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Der Dunkle Turm 7 - Der Turm

Titel: Der Dunkle Turm 7 - Der Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Sie sieht es an seinem Gesicht. Vor allem in seinen Augen. Die Weihnachtssänger aus Harlem singen, und er hält ihr den Becher mit heißer Schokolade hin.
    »Gott sei Dank«, sagt er. »Ich dachte wirklich schon, ich müsste sie selbst trinken. Dass die Stimmen mich getäuscht haben, dass ich allmählich durchdrehe. Dass … na ja …« Er spricht nicht weiter, sieht jetzt nicht nur verwirrt, sondern ängstlich aus. »Hören Sie, Sie sind doch meinetwegen hier, stimmt’s? Bitte sagen Sie mir, dass ich kein völliger Idiot bin. Ich bin nämlich nervös, Lady, wie ’ne langschwänzige Katze in einem Zimmer voller Schaukelstühle.«
    »Das sind Sie nicht«, sagt sie. »Kein völliger Idiot, meine ich.« Sie erinnert sich daran, wie Jake von den Stimmen in seinem Kopf erzählt hat, von denen eine laut rief, er sei tot, während die andere ebenso energisch widersprach. Beide völlig überzeugt. Sie ahnt zumindest, wie schrecklich das sein muss, weil sie ein wenig Erfahrung mit anderen Stimmen hat. Mit seltsamen Stimmen.
    »Gott sei Dank«, sagt er. »Ihr Name ist Susannah?«
    »Ja«, sagt sie. »Mein Name ist Susannah.«
    Ihre Kehle ist schrecklich trocken, aber sie bringt immerhin die Worte heraus. Sie nimmt ihm den Pappbecher aus der Hand und schlürft heiße Schokolade durch das Sahnehäubchen. Sie ist süß und gut, ein Geschmack von dieser Welt. Die Geräusche der hupenden Taxis, deren Fahrer sich beeilen, noch etwas zu verdienen, bevor der Schneesturm den Verkehr zum Erliegen bringt, sind ebenso gut. Er streckt grinsend eine Hand aus und wischt einen winzigen Sahneklecks von ihrer Nasenspitze. Diese Berührung ist elektrisierend, und sie sieht, dass auch er das spürt. Ihr fällt ein, dass er sie wieder zum ersten Mal küssen und wieder zum ersten Mal mit ihr schlafen und sich wieder zum ersten Mal in sie verlieben wird. Das alles mag er wissen, weil die Stimmen es ihm gesagt haben, aber sie weiß es aus einem besseren Grund: weil diese Dinge bereits geschehen sind. Ka ist ein Rad, hat Roland gesagt, und nun weiß sie, dass das stimmt. Ihre Erinnerungen an
    (Mittwelt)
    das Wo und Wann des Revolvermanns beginnen verschwommen zu werden, aber sie glaubt, dass sie eben genug im Gedächtnis behalten wird, um zu wissen, dass alles schon einmal passiert ist, und das hat etwas unendlich Trauriges an sich.
    Aber zugleich ist es gut.
    Es ist ein verdammtes Wunder, sonst nichts.
    »Ist dir kalt?«, fragt er.
    »Nein, gar nicht. Warum?«
    »Du hast gezittert.«
    »Nur weil die Sahne so süß ist.« Während sie ihm weiter in die Augen sieht, streckt sie die Zunge heraus und leckt etwas von der Sahne mit den Schokostreuseln ab.
    »Auch wenn du jetzt nicht frierst, bald wirst du’s tun«, sagt er. »Im Radio heißt es, dass die Temperatur heute Nacht um zehn Grad sinken soll. Deshalb habe ich auch was für dich gekauft.« Aus seiner Hüfttasche zieht er eine Strickmütze von der Art, die man über die Ohren ziehen kann. Vorn drauf ist mit roter Wolle FRÖHLICHE WEIHNACHT aufgestickt.
    »Die hab ich bei Brendio’s auf der Fifth Avenue gekauft«, sagt er.
    Susannah hat noch nie von Brendio’s gehört. Vielleicht von Brentano’s, der Buchhandlung, aber nicht von Brendio’s. Aber in dem Amerika, in dem sie aufgewachsen ist, hatte sie natürlich auch nichts von Nozz-A-La oder Autos gehört, die Takuro Spirit hießen. »Haben deine Stimmen dir gesagt, dass du sie kaufen sollst?« Sie zog ihn jetzt ein bisschen auf.
    Er wird rot. »Na ja, also, eigentlich haben sie’s tatsächlich getan. Probier sie auf.«
    Sie passt genau.
    »Erzähl mir was anderes«, sagt sie. »Wer ist gerade Präsident? Aber erzähl mir bloß nicht, dass es Ronald Reagan ist, ja?«
    Er starrt sie einen Augenblick lang ungläubig an, dann lächelt er. »Wer? Der alte Schauspieler, der im Fernsehen die Serie Death Valley Days moderiert hat? Das soll ein Witz sein, oder?«
    »Nein. Ich dachte immer, du machst Witze mit Ronnie Reagan, Eddie.«
    »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    »Schon gut, erzähl mir einfach, wer Präsident ist.«
    »Gary Hart«, sagt er, als spräche er mit einem Kind. »Aus Colorado. Wie du bestimmt weißt, ist er im Jahr 1980 fast aus dem Rennen ausgeschieden – wegen angeblicher krummer Touren. Dann hat er gesagt: ›Zum Teufel mit denen, wenn sie keinen Spaß verstehen‹, und hat durchgehalten. Hat einen Erdrutschsieg erzielt.«
    Sein Lächeln verblasst etwas, während er sie studiert.
    »Du machst mir nicht irgendwas vor,

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