Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
ihn.
»Nein«, sagte der Alte. Er ließ sich müde seufzend auf der Brücke nieder. Als eine der Schlangen auf seinen Schoß kriechen wollte, wischte er sie mit einer Bewegung beiseite, die geistesabwesend und ungeduldig zugleich war. »Aber ich hatte meine Befehle, die hatte ich.«
Susannah starrte die Leichen der beiden anderen mit entsetzter Faszination an. Femalo und Fumalo, jetzt lediglich zwei tote alte Männer, verwesten unnatürlich schnell, wobei ihre pergamentartige Haut auf die Knochen zurückwich und träge Eiterrinnsale austreten ließ. Während Susannah das beobachtete, tauchten die Augenhöhlen von Femalos Schädel wie zwei Periskope auf und verliehen ihm sekundenlang einen schockierten Ausdruck. Einige der Schlangen wanden und schlängelten sich inzwischen um die verwesenden Leichen. Andere krochen in den Korb mit den von Maden wimmelnden Gliedmaßen – zweifellos auf der Suche nach den wärmeren tieferen Regionen. Die Verwesung brachte ihr eigenes zeitweiliges Fieber mit sich, und Susannah vermutete, dass sie selbst in Versuchung gewesen wäre, seine Wärme möglichst zu genießen. Das heißt, wenn sie eine Schlange gewesen wäre.
»Werdet ihr mich umbringen?«, fragte Fimalo.
»Nay«, sagte Roland, »weil du nämlich noch einen weiteren Auftrag auszuführen hast. Nach uns wird noch jemand hierherkommen.«
Fimalo hob den Kopf. In den wässrigen alten Augen blitzte Interesse auf. »Euer Sohn?«
»Meiner, aber auch der deines Herrn. Würdest du ihm bei eurem Palaver etwas von mir ausrichten?«
»Wenn ich bis dahin lebe und es ausrichten kann, gewiss.«
»Richte ihm aus, dass ich alt und erfahren bin, während er nichts als jung ist. Bestell ihm, dass er sich seine Racheträume vielleicht noch etwas länger bewahren kann, wenn er sich zurückhält … auch wenn ich nicht weiß, was ich getan habe, um seine Rache zu verdienen. Und sag ihm, dass ich ihn töten werde, sollte er mich angreifen, genau wie ich vorhabe, seinen Roten Vater zu töten.«
»Entweder hörst du zu und verstehst es nicht«, sagte Fimalo, »oder du verstehst es, aber glaubst es nicht.« Seit seine List enttarnt war (nichts so Glanzvolles wie ein Uffi, dachte Susannah; nur ein ehemaliger Werbemann aus dem Bundesstaat New York), wirkte er unsagbar müde. »Ihr könnt kein Wesen mehr töten, das sich bereits selbst getötet hat. Ihr könnt auch den Dunklen Turm nicht betreten, weil der nämlich nur einen Eingang hat, und der Balkon, auf dem Los’ gefangen ist, beherrscht ihn. Außerdem hat er reichlich Waffen zur Verfügung. Allein die Schnaatze würden euch aufspüren und erledigen, bevor ihr auch nur das halbe Rosenfeld durchquert hättet.«
»Das soll dann allein unsere Sorge sein«, sagte Roland, und Susannah fand, dass er selten ein wahreres Wort gesprochen hatte; sie machte sich allerdings schon jetzt Sorgen. »Und was dich angeht, wirst du Mordred meine Nachricht übermitteln, wenn du ihn siehst?«
Fimalo vollführte eine zustimmende Handbewegung.
Roland schüttelte den Kopf. »Nicht einfach nur mit der Hand wedeln, Freundchen – ich will’s aus deinem Mund hören.«
»Ich gebe deine Nachricht weiter«, sagte Fimalo und fügte dann hinzu: »Falls ich ihn sehe und wir zum Palavern kommen.«
»Das werdet ihr. Schönen Tag noch.« Roland wollte sich nun endgültig abwenden, aber Susannah packte ihn am Arm und hielt ihn zurück.
»Schwört mir, dass alles, was ihr uns erzählt habt, wahr ist«, forderte sie den hässlichen Alten auf, der auf der Steinbrücke unter dem kalten Blick der Krähen saß, die nach und nach wieder ihre früheren Plätze einnahmen. Sie hatte keinen blassen Schimmer, was sie dadurch erfahren oder damit beweisen wollte. Würde sie selbst jetzt überhaupt erkennen, ob dieser Mann log? Wahrscheinlich nicht. Aber sie ließ sich nicht beirren. »Schwört’s mir beim Namen Eures Vaters und bei seinem Angesicht.«
Als der Alte seine Rechte mit ihr zugekehrter Handfläche hob, konnte sie selbst darin Geschwüre entdecken. »Ich schwöre es beim Namen von Andrew John Cornwell aus Tioga Springs, New York. Und auch bei seinem Angesicht. Der König dieses Schlosses ist wirklich dem Wahnsinn verfallen, hat wirklich alle Zaubergläser zertrümmert, die in seinen Besitz gelangt waren. Er hat sein Gefolge wirklich dazu gezwungen, Gift zu nehmen, und dessen Sterben wirklich genüsslich beobachtet.« Mit der zum Schwur erhobenen Rechten machte er eine Bewegung, die den Korb mit abgetrennten Gliedmaßen
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