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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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die zumindest einige Minuten lang Martin und Lewis, den beiden Trotteln auf See, gehörten. Aber bei diesem einzigen Mal war es geblieben.
    Komödie plus Tragödie ist gleich Scheinwelt. Aber hier gibt’s keine Tragödie, oder?
    Sie erwartete zwar keine Antwort auf diese Frage, aber sie bekam eine. Gegeben wurde sie von der kalten Stimme ihrer Intuition.
    Nein, vorerst noch nicht.
    Ganz ohne Grund musste sie plötzlich an Lippy denken. An die grinsende, grässliche Lippy. Lachten die Folken in der Hölle? Susannah war irgendwie davon überzeugt, dass sie’s taten. Sie grinsten wie Lippy die Wunderstute, wenn Satan mit seiner
    (nehmen Sie mein Pferd … bitte)
    Nummer begann, und dann lachten sie. Hilflos. Hoffnungslos. Bis in alle Ewigkeit, möge euch das auch ganz und gar nicht belieben.
    Im anderen Raum lachte Roland wieder. Oy bellte, aber auch das klang wie ein Lachen.
    Odd’s Lane, Odd Lane … denk darüber nach.
    Was gab es darüber nachzudenken? Eines war der Name dieser Straße, das andere war fast damit identisch, nur fehlte hier …
    »Brr, Augenblick!«, sagte sie mit leiser Stimme. Tatsächlich kaum mehr als flüsternd, aber wer hätte sie ihrer Ansicht nach hören können? Joe redete – ziemlich ohne Punkt und Komma, so klang es –, und Roland lachte. Wer hätte sie also belauschen können? Vielleicht der Kellerbewohner, falls es tatsächlich einen solchen gab?
    »Brr, Augenblick!«
    Sie schloss die Augen und sah wieder die beiden Straßenschilder an deren Stange vor sich: Schilder, die sich sogar etwas unterhalb der Wanderer befunden hatten, weil die Neuankömmlinge auf einer drei Meter hohen Schneewehe gestanden hatten. TOWER ROAD hatte auf dem einen Schild gestanden, das die schneefrei geräumte Straße bezeichnete, die über den Horizont verschwand. Auf dem anderen Schild für die kurze Straße mit den Landhäusern hatte ODD’S LANE gestanden, nur …
    »Nur stimmt das nicht ganz«, murmelte sie und machte eine Faust aus der Hand, mit der sie nicht den Zettel hielt. »Es stimmt nicht ganz.«
    Sie hatte das Straßenschild deutlich vor Augen: ODD 'S LANE mit nachträglich hinzugefügtem Apostroph und dem S, wieso hätte das jemand tun sollen? War der Schmierer vielleicht ein krankhafter Pedant, der es nicht ertragen konnte, dass …
    Was? Der was nicht ertragen konnte?
    Durch die geschlossene Badezimmertür hörte sie Roland vor Lachen immer lauter brüllen. Irgendetwas fiel um und zersplitterte. Er ist es nicht gewohnt, so zu lachen, dachte Susannah. Pass lieber auf, Roland, sonst tust du dir noch was. Lachst dir einen Bruch oder irgendwas.
    Denk darüber nach, hatte ihr unbekannter Korrespondent ihr geraten, und sie bemühte sich. Hatten die Wörter Odd und Lane ohne die Änderung etwas an sich, was jemand sie nicht sehen lassen wollte? Wenn dem so war, brauchte dieser Jemand sich keine Sorgen zu machen, sie jedenfalls sah es nicht. Sie wünschte sich, Eddie wäre jetzt hier. Eddie verstand sich auf alle möglichen verrückten Sachen: Witze und Rätsel und … und …
    Ihr stockte der Atem. Auf ihrem Gesicht – und auf dem Gesicht ihres Zwillings im Spiegel – bildete sich ein Ausdruck staunenden Begreifens. Sie hatte keinen Bleistift und war schrecklich untalentiert für die spielerischen Umstellungen, die erforderlich waren, um …
    Auf dem Hocker balancierend, beugte Susannah sich übers Waschbecken und hauchte den Spiegel an, damit das Glas beschlug. Dann schrieb sie in Druckbuchstaben ODD LANE hinein. Betrachtete die beiden Wörter mit wachsendem Verständnis und zunehmender Verzweiflung. Im Wohnzimmer steigerte sich Rolands Lache nach wie vor, und nun erkannte sie, was sie dreißig kostbare Sekunden früher hätte erkennen sollen: Dieses Lachen war nicht fröhlich. Es war rau und außer Kontrolle, das Lachen eines Mannes, der nach Atem rang. Roland lachte, wie die Folken lachten, wenn eine Komödie zur Tragödie wurde. Wie die Folken in der Hölle lachten.
    Sie benutzte ihre Fingerspitze, um unter ODD LANE das Wort DANDELO zu schreiben – das Anagramm, das Eddie vermutlich sofort gesehen hätte, jedenfalls gleich nachdem er gemerkt hätte, dass Apostroph und S nur hinzugefügt worden waren, um sie zu täuschen.
    Im Raum nebenan wurde das Lachen tiefer und veränderte sich, wurde zu einem Geräusch, das nicht mehr amüsant, sondern bedrohlich klang. Oy kläffte wie verrückt, und Roland …
    Roland keuchte, als würde er ersticken.

Kapitel VI

P ATRICK D ANVILLE
1
     
    Susannah trug

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