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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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erlebt? Niemals sturzbetrunken, niemals wehrlos nackt, niemals hemmungslos lachend … bis heute.
    Kümmre dich um deinen eigenen Kram, Weib, ermahnte Detta sie.
    »Schon gut«, murmelte sie. »Schon gut, schon gut.«
    Betrunken denkend. Wehrlos nackt denkend. Mit hemmungslosem Lachen denkend. Als wäre das alles das Gleiche.
    Vielleicht war es alles das Gleiche.
    Schließlich kletterte sie auf den Hocker und drehte das Wasser auf. Es rauschte aus dem Hahn und übertönte die Geräusche von nebenan.
    Sie entschied sich für kaltes Wasser, bespritzte ihr Gesicht sanft damit und benutzte dann einen Waschlappen – noch sanfter –, um die Haut um das Geschwür herum zu säubern. Als sie damit fertig war, tupfte sie das Geschwür selbst ab. Es tat weniger weh, als sie befürchtet hatte, was ihr wieder etwas Mut machte. Susannah spülte den Waschlappen aus, bevor die Blutflecken sich festsetzen konnten, und beugte sich anschließend dicht an den Spiegel heran. Was sie darin sah, ließ sie erleichtert aufatmen. Als sie die Hände unbedacht vors Gesicht geschlagen hatte, hatte sie den ganzen Schorf von dem Geschwür abgerissen, aber das konnte sich möglicherweise noch als glücklicher Zufall erweisen. Eines stand jedoch fest: Falls Joe ein Fläschchen Jodtinktur oder irgendeine antibiotische Salbe in seinem Medizinschrank hatte, würde sie das verdammte Ding gründlich säubern, solange es offen war. Ohne Rücksicht darauf, wie sehr es brennen mochte. Eine Säuberung war fällig, sogar überfällig. Anschließend würde sie ein Pflaster drüberkleben und das Beste hoffen.
    Sie legte den Waschlappen über den Rand des Waschbeckens, damit er trocknen konnte, und pflückte dann ein Handtuch (im selben Pink wie die Tapete) von dem flauschigen Stapel auf dem Wandregal neben dem Spiegelschrank. Sie hob es halb an ihr Gesicht, dann erstarrte sie. Auf dem nächsten Handtuch des Stapels lag ein Blatt Notizpapier. Die Kopfzeile zeigte eine mit Blumen geschmückte Bank, die von zwei fröhlichen gezeichneten Engeln herabgelassen wurde. Darunter stand in fetten Buchstaben folgende Zeile:
     
    ENTSPANN DICH! HIER KOMMT DER
    DEUS EX MACHINA !
     
    Und in verblasster Füllfederschrift:
     
    Odd’s Lane
     
    Odd Lane
     
    Dreh dies erst um, wenn du darüber nachgedacht hast.
     
    Stirnrunzelnd nahm Susannah das Blatt vom Handtuchstapel. Wer hatte es hier zurückgelassen? Joe? Das bezweifelte sie gewaltig. Sie drehte das Blatt um. Auf der Rückseite stand in derselben Schrift:
     
    Du hast nicht darüber nachgedacht!
    Was für ein schlimmes Mädel!
    Ich habe im Medizinschrank etwas für dich
    zurückgelassen, aber erst musst du
    **DARÜBER NACHDENKEN!**
    (Hinweis: Komödie + Tragödie = Scheinwelt )
     
    Nebenan sprach Joe weiter, und diesmal brach Roland in lautes Gelächter aus, statt nur halblaut zu lachen. Susannah hatte den Eindruck, dass Joe seinen Monolog wieder aufgenommen hatte. In gewisser Weise hatte sie Verständnis dafür – er hatte etwas getan, was er liebte und seit vielen Jahren nicht mehr hatte tun können –, aber irgendwie war sie damit auch überhaupt nicht einverstanden. Dass Joe weitermachte, während sie im Bad war, um sich zu verarzten, dass Roland ihn weitermachen ließ … Dass er zuhörte und lachte, während sie hier blutete. Das erschien ihr machohaft gefühllos. Von Eddie war sie irgendwie Besseres gewohnt.
    Wie wär’s, wenn du die Jungs jetzt mal vergessen und dich darauf konzentrieren würdest, was du in der Hand hältst? Was bedeutet das Ganze?
    Eines war offensichtlich: Jemand hatte damit gerechnet, dass sie hereinkommen und die Mitteilung finden würde. Nicht Roland, nicht Joe. Sie. Was für ein schlimmes Mädel, stand hier. Mädel.
    Aber wer hätte das wissen können? Wer hätte sich dessen sicher sein können? Schließlich war es nicht ihre Angewohnheit, sich ins Gesicht (oder an die Brust oder aufs Knie) zu schlagen, wenn sie lachte; sie konnte sich an keinen einzigen Fall erinnern, bei dem sie …
    Doch das konnte sie. An einen einzigen. In einem Film mit Dean Martin und Jerry Lewis. Zwei Trottel auf See oder so ähnlich. Damals hatte sie ebenso lachen müssen, einfach weil ihr Lachen irgendwann die kritische Masse erreicht und sich selbst verstärkt hatte. Alle Zuschauer – ihrer Erinnerung nach war das im Clark am Times Square gewesen – hatten das Gleiche getan: hüpfend und kugelnd, wackelnd und schaukelnd, Popcorn aus Mündern versprühend, die nicht mehr die ihren waren. Aus Mündern,

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