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Der Dunkle Turm 7 - Der Turm

Titel: Der Dunkle Turm 7 - Der Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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durchnässt waren.
    Als das Feuer brannte, trat Roland ein paar Schritte zurück, sank abermals auf die Knie und faltete die Hände.
    »Noch ein Gebet?«, fragte sie amüsiert.
    »Was einem in der Kindheit beigebracht wird, bleibt einem das ganze Leben«, sagte Roland. Er schloss kurz die Augen, dann hob er die gefalteten Hände an den Mund und drückte einen Kuss darauf. Das einzige Wort, das sie ihn sagen hörte, war Gan. Schließlich öffnete er die Augen, hob die Hände, breitete sie aus und vollführte eine anmutige Bewegung, als würde er Vögel gen Himmel fliegen lassen. Als er wieder sprach, klang seine Stimme nüchtern und trocken. Wieder ganz geschäftsmäßig. »Das hätten wir also«, sagte er. »Los, an die Arbeit!«
     
     
    7
     
    Sie flochten Stricke aus Gras, genau wie Mordred es getan hatte, und hängten den ersten Hirsch – das bereits kopflose Tier – mit den Hinterläufen an einen niedrigen Weidenast. Roland benutzte sein Messer, um ihm den Bauch aufzuschneiden, griff dann hinein, wühlte in den Eingeweiden herum und brachte zwei tropfende rote Organe zum Vorschein, die Susannah für die Nieren hielt.
    »Die helfen gegen Fieber und Husten«, sagte er und biss in eines der Teile wie in einen Apfel. Susannah machte ein würgendes Geräusch und wandte sich ab, um den Bach zu betrachten, bis er fertig war. Dann drehte sie sich wieder um und sah ihm zu, wie er Kreise um die herabhängenden Läufe schnitt, wo sie in den Körper übergingen.
    »Und? Fühlst du dich schon besser?«, fragte sie unbehaglich.
    »Die Wirkung kommt erst«, sagte er. »Hilf mir jetzt, diesen Burschen zu enthäuten. Das erste Fell nehmen wir her, wies ist – wir brauchen eine Wanne für unser Gerbhirn. Jetzt sieh gut her.«
    Er grub die Finger an einer Stelle unter das Hirschfell, wo es durch eine dünne Fett- und Muskelschicht am Körper festgehalten wurde. Das Fell ließ sich leicht bis etwa zur Körpermitte herunterreißen. »Jetzt versuch’s auf deiner Seite, Susannah.«
    Schwierig war es nur, die Finger weit genug einzugraben. Dann zogen sie beide gemeinsam. Als das Fell bis zu den baumelnden Vorderläufen herabhing, erinnerte es entfernt an ein Hemd. Roland benutzte sein Messer, um es abzuschneiden, und fing dann an, etwas abseits des prasselnden Feuers, aber noch unter den Bäumen, eine Grube auszuheben. Susannah half ihm und genoss das Gefühl, wie ihr der Schweiß über Gesicht und Körper lief. Nachdem sie eine flache Mulde ausgehoben hatten, die gut einen halben Meter breit und einen Viertelmeter tief war, kleidete Roland sie mit dem Fell aus.
    Den ganzen Nachmittag lang wechselten sie sich dabei ab, die übrigen acht erlegten Hirsche abzuhäuten. Das Ganze musste so schnell wie möglich geschehen; sobald die Fett- und Muskelschicht nämlich unter der Haut austrocknete, wurde die Arbeit mühsamer und damit auch zeitraubender. Der Revolvermann achtete darauf, dass das Feuer weiter loderte, und ließ Susannah zwischendurch allein arbeiten, um Holzasche herauszurechen. Wenn diese so weit abgekühlt war, dass sie keine Löcher mehr in die Auskleidung der Mulde brennen konnte, schob er sie dort hinein. Gegen fünf Uhr nachmittags konnte Susannah kaum noch die Arme heben, aber sie arbeitete verbissen weiter. Rolands Gesicht, Hals und Hände waren von der Asche auf komische Weise geschwärzt.
    »Du siehst wie der Sänger in einer Minstrel-Show aus«, sagte sie. »Rastus Coon.«
    »Wer ist das?«
    »Bloß jemand, der sich zum Narren der Weißen macht«, antwortete sie. »Glaubst du, dass Mordred zurzeit irgendwo dort draußen ist und uns bei der Arbeit zusieht?« Sie hatte den ganzen Tag die Augen nach ihm offen gehalten.
    »Nein«, sagte er und richtete sich auf, um eine Pause zu machen. Er strich sich die Haare aus der Stirn und hinterließ dabei eine frische Aschespur, die Susannah an die Bußfertigen am Aschermittwoch denken ließ. »Ich glaube, er ist fort, um selbst zu jagen.«
    »Mordred sein hongrig«, sagte sie. Und dann: »Du kannst Fühlung zu ihm aufnehmen, stimmt’s? Zumindest genug, um zu wissen, ob er hier ist oder nicht.«
    Roland dachte darüber nach, dann sagte er einfach: »Ich bin sein Vater.«
     
     
    8
     
    Bei Einbruch der Dunkelheit hatten sie einen Stapel Hirschfelle und einen Berg enthäuteter, kopfloser Kadaver, die bei wärmerem Wetter bestimmt von Fliegen schwarz gewesen wären. Sie schlugen sich wieder mit zischend heißen, absolut köstlichen Hirschsteaks voll, und Susannah hatte einen

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