, eigene Schlüsse daraus zu ziehen.« Als Susannah sein zynisch befriedigtes Lächeln sah, überlegte sie, ob sie ihn daran erinnern sollte, dass zumindest Roland seinen Trick durchschaut hatte. Aber das war letztlich nicht der Mühe wert.
»Nur in einem einzigen Punkt habe ich glatt gelogen«, sagte der ehemalige Austin Cornwell. »Als ich nämlich behauptet habe, er hätte mich köpfen lassen.«
»Zufrieden, Susannah?«, fragte Roland sie.
»Ja«, antwortete sie, obwohl sie es eigentlich nicht war. »Gehen wir.«
»Dann klettre wieder auf Ho Fat und kehr diesem Mann dabei nicht den Rücken zu. Er ist gerissen.«
»Mach Sachen«, sagte Susannah, dann tat sie wie geheißen.
»Lange Tage und angenehme Nächte«, sagte der ehemalige Sai Cornwell, der nun von sich windenden, verendenden Schlangen umgeben war. »Möge der Jesusmensch Euch und Eure gesamte Clanfamilie beschützen. Und möget Ihr zur Vernunft kommen, bevor’s dafür zu spät ist, und Euch vom Dunklen Turm fernhalten!«
6
Sie kehrten zu der Straßenkreuzung zurück, an der sie den Pfad des Balkens verlassen hatten, um einen Abstecher zum Schloss des Roten Königs zu machen. Dort angekommen, machte Roland Halt, um kurz zu rasten. Eine kleine Brise war aufgekommen und ließ nun den patriotischen Fahnenschmuck flattern. Susannah sah jetzt, dass er alt und verblasst wirkte. Die Porträts von Nixon, Lodge, Kennedy und Johnson waren durch Graffiti entstellt, die selbst uralt zu sein schienen. Aller Glammer – jedenfalls der Talmiglanz, den der Scharlachrote König hatte aufbieten können – war verschwunden.
Masken ab, Masken ab, dachte sie müde. Die Gesellschaft war wundervoll, aber jetzt ist das Fest aus … und der Rote Tod herrscht über alles.
Sie berührte den Pickel neben ihrer Unterlippe und betrachtete dann die Fingerspitze. Sie erwartete, Eiter oder Blut oder beides zu sehen. Aber sie sah keines von beiden, was eine Erleichterung war.
»Wie viel davon glaubst du?«, fragte Susannah ihn.
»So ziemlich alles«, antwortete Roland.
»Dann ist er also dort. Oben im Turm.«
»Nicht im Turm. An der Außenseite gefangen.« Er lächelte. »Das ist ein großer Unterschied.«
»Wirklich? Und was hast du mit ihm vor?«
»Das weiß ich nicht.«
»Glaubst du, dass er tatsächlich in den Turm zurückgelangen und ihn bis ganz oben ersteigen könnte, wenn er irgendwie deine Revolver in die Hände bekommt?«
»Ja.« Die Antwort war unverzüglich gekommen.
»Und was willst du dagegen tun?«
»Nicht zulassen, dass er auch nur einen der beiden bekommt.« Er sagte das, als würde sich das von selbst verstehen, und Susannah gestand sich ein, dass dem vermutlich so war. Nur vergaß sie leider oft, wie gottverdammt wörtlich er alles meinte. Buchstäblich alles.
»Du hast davon gesprochen, Mordred im Schloss eine Falle zu stellen.«
»Ja«, sagte Roland, »aber wegen der Dinge, die wir dort gesehen, die wir dort erfahren haben, ist es mir nun besser vorgekommen, weiterzuziehen. Einfacher. Sieh her.«
Er zog seine Taschenuhr heraus und ließ den Sprungdeckel aufschnappen. Sie beobachteten beide, wie der Sekundenzeiger allein um seine Achse kreiste. Aber noch genauso schnell wie zuvor? Susannah konnte es nicht mit Bestimmtheit sagen, aber sie glaubte, dass dem nicht so war. Sie sah mit hochgezogenen Augenbrauen zu Roland auf.
»Die meiste Zeit geht sie noch richtig«, sagte Roland, »aber nicht mehr die ganze Zeit. Ich glaube, dass sie bei jedem sechsten oder siebten Umlauf eine Sekunde verliert. Insgesamt vielleicht drei bis sechs Minuten pro Tag.«
»Das ist nicht sehr viel.«
»Nein«, antwortete Roland und steckte die Uhr wieder ein, »aber es ist ein Anfang. Mordred soll meinetwegen tun, was er will. Der Dunkle Turm liegt gleich hinter den Weißen Landen, und ich habe vor, ihn zu erreichen.«
Susannah hatte Verständnis für seine Ungeduld. Sie konnte nur hoffen, dass diese Ungeduld ihn nicht zum Leichtsinn verleiten würde. Sonst fiel Mordred Deschains
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