Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
irgendwie die schlimmere Variante war. Der von ihnen aufsteigende Geruch war fahl und feucht. Die meisten Kacheln an den Wandstellen über diesen Toten waren herabgefallen, und die noch verbliebenen Kacheln waren von Kugeln durchlöchert. Also hatte es eine Schießerei gegeben. Susannah öffnete den Mund, aber bevor sie sich dazu äußern konnte, war abermals jener dumpfe Aufprall zu hören. Sie hatte den Eindruck, dass er diesmal etwas lauter war. Auch etwas näher. Sie sah sich um, konnte jedoch nichts erkennen. Die Lichter gingen weiterhin fünfzig Meter hinter ihnen aus.
    »Nicht, dass du mich für paranoid hältst, Roland, aber ich glaube, dass wir verfolgt werden.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Soll ich darauf schießen? Oder einen Teller werfen? Irgendwie ist dieses Heulen ziemlich beängstigend.«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Es weiß vielleicht nicht, was wir sind. Wenn du jedoch schießt … weiß es Bescheid.«
    Sie brauchte einen Augenblick, um zu kapieren, was Roland in Wirklichkeit sagte: Er war sich nicht sicher, ob eine Kugel – oder ein Oriza – das Wesen hinter ihnen würde aufhalten können. Oder noch schlimmer: Er wusste es möglicherweise.
    Als Susannah weitersprach, gab sie sich große Mühe, dabei ruhig zu sein, und fand, dass ihr das auch recht gut gelang. »Glaubst du, dass es etwas aus jener Erdspalte ist?«
    »Kann sein«, sagte Roland. »Oder etwas, was aus dem Flitzerdunkel herübergekommen ist. Schweig jetzt.«
    Der Revolvermann steigerte seine Geschwindigkeit bis zu Joggingtempo und darüber hinaus. Sie staunte über seine Beweglichkeit, seit die Hüftschmerzen wieder verschwunden waren, aber sie konnte seine Atemzüge nicht nur im Heben und Senken seines Rückens spüren, sondern auch hören: schnelles, keuchendes Einatmen, dann stoßartiges, raues Ausatmen, das fast wie ein Wutschrei klang. Sie hätte alles dafür gegeben, auf den eigenen Beinen – den starken Beinen, um die Jack Mort sie gebracht hatte – neben ihm herlaufen zu können.
    Die Leuchtkugeln über ihnen pulsierten jetzt schneller, was auch leichter zu sehen war, weil sie jetzt spärlicher wurden. Zwischen ihnen wuchs ihr gemeinsamer Schatten zunächst in die Länge, um dann allmählich wieder kürzer zu werden, wenn sie sich der nächsten Lichtquelle näherten. Die Luft war kühler; die Fliesen, die den Boden bedeckten, wurden weniger und unebener. An manchen Stellen waren sie aufgewölbt oder derart von breiten Spalten durchzogen, dass Unachtsame leicht hätten zu Fall gebracht werden können. Oy vermied sie mühelos, und Roland war das bisher ebenfalls gelungen.
    Susannah wollte ihm gerade sagen, seit einiger Zeit nichts mehr von ihrem Verfolger gehört zu haben, als hinter ihnen etwas gewaltig keuchend Atem holte. Sie fühlte, wie die Luft um sie herum die Richtung änderte; sie spürte ein Zerren an ihren straffen Locken, weil die Luft kräftig nach hinten gesogen wurde. Dabei war ein gewaltiges Sabbern zu hören, bei dem sie am liebsten lauthals geschrien hätte. Was dort hinten auch sein mochte, es war jedenfalls groß.
    Nein.
    Riesig.
     
     

11
     
    Sie stürmten die nächste kurze Treppe hinunter. Fünfzig Meter dahinter brannten drei weitere der pulsierenden Leuchtkugeln mit unstetem Licht, aber dann kam nur Dunkelheit. Die unebenen Kachelwände des Korridors und sein holperiger Fliesenboden verschmolzen zu einem Nichts, das fast körperlich wirkte: wie große Wolken aus locker aufgeschichtetem schwarzem Filz. Sie würden hineinrennen, stellte Susannah sich vor, und ihrer beider Schwung würde sie anfangs noch ein Stück weitertragen. Dann würde dieses Zeug sie zurückfedern lassen, und das, was sie dort hinten verfolgte, würde sie einholen. Sie würde einen Blick auf etwas erhaschen, das so fremdartig und grausig war, dass ihr Verstand es nicht würde begreifen können. Was wiederum ein Segen sein konnte. Dann würde es sich auf sie stürzen und …
    Roland stürmte in die Dunkelheit hinein, ohne langsamer zu werden, und sie federten natürlich nicht zurück. Anfangs gab es noch etwas Licht, teils von hinter ihnen, teils von den Leuchtkugeln über ihnen (von denen einige wenige noch wie ersterbend schwach leuchteten). Eben genug, um sie eine weitere Treppe sehen zu lassen, die oben von in erbärmliche Lumpen gehüllten Skeletten flankiert wurde. Roland hastete die Stufen – diesmal waren es neun – hinunter, ohne aus dem Rhythmus zu kommen. Oy rannte neben ihm her; mit angelegten Ohren und unter dem Fell

Weitere Kostenlose Bücher