Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
der nicht entfernt großartig genug war, um als Scheune bezeichnet zu werden – wieherte das Pferd noch einmal, und der Alte schwenkte wieder seinen Stock, wobei er fast auf den festgefahrenen Schnee geknallt wäre. Mit seiner unbeholfenen, aber trotzdem flinken Gangart hatte er jetzt schon die Hälfte des Wegs zu ihnen zurückgelegt. Er rettete sich vor einem bösen Sturz, indem er auf den Stock gestützt halb hüpfend, halb rutschend zum Stehen kam, und schwenkte ihn dann fröhlich in ihre Richtung.
»Heil, Revolvermänner!«, rief der Alte. Zumindest seine Lunge funktionierte bewundernswert gut. »Revolvermänner auf Pilgerfahrt zum Dunklen Turm, das müsst ihr sein, das müsst ihr sein, denn seh ich nicht die großen Schießeisen mit den gelblichen Holzgriffen? Und der Balken ist wieder da, schön und stark, jedenfalls ich spüre ihn, und Lippy tut’s auch! Munter wie ein Fohlen, das ist sie seit Weihnachten – oder was ich Weihnachten nenn, weil ich kein Kalender hab und auch den Weihnachtsmann nich gesehn hab, womit ich aber nich rechne, weil ich doch ein braver Junge gewesen bin, oder? Niemals! Niemals! Brave Jungen kommen in den Himmel, und alle meine Freunde sind an dem anderen Ort, rösten in des Teufels Bude Marshmallows und trinken Nozzy mit Whiskey! Arrr, hört mich nur reden, mein Mundwerk ist eingerostet und läuft trotzdem wie geschmiert! Heil dem einen, heil dem andern und heil dem pelzigen kleinen Kobold dazwischen! Ein Billy-Bumbler, so wahr ich lebe und atme! Jau, ist echt schön, euch zu sehen! Joe Collins ist mein Name, Joe Collins aus der Odd’s Lane, selbst ein Kauz, einäugig und lahm, das bin ich, aber sonst zu euren Diensten!«
Er hatte jetzt die Schneewehe erreicht, die den Punkt bezeichnete, an dem die Tower Road endete … oder begann, je nachdem, wie man das betrachtete oder in welche Richtung man unterwegs war, vermutete Susannah. Er sah zu ihnen auf, ein Auge glänzend wie das eines Vogels, das andere mit stumpfer Faszination in die Schneewüste starrend.
»Lange Tage und angenehme Nächte, yar, das sag ich, und wer was anderes sagen tät, der ist eh nich hier, wen kümmert’s also einen Scheiß, was er sagen tät?« Aus einer Tasche holte er etwas, was nur ein Gummibonbon sein konnte, und warf es hoch. Oy fing es mühelos aus der Luft: Schnapp!, und schon war es fort.
Darüber mussten Roland und Susannah lachen. Es fühlte sich seltsam an, aber es war ein gutes Gefühl, so als fände man etwas Wertvolles wieder, das man lange für immer verloren geglaubt hatte. Selbst Oy schien nun zu grinsen, und falls das Pferd ihn störte (es wieherte nochmals laut, während sie aus ihrer überhöhten Position auf der Schneewehe auf Sai Collins hinabsahen), ließ er sich nichts anmerken.
»Ich hab eine Million Fragen an euch«, sagte Collins, »aber ich will nur mit einer anfangen: Wie zum Teufel wollt ihr von dieser Schneewehe runterkommen?«
4
Wie sich zeigte, rutschte Susannah einfach hinunter, indem sie die Schleppbahre als Schlitten benutzte. Sie entschied sich für die Stelle, wo das Nordwestende der Odd’s Lane im Schnee verschwand, weil der Wall dort nicht ganz so steil war. Ihre Fahrt war kurz, aber nicht glatt. Im unteren Drittel der Abfahrt prallte sie gegen einen großen Eisblock, fiel von der Schleppbahre und legte den Rest der Strecke wild lachend unter Purzelbäumen zurück. Die Schleppbahre kippte um – machte einen Kopfstand, wenn’s beliebt – und verstreute ihre Gunna in sämtliche Richtungen.
Roland und Oy waren mit einigen Sätzen bei ihr. Roland, der sichtlich besorgt war, beugte sich sofort über sie, und Oy beschnüffelte fürsorglich ihr Gesicht, aber Susannah lachte noch immer. Das tat auch der alte Kauz. Daddy Mose hätte sein Lachen »fröhlich wie das Hutband von Dads Strohhut« genannt.
»Mir fehlt nichts, Roland – glaub mir, als Kind bin ich mit meinem Dreirad schlimmer gestürzt.«
»Ende gut, alles gut«, stimmte Joe Collins zu. Er begutachtete sie mit seinem gesunden Auge, wie um sicherzugehen, dass ihr auch wirklich nichts fehlte, und begann dann, einige der verstreuten Gegenstände aufzuheben, wobei er sich mühsam auf den Stock stützte. Sein dünnes weißes Haar wehte um sein rosiges Gesicht.
»Nah, nah«, sagte Roland und streckte eine Hand aus, um ihn am Arm festzuhalten. »Lasst mich das machen, bevor Ihr auf Euren Podex fallt.«
Das quittierte der Alte mit neuerlichem Lachen, in das Roland bereitwillig einfiel. Im Anbau
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