Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
rückwärts, und die Tür schwang wieder zu. Auf der Piper School hatte Jake einmal etwas von der Schlacht bei den Thermopylen gehört, in der die Griechen ein zehnfach stärkeres Perserheer aufgehalten hatten. Die Griechen hatten die Perser in einen Engpass gelockt; er hatte seine Küchentür. Solange sie einzeln oder zu zweit hindurchkamen – und das mussten sie, außer sie konnten ihn irgendwie umgehen –, konnte er sie wie bisher wegputzen.
Zumindest, bis ihm die Orizas ausgingen.
»Schusswaffen?«, fragte er Jochabim. »Gibt’s hier Schusswaffen?«
Jochabim schüttelte den Kopf, aber wegen der irritierenden Beschränktheit des jungen Mannes war nicht recht auszumachen, ob das Keine Schusswaffen in der Küche oder Ich versteh dich nicht heißen sollte.
»Okay, ich muss weiter«, sagte Jake. »Und wenn du nicht abhaust, solange du die Gelegenheit dazu hast, bist du noch dümmer, als du aussiehst. Was viel behauptet wäre. Dort draußen gibt’s Videospiele, Mann – denk mal darüber nach!«
Jochabim starrte ihn jedoch weiter verständnislos an, weshalb Jake aufgab. Er wollte eben etwas zu Oy sagen, als jemand ihn durch die Tür hindurch ansprach.
»He, Knabe!« Rau. Selbstbewusst. Wissend. Die Stimme eines Mannes, der dich um einen Fünfer erleichtern oder mit deiner Freundin schlafen kann, wann’s ihm Spaß macht, dachte Jake. »Dein Freund der Faddah ist tot. Der Faddah ist jetzt eigentlich sogar Dinnah. Wenn du jetzt rauskommst, ohne weiter Faxen zu machen, lässt sich vielleicht vermeiden, dass du die Nachspeise wirst.«
»Dreh’s seitwärts und steck’s dir in den Hintern«, rief Jake zurück. Das drang sogar durch Jochabims Beschränktheit; er wirkte ziemlich schockiert.
»Letzte Chance«, sagte die raue, wissende Stimme. »Komm jetzt da raus.«
»Komm doch rein!«, rief Jake seinerseits. »Ich hab noch reichlich Teller!« Irgendwie spürte er dennoch den aberwitzigen Drang, einfach loszustürmen, durch die Tür zu brechen und den Kampf in die Reihen der niederen Männer und Frauen im Speisesaal des Restaurants zu tragen. Wobei diese Idee nicht einmal verrückt war, wie Roland recht gut gewusst hätte; damit rechneten sie garantiert nicht, und Jake hätte zumindest eine Fifty-fifty-Chance gehabt, sie mit einem halben Dutzend blitzschnell geworfener Teller in Panik zu versetzen und in die Flucht zu treiben.
Das Problem waren die Ungeheuer, die hinter dem Wandteppich geprasst hatten. Die Vampire. Sie würden nicht in Panik geraten, das wusste Jake. Wären die Großväter irgendwie imstande gewesen, in die Küche zu gelangen (möglicherweise war es auch nur Mangel an Interesse, der sie im Speisesaal zurückhielt – das und die letzten Überreste der Leiche des Peres), wäre er bereits tot, das ahnte er. Jochabim vermutlich ebenfalls.
Er ließ sich auf ein Knie nieder. »Oy, such Susannah!«, murmelte er und bekräftigte diesen Befehl mit einem raschen mentalen Bild.
Der Bumbler warf Jochabim einen letzten misstrauischen Blick zu, dann machte er sich daran, auf dem Fußboden herumzuschnüffeln. Die Fliesen waren feucht, weil vor kurzem offenbar aufgewischt worden war, und Jake befürchtete schon, dass der Bumbler keine Fährte würde aufnehmen können. Aber dann gab Oy einen kurzen, knappen Laut von sich – mehr ein Blaffen als ein verständliches Wort –, worauf er mit tief gesenkter Nase durch den Mittelgang zwischen den Herden und Warmhalteplatten davonhastete, wobei er nur einen kurzen Umweg machte, um dem rauchenden Leichnam von Chefkoch Warzenschwein auszuweichen.
»Hör mal, du kleiner Dreckskerl!«, rief der niedere Mann von draußen. »Ich verliere langsam die Geduld mit dir!«
»Klasse!«, rief Jake. »Komm doch rein! Mal sehen, ob du dann auch wieder rausgehen kannst!«
Er legte einen Zeigefinger auf die Lippen, um Schweigen zu gebieten, während er Jochabim ansah. Er wollte sich abwenden und wegrennen, hatte aber keine Ahnung, wie lange es dauern würde, bis der Spüler durch die Tür rief, dass der Junge und sein Billy-Bumbler die Thermopylen nicht mehr hielten. Zu seiner Überraschung sagte Jochabim mit sehr leiser Stimme, die kaum mehr als ein Flüstern war, ein paar Worte.
»Was?«, fragte Jake und sah ihn unsicher an. Er glaubte, Hüte dich vor der Gedankenfalle gehört zu haben, aber das ergab keinen Sinn. Oder vielleicht doch?
»Hüte dich vor der Gedankenfalle«, sagte Jochabim, diesmal viel deutlicher, dann wandte er sich wieder seinen Töpfen im Spülwasser
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