Der dunkle Turm - Gesamtausgabe
mindestens einmal brauchen. Wahrscheinlich zweimal.«
»Um wohin zu gehen?«, fragte Dinky.
»Ins Amerika der Fundamentalen Welt«, antwortete Eddie. »In die Kleinstadt Lovell im Westen von Maine. So früh im Juni 1999, wie die Einbahnzeit das zulässt.«
»Dass Sheemie mich damals nach Connecticut geschickt hat, scheint seine Anfälle ausgelöst zu haben«, sagte Ted halblaut. »Ihr wisst, dass sein Zustand sich verschlechtern dürfte, wenn er euch auf die Amerika-Seite zurückschickt? Dass er davon sterben könnte?« Er sprach ganz sachlich. Bloß eine Frage, die Herren Kollegen.
»Das wissen wir«, sagte Roland, »und wenn es so weit ist, werde ich ihn über die Risiken aufklären und ihn fragen, ob …«
»O Mann, das kannst du dir hinten reinstecken«, unterbrach Dinky ihn, und Eddie fühlte sich so an sich selbst erinnert, wie er in den ersten Stunden am Strand des Westlichen Meeres gewesen war – verwirrt, stinksauer und mit Entzugserscheinungen, weil kein Heroin zur Hand war –, dass ihn das Gefühl eines Déjà-vu-Erlebnisses beschlich. »Selbst wenn du ihn auffordern würdest, sich selbst anzuzünden, würde er nur fragen, ob du ein Streichholz für ihn hast. Er hält dich für den Heiland persönlich.«
Susannah wartete mit einer Mischung aus Ängstlichkeit und fast lüsternem Interesse auf Rolands Reaktion. Aber es gab keine. Roland, der die Daumen in den Revolvergurt gehakt hatte, starrte Dinky nur wortlos an.
»Ihr seid euch natürlich darüber im Klaren, dass ein Toter euch nicht von der Amerika-Seite zurückholen kann«, sagte Ted in möglichst vernünftigem Ton.
»Diese Hürde werden wir nehmen, falls und wenn wir dazu kommen«, sagte Roland. »Bis dahin sind erst noch ein paar andere Hürden zu überwinden.«
»Ich bin froh, dass wir uns zuerst das Devar-Toi vornehmen, so groß das Risiko auch sein mag«, sagte Susannah. »Was dort unten vorgeht, ist abscheulich.«
»Ja, Ma’am«, sagte Dinky gedehnt und schob sich einen imaginären Cowboyhut aus der Stirn. »Das ist wohl genau der richtige Ausdruck.«
Die Spannung in der Höhle ließ spürbar nach. Hinter ihnen forderte Sheemie gerade Oy auf, sich herumzuwälzen, was der Bumbler auch bereitwillig tat. Auf dem Gesicht des Rod stand ein breites, nachlässiges Grinsen. Susannah fragte sich, wann Haylis von Chayven zuletzt die Gelegenheit gehabt hatte, sein kindlich bezauberndes Lächeln zu gebrauchen.
Sie spielte mit dem Gedanken, Ted zu fragen, ob es nicht eine Möglichkeit gebe, das aktuelle Datum in Amerika festzustellen, beschloss dann aber, sich die Mühe zu sparen. Wäre Stephen King tot, hätten sie’s gewusst; das hatte Roland gesagt, und sie zweifelte nicht daran, dass er damit richtig lag. Vorläufig ging es dem Schriftsteller gut, und er vergeudete unbekümmert seine Zeit und seine wertvolle Phantasie an irgendein bedeutungsloses Projekt, während die Welt, die sich vorzustellen sein Lebenszweck war, weiter in seinem Kopf verstaubte. Wirklich kein Wunder, dass Roland stinksauer auf ihn war. Sie war selbst etwas sauer auf ihn.
»Wie sieht dein Plan aus, Roland?«, fragte Ted.
»Er basiert auf zwei Voraussetzungen: dass wir sie überraschen und danach in wilde Flucht jagen können. Ich glaube nicht, dass sie damit rechnen, in diesen letzten Tagen belästigt zu werden; von Pimli Prentiss bis hinunter zum geringsten Hume-Wachposten außerhalb der Umzäunung hat niemand Grund zu der Annahme, sie könnten bei der Arbeit gestört oder gar überfallen werden. Trifft meine Vermutung zu, werden wir siegen. Unterliegen wir, leben wir wenigstens nicht lange genug, um die Balken brechen und den Turm einstürzen zu sehen.«
Roland suchte die primitive Karte des Algul hervor und breitete sie auf dem Höhlenboden aus. Sie versammelten sich alle um sie herum.
»Diese Nebengleise hier«, sagte er, indem er auf den mit der 10 bezeichneten Bereich mit den zerhackten Strichen tippte. »Durchs Fernglas betrachtet, scheinen einige der dort abgestellten defekten Lokomotiven und Wagen kaum zwanzig Schritte vom Südzaun entfernt zu stehen. Ist das richtig?«
»Yeah«, sagte Dinky und deutete mit dem Finger auf die Mitte des ihnen am nächsten liegenden Bahngleises. »Nennen wir diese Richtung meinetwegen Süden – das ist ein ebenso gutes Wort wie jedes andere. Auf diesem Gleis hier steht ein Güterwaggon sehr dicht am Zaun. Nur ungefähr zehn Schritte entfernt oder so. Auf beiden Seiten steht in großer Schrift SOO LINE.«
Ted nickte
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