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Der Dunkle Turm 7 - Der Turm

Titel: Der Dunkle Turm 7 - Der Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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oben. Ich will nicht schreiend in den Fängen dieses Monstrums sterben.
    »Ihr wisst, was hier geschehen ist, junger Herr. Es ist in meinem Verstand, also auch in Eurem. Warum verzehrt Ihr nicht, was in diesem Korb ist – auch die Schlangen, wenn sie Euch schmecken –, und lasst einen alten Mann friedlich seine Tage beschließen? Wenn nicht um Euretwillen, dann um Eures Vaters willen. Ich habe ihm treu gedient und tue das auch jetzt noch. Ich hätte mich einfach im Schloss verkriechen und sie weiterziehen lassen können. Aber das habe ich nicht getan. Ich hab’s versucht.«
    »Du hattest keine andere Wahl«, antwortete Mordred von seinem Ende der Brücke aus. Ohne zu wissen, ob das stimmte oder nicht. Ohne sich etwas daraus zu machen. Totes Fleisch war lediglich nahrhaft und sonst nichts. Aber lebendes Fleisch und Blut, das noch Sauerstoff von den letzten Atemzügen enthielt … ah, das war wahrlich ein Genuss. Das war ein köstliches Mahl! »Sollst du mir etwas von ihm bestellen?«
    »Aye, das wisst Ihr.«
    »Erzähl’s mir.«
    »Warum lest Ihr’s nicht einfach in meinen Gedanken?«
    Wieder diese flatternde, flüchtige Veränderung. Einen Augenblick lang stand am anderen Ende der Brücke kein Junge, auch keine Spinne von der Größe eines Jungen, sondern etwas, was beides zugleich war. Sai Thoughtfuls Mund wurde trocken, noch während der Speichel, der ihm bei seinem Nickerchen aus dem Mund gelaufen war, an seinem Kinn glänzte. Dann verfestigte sich Mordreds Jungengestalt wieder in seiner zerlumpten, zerschlissenen Jacke.
    »Weil’s mir gefällt, es aus deinem zahnlosen alten Maul zu hören«, sagte er zu Thoughtful.
    Der Alte fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen. »Also gut, wies Euch beliebt. Er hat gesagt, er sei erfahren, während Ihr noch jung und völlig unbeschrieben seid. Er hat gesagt, wenn Ihr Euch nicht von ihm fernhaltet, wird er euch den Kopf abschlagen. Er hat gesagt, er würde ihn gern vor Eurem Roten Vater hochhalten, während er auf seinem Balkon gefangen steht.«
    Das war ziemlich viel mehr, als Roland tatsächlich gesagt hatte (und wir müssen’s wissen, waren wir doch dabei), und mehr als genug für Mordred.
    Trotzdem nicht genug für Rando Thoughtful. Noch vor zehn Tagen hätte es vielleicht genügt, um das zu bewirken, was der Alte erreichen wollte: den Jungen dazu zu provozieren, ihn schnell zu töten. Aber Mordred war rasch gereift und widerstand jetzt seinem ersten Impuls, einfach über die Brücke zu stürmen, dabei die Gestalt zu wechseln und Rando Thoughtful mit einem einzigen Schlag eines stacheligen Beins den Kopf vom Leib zu reißen.
    Stattdessen sah er zu den Krähen auf – die sich jetzt zu hunderten versammelt hatten –, und sie erwiderten seinen Blick so aufmerksam wie Schüler in einem Klassenzimmer. Der Junge machte eine flatternde Bewegung mit den Armen, dann zeigte er auf den Alten. Sofort erfüllte Flügelschwirren die Luft. Der Lordkanzler des Königs wandte sich sofort zur Flucht, aber bevor er auch nur einen einzigen Schritt tun konnte, fielen die Krähen in einer tintenschwarzen Wolke über ihn her. Er riss die Arme hoch, um sein Gesicht zu schützen, als sie auf Kopf und Schultern landeten und ihn in eine Vogelscheuche verwandelten. Dieser Reflex nutzte ihm jedoch nichts; weitere Krähen setzten sich nun auf seine erhobenen Arme, bis das schiere Gewicht der Vögel ihn zusammenbrechen ließ. Schnäbel pickten und hackten ins Gesicht des Alten und überzogen es mit einer Tätowierung aus winzigen Blutflecken.
    »Nein!«, rief Mordred. »Hebt mir seine Haut auf … die Augen könnt ihr meinetwegen haben.«
    Als die gierigen Krähen nun Rando Thoughtful die Augen aus den Höhlen pickten, war das der Zeitpunkt, wo der ehemalige Lordkanzler den anschwellenden Schrei ausstieß, den Roland und Susannah hörten, während sie an der Straßenkreuzung rasteten. Die Vögel, die nicht auf ihm Platz fanden, umflatterten ihn wie eine lebende Gewitterwolke. Sie drehten ihn levitierend auf den Bauch und trugen ihn zu dem Verwandelten, der jetzt zur Brückenmitte vorgeprescht war und dort hockte. Die Stiefel und die zerschlissene wattierte Jacke waren vorläufig auf der Stadtseite der Brücke zurückgeblieben; was nun auf Sai Thoughtful wartete – auf den Hinterbeinen aufgerichtet, mit den Vorderbeinen in die Luft krallend, das rote Mal auf dem behaarten Unterleib nur allzu deutlich sichtbar – war Dan-Tete, der Kleine Rote König.
    Der Mann schwebte seinem Schicksal

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