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Der Dunkle Turm 7 - Der Turm

Titel: Der Dunkle Turm 7 - Der Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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mir?« Roland kniete nieder und ergriff ihre kalte Hand. Gemeinsam wandten sie sich dem Hirschkopf zu.
    »Wir danken dir für das, was wir empfangen werden«, sagte Roland zu dem Kopf, und Susannah empfand einen leichten Schauder. Genauso hatte ihr Vater immer das Tischgebet vor einem großen Mahl begonnen, wenn dort die ganze Familie versammelt gewesen war.
    Unsere eigene Familie ist zerbrochen, dachte sie, ohne es jedoch auszusprechen; geschehen war geschehen. Sie antwortete mit den Worten, die sie als kleines Mädchen gelernt hatte: »Vater, wir danken dir.«
    »Leite unsere Hände und leite unsere Herzen, während wir aus dem Tod Leben gewinnen«, sagte Roland. Dann sah er mit hochgezogenen Augenbrauen zu ihr hinüber und fragte wortlos, ob sie noch etwas hinzufügen wolle.
    Susannah merkte, wie ihr die Worte von selbst kamen. »Vater unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme, Dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf Erden. Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen; denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.«
    »Das ist ein schönes Gebet«, sagte er.
    »Ja«, sagte sie. »Ich hab’s vielleicht nicht ganz richtig gesagt – das letzte Mal liegt schon lange zurück –, aber es bleibt das beste Gebet. Aber jetzt sollten wir lieber weiterarbeiten, solange ich meine Hände noch spüren kann.«
    Roland sagte amen.
     
     
    6
     
    Roland ergriff den abgetrennten Kopf des einjährigen Hirschs (an den Geweihansätzen ließ er sich gut anfassen), stellte ihn vor sich hin und schlug dann mit dem faustgroßen Felsbrocken auf den Schädel. Dabei war ein gedämpftes Knacken zu hören, bei dem sich Susannah der Magen verkrampfte. Roland packte die Geweihstangen und ruckte an ihnen, erst nach links, dann nach rechts. Als Susannah sah, wie das gespaltene Schädeldach sich unter dem Fell bewegte, verkrampfte sich ihr Magen nicht nur; er beschrieb einen langsamen Looping.
    Roland schlug noch zwei weitere Male zu, wobei er das Stück Chert mit fast chirurgischer Präzision führte. Dann benutzte er sein Messer, um die Kopfhaut kreisförmig einzuschneiden, bevor er sie wie eine Kappe abzog. Nun war der eingeschlagene Schädel darunter sichtbar. Er schob die Messerklinge in einen Spalt und verwendete sie als Hebel. Als das Gehirn des Hirschs freigelegt war, nahm er es heraus, legte es sorgfältig beiseite und sah zu Susannah hinüber. »Wir brauchen die Gehirne aller Tiere, die wir geschossen haben – dazu benötigen wir den Hammer.«
    »Aha«, sagte sie mit gepresster Stimme. »Gehirne.«
    »Zum Gerben. Aber Chert lässt sich noch anders verwenden. Pass auf.« Er zeigte ihr, wie man zwei Steine zusammenschlug, bis einer oder beide zersprangen, wobei allerdings statt unregelmäßiger Klumpen große, fast glatte Stücke entstanden. Sie wusste, dass metamorphe Gesteine sich auf diese Weise spalten ließen, aber Schiefer und dergleichen war meistens zu weich, um gute Werkzeuge abzugeben. Dieses Zeug aber war richtig hart.
    »Wenn du Stücke bekommst, die auf einer Seite dick genug sind, um sich gut anfassen zu lassen, und auf der anderen schmal auslaufen«, sagte Roland, »legst du sie beiseite. Das sind dann unsere Schaber. Wir könnten natürlich Holzgriffe dafür anfertigen, aber dazu reicht die Zeit nicht. Bis wir uns schlafen legen, werden wir also reichlich wunde Hände haben.«
    »Wie lange wird es deiner Meinung nach dauern, genügend Schaber herzustellen?«
    »Nicht sehr lange«, sagte Roland. »Chert zerbricht glücklich, habe ich immer gehört.«
    Während Roland nun Brennholz auf die kleine Lichtung zwischen Weiden und Erlen an dem zugefrorenen Bach schleppte, machte Susannah sich am Bachufer auf die Suche nach Chert. Nachdem sie ein Dutzend große Brocken gefunden hatte, stieß sie auch auf einen großen Granitblock, dessen glatte, vom Wasser geformte Rundung aus dem Erdboden ragte. Sie fand, dass er einen ausgezeichneten Amboss abgeben würde.
    Der Chert zerbrach tatsächlich glücklich, und sie hatte bereits dreißig mögliche Schaber neben sich liegen, als Roland mit der dritten großen Ladung Brennholz zurückkam. Er häufte etwas Anmachholz auf, das Susannah mit ihren Händen schützte. Unterdessen war der Schneeregen stärker geworden, und obwohl sie unter verhältnismäßig dichten Bäumen arbeiteten, würde es vermutlich nicht mehr lange dauern, bis sie beide völlig

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