Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
so bescheiden et cet’ra«, sagte Joe und führte sie in seine Küche. Sie war mit astreichem Fichtenholz getäfelt, das in Wirklichkeit allerdings aus Kunststoffpaneelen bestand, wie Susannah sah, als sie es näher betrachtete. Und sie war herrlich warm. Auf dem Elektroherd stand der Firmenname Rossco, einer, den sie noch nie gehört hatte. Der Kühlschrank, ein Amana, hatte vorn über dem Türgriff eine spezielle kleine Klappe. Susannah sah sie sich aus der Nähe an und las die Wörter MAGIC ICE. »Dieses Ding macht Eiswürfel?«, fragte sie entzückt.
»Hm, nein, nicht ganz«, sagte Joe. »Machen tut sie das Gefrierfach, meine Schöne; dieses Ding hier vorn lässt sie bloß in Ihren Drink fallen.«
Das kam ihr komisch vor, und sie lachte. Dabei fiel ihr Blick auf Oy, der mit seinem alten teuflischen Grinsen zu ihr aufsah, was sie aber nur noch mehr zum Lachen brachte. Abgesehen von den modernen Großgeräten war diese Küche wundervoll nostalgisch; sie roch nach Zucker und Gewürzen und allen möglichen altmodischen Düften.
Roland sah interessiert zu den Leuchtstoffröhren auf, und Collins nickte. »Yar, yar, hab alles ’lektrisch«, sagte er. »Auch ’ne Warmluftheizung, ist das nicht nett? Und niemand schickt mir jemals ’ne Rechnung! Der Generator steht in ’nem kleinen Schuppen auf der anderen Seite. Ein Honda, und still wie ein Sonntagmorgen! Sogar wenn man dicht vor dem Schuppen steht, hört man nix als ein mmmmmm. Stotter-Bill füllt den Propangastank und erledigt die Wartungsarbeiten, wenn’s welche braucht, was in meiner ganzen Zeit hier aber nur zweimal der Fall war. Ach was, Joey erzählt Lügen, dass sich die Balken biegen, ’s waren drei Male. Insgesamt drei.«
»Wer ist Stotter-Bill?«, fragte Susannah, während Roland gleichzeitig fragte: »Wie lange seid Ihr schon hier?«
Joe Collins lachte. »Einer nach dem andern, meine lieben neuen Freunde, einer nach dem andern!« Er hatte den Stock beiseite gestellt, um sich den Parka über den Kopf zu ziehen, belastete dabei versehentlich sein schlimmes Bein, stieß ein leises Knurren aus und fiel beinahe hin. Wäre hingefallen, wenn Roland ihn nicht gestützt hätte.
»Dank euch, dank euch, dank euch«, sagte Joe. »Muss euch allerdings sagen, dass das nich das erste Mal gewesen wär, dass ich mit der Nase auf dem Lernoleum lande! Aber da Sie mich diesmal davor bewahrt haben, will ich Ihre Frage zuerst beantworten. Als Odd Joe von der Odd’s Lane lebe ich seit etwa siebzehn Jahren hier. Dass ich’s euch nich haargenau sagen kann, kommt nur daher, dass die Zeit eine Weile gottverdammt komisch war, wenn ihr wisst, was ich meine.«
»Das tun wir«, sagte Susannah. »Glauben Sie mir, das tun wir.«
Collins zog jetzt seinen Pullover aus, und darunter kam ein weiterer zum Vorschein. Susannah hatte ihn auf den ersten Blick für einen stämmigen, fast dicken alten Mann gehalten. Jetzt sah sie, dass der größte Teil dessen, was sie für Leibesfülle gehalten hatte, nur Auspolsterung gewesen war. Er war zwar keineswegs so zaundürr wie sein altes Pferd, aber weit davon entfernt, stämmig zu sein.
»Was Stotter-Bill angeht«, fuhr der Alte fort, indem er den zweiten Pullover auszog, »das ist ein Roboter. Putzt mir das Haus und sorgt dafür, dass der Generator läuft … und räumt natürlich Schnee. Als ich hergekommen bin, hat er nur manchmal gestottert; jetzt tut er’s bei jedem zweiten oder dritten Wort. Was ich machen werd, wenn er mal irgendwann stehen bleibt, weiß ich nich.« Susannah fand, dass das einzigartig unbesorgt klang.
»Vielleicht wird es ihm auch bald besser gehen, wo doch der Balken jetzt wieder in Ordnung ist«, sagte sie.
»Vielleicht hält er dadurch ein bisschen länger, aber ich hab da verdammt starke Zweifel, dass es mit ihm je besser wird«, sagte Joe. »Maschinen werden nicht wieder gesund, so wie das Lebewesen tun.« Er war bei seinem Thermo-Unterhemd angelangt, und hier hörte der Striptease auch auf. Susannah war erleichtert. Der Anblick der irgendwie grässlichen Trommel aus Pferderippen, so dicht unter dem kurzen grauen Fell, hatte ihr gereicht. Sie hatte nicht den Wunsch, auch noch die von Lippys Herrn zu sehen.
»Runter mit euren Mänteln und euren Leggings«, sagte Joe. »Gleich gibt’s Eierlikör oder was ihr sonst mögt, aber erst will ich euch noch mein Wohnzimmer zeigen. Es ist nämlich mein ganzer Stolz, das ist es.«
6
Auf dem Flickenteppich, der den Fußboden im Wohnzimmer bedeckte und
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