Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
bereits auf der Landstraße unterwegs war. »Wir durchsuchen jeden Claim, jeden Abzweig im Eisenholzwald«, sagte der fleckige Hunter aufgeregt. »Wir finden ihn todsicher.«
    In der Kleinstadt hatte der Trupp Big Kells also offenbar nicht gefunden. Tim hatte das Gefühl, er werde ihn auch nicht auf dem Eisenholzpfad aufspüren. Dieses Gefühl hatte keine vernünftige Grundlage, aber es war stark. Ebenso stark wie sein Gefühl, dass der Zöllner noch nicht mit ihm fertig war. Der Mann in dem schwarzen Mantel hatte einen Teil seines Spaßes gehabt – aber noch nicht den ganzen .

Seine Mutter schlief gerade,  
    aber sie wachte auf, als Ada Cosington ihn zu ihr hineinführte. Die anderen Ladys saßen im Wohnzimmer, aber sie waren in Tims Abwesenheit nicht untätig gewesen. Die Vorräte in der Speisekammer waren auf geheimnisvolle Weise aufgestockt worden – alle Regale bogen sich unter Einmachgläsern und Tüten –, und obwohl Nell eine gute Hausfrau war, hatte Tim ihr Häuschen noch nie so blitzsauber gesehen. Sogar die von Holzrauch verfärbten Deckenbalken waren frisch geschrubbt.
    Jegliche Spur von Bern Kells war beseitigt. Sein schrecklicher Koffer war unter die rückwärtige Verandatreppe verbannt worden, wo er in Gesellschaft von Spinnen, Feldmäusen und Erdkröten vermodern konnte.
    »Tim?« Und als er seine Hände in Nells ausgestreckte Hände legte, seufzte sie erleichtert auf. »Alles in Ordnung?«
    »Aye, Mama, mir geht’s gut.« Aber das war gelogen, das wussten sie beide.
    »Wir haben gewusst, dass er tot war, nicht wahr? Aber das ist kein Trost. Mir kommt’s vor, als wäre er noch mal ermordet worden.« Aus ihren blicklosen Augen quollen Tränen. Auch Tim weinte, aber er schaffte es, keinen Laut von sich zu geben. Ihn schluchzen zu hören hätte ihr nicht gutgetan. »Sie bringen ihn in den kleinen Leichensalon, den Stokes hinter seiner Schmiede eingerichtet hat. Viele dieser freundlichen Ladys werden hingehen, um ihn für die Beisetzung vorzubereiten, aber gehst du als Erster hin, Timmy? Bringst du ihm deine und meine ganze Liebe? Denn ich kann nicht. Der Mann, den ich törichterweise geheiratet habe, hat mich so übel zugerichtet, dass ich kaum gehen kann … und ich kann natürlich nicht sehen. Was für eine Ka-Mai ich gewesen bin, und welchen Preis wir dafür gezahlt haben!«
    »Still! Ich liebe dich, Mama. Natürlich gehe ich hin.«

Aber weil noch Zeit war,  
    ging er erst in die Scheune hinaus (im Haus waren für seinen Geschmack viel zu viele Frauen) und machte sich aus Heu und einer alten Mulidecke eine improvisierte Lagerstatt zurecht. Er schlief fast augenblicklich ein. Gegen drei Uhr wurde er von Peter geweckt, der seinen Hut an die Brust gedrückt hielt und eine feierlich traurige Miene aufgesetzt hatte.
    Tim setzte sich auf und rieb sich die Augen. »Habt ihr Kells aufgespürt?«
    »Nay, mein Junge, aber wir haben deinen Vater gefunden und mit uns zurückgebracht. Deine Mutter sagt, dass du ihm für euch beide die letzte Ehre erweisen wirst. Spricht sie wahr?«
    »Aye, gewiss.« Tim stand auf und klopfte sich das Heu von Hemd und Hose ab. Er schämte sich dafür, schlafend angetroffen worden zu sein, aber er hatte vergangene Nacht kaum ein Auge zugemacht und noch dazu schlecht geträumt.
    »Dann komm. Ich nehme dich auf dem Wagen mit.«

Zu einer Zeit, in der die Landbevölkerung es vorzog,  
    sich selbst um ihre Toten zu kümmern, sie auf eigenem Grund und Boden beisetzte, wo dann ein Holzkreuz oder ein grob behauener Stein das Grab bezeichnete, kam für Tree der Leichensalon hinter der Schmiede einer Totenhalle am nächsten. Dustin Stokes – unweigerlich als der heiße Stokes bekannt – stand vor der Tür, diesmal in einer weißen Baumwollhose statt in dem gewohnten Lederzeug. Darüber trug er ein wallendes weißes Hemd, das bis kurz über die Knie reichte, sodass es fast wie ein Kleid aussah.
    Sein Anblick erinnerte Tim daran, dass es üblich war, weiße Trauerkleidung zu tragen. In dieser Sekunde wurde ihm schlagartig alles klar: Er erkannte die Wahrheit, wie sie ihm nicht einmal bewusst geworden war, als er die mit offenen Augen in dem kalten Bach liegende Leiche seines Vaters gesehen hatte, und bekam weiche Knie.
    Der verquere Peter stützte ihn mit kräftiger Hand. »Traust du es dir zu, mein Junge? Wenn nicht, ist das keine Schande. Er war dein Da’, und ich weiß, dass du ihn geliebt hast. Das haben wir alle getan.«
    »Ich schaff das schon«, sagte Tim. Er bekam

Weitere Kostenlose Bücher