Der dunkle Turm - Gesamtausgabe
nicht ab«, sagte er dem wankenden Mann vor sich. »Ich weiß nicht, wer Sie sind oder wo ich bin, aber ich sage Ihnen, es ist zuviel Band und zuwenig Zeit.«
14
Deere, der Kopilot, schlug vor, Kapitän McDonald solle aufhören, gegen die Tür zu schlagen, als McDonald in seiner Frustration über die ausbleibende Reaktion von 3A damit angefangen hatte.
»Wohin soll er denn gehen?« fragte Deere. »Was kann er tun? Sich selbst das Klo runterspülen? Dazu ist er zu groß.«
»Aber wenn er etwas bei sich hat…«, begann McDonald.
Deere, der selbst bei mehr als einer Gelegenheit Kokain genommen hatte, sagte: »Wenn er etwas bei sich hat, hat er viel bei sich. Er kann es nicht wegschaffen.«
»Stellen Sie das Wasser ab«, schnappte McDonald plötzlich.
»Schon geschehen«, sagte der Navigator (der gelegentlich auch schon mehr als eine Prise geschnupft hatte). »Aber das dürfte unwichtig sein. Man kann auflösen, was in die Auffangbehälter gelangt, aber man kann es nicht verschwinden lassen.« Sie drängten sich um die Waschraumtür, deren BESETZT fröhlich leuchtete, und alle unterhielten sich in gedämpftem Tonfall. »Die Jungs von der Spurensicherung leeren sie, nehmen eine Probe, und der Kerl hängt.«
»Er kann immer sagen, jemand war vor ihm drinnen und hat es hineingeschüttet«, antwortete McDonald. Seine Stimme bekam einen nervösen Unterton. Er wollte nicht darüber reden, er wollte etwas tun, wenngleich ihm klar war, daß noch nicht alle Passagiere das Flugzeug verlassen hatten, und viele sahen mit mehr als gewöhnlicher Neugier zum Flugpersonal und den Stewardessen herüber, die sich um die Waschraumtür versammelt hatten. Die Besatzung für ihren Teil war sich nur zu sehr darüber im klaren, daß ein Vorgehen, das – nun, allzu aufsehenerregend war, das Schreckgespenst des Terroristen heraufbeschwören konnte, das heutzutage im Hinterkopf eines jeden Flugreisenden herumspukte. McDonald wußte, sein Navigator und Flugzeugingenieur hatten recht, er wußte, der Stoff war wahrscheinlich in Plastiktüten, auf denen sich die Fingerabdrücke des Schmugglers befanden, und dennoch hörte er im Geiste Alarmsirenen aufheulen. Etwas an der Sache stimmte nicht. Etwas in ihm schrie immerzu: Schnell! Schnell!, als wäre der Bursche von 3 A ein Spieler mit falschen Assen im Ärmel, die er jeden Augenblick auszuspielen gedachte.
»Er versucht nicht, die Spülung zu betätigen«, sagte Susy Douglas. »Er versucht nicht einmal, die Wasserhähne aufzudrehen. Wir würden hören, wie sie Luft saugen, wenn er es tun würde. Ich höre etwas, aber…«
»Gehen Sie«, sagte McDonald höflich. Sein Blick glitt zu Jane Dorning. »Sie auch. Wir kümmern uns darum.«
Jane wandte sich mit brennenden Wangen zum Gehen.
Susy sagte leise: »Jane hat ihn bemerkt, und ich habe die Wölbungen unter seinem Hemd gesehen. Ich glaube, wir bleiben, Kapitän McDonald. Sollten Sie Anklage wegen Insubordination erheben, dann können Sie das tun. Sie sollten nicht vergessen, daß Sie der Drogenfahndung einen verdammt großen Fang verpatzen könnten.«
Ihre Blicke begegneten einander, Feuerstein auf Stahl.
Susy sagte: »Ich bin siebzig-, achtzigmal mit Ihnen geflogen, Mac. Ich will Ihnen nur helfen.«
McDonald sah sie noch einen Augenblick an, dann nickte er. »Dann bleiben Sie. Aber ich möchte, daß Sie beide etwas zum Cockpit zurückweichen.«
Er stellte sich auf die Zehenspitzen, sah nach hinten und erblickte das Ende der Schlange, das gerade von der Touristenklasse in die Business Class gelangte. Zwei Minuten, vielleicht drei.
Er drehte sich zu dem Flughafenwachmann am Eingang des Jetways um, der gespürt zu haben schien, daß etwas nicht stimmte, denn er hatte sein Walkie-talkie vom Halfter genommen und hielt es in der Hand.
»Sagen Sie ihm, ich möchte Zollbeamte hier oben haben«, sagte McDonald leise zum Navigator. »Drei oder vier. Bewaffnet. Sofort.«
Der Navigator drängte sich durch die Schlange der Passagiere, entschuldigte sich mit einem unbekümmerten Grinsen und sprach leise auf den Wachmann ein, der daraufhin das Walkie-talkie an den Mund hob und ebenfalls leise hineinsprach.
McDonald – der in seinem ganzen Leben noch nichts Stärkeres als Aspirin genommen hatte, und selbst das nur selten – wandte sich an Deere. Seine Lippen waren zu einer dünnen weißen Linie zusammengekniffen, einer Narbe ähnlich.
»Sobald der letzte Passagier draußen ist, brechen wir diese Scheißhaustür auf«, sagte er. »Es
Weitere Kostenlose Bücher