Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
rotes Blinklicht.
    »Das Ziel ist fast erreicht«, sagte Daria. »Die Entfernung zum Dogan North Forest Kinnock beträgt nur noch drei Räder.« Dann wieder das Klicken, diesmal lauter als je zuvor. »Nun ist wirklich Beeilung angesagt, Tim.«
    Während Tim dastand und den Turm mit dem Blinklicht betrachtete, frischte die Brise wieder auf, die ihn auf der Brücke so geängstigt hatte – nur war sie diesmal ein Eishauch. Er sah zum Himmel auf und stellte fest, dass die Wolken, die bisher gemächlich gen Süden gesegelt waren, jetzt rasend schnell dahinzogen.
    »Das ist der Stoßwind, Daria, oder? Der Stoßwind kommt.«
    Daria gab keine Antwort, aber Tim brauchte keine.
    Er rannte los.

Als er die Lichtung mit dem Dogan erreichte,  
    war er so außer Atem, dass er trotz aller Eile nur noch schwerfällig traben konnte. Der böige Gegenwind war merklich stärker geworden, und in den Wipfeln der Eisenholzbäume rauschte es. Die Luft war noch einigermaßen warm, nur glaubte Tim nicht, dass das lange anhalten würde. Er musste irgendwo Unterschlupf finden, und seine ganze Hoffnung lag auf diesem Dogan-Ding.
    Als er die Lichtung betrat, hatte er jedoch kaum einen Blick für das runde, mit Blech gedeckte Gebäude unter dem Gitterturm mit dem roten Blinklicht. Er hatte etwas anderes entdeckt, etwas, was seine ganze Aufmerksamkeit fesselte und ihm schier den Atem raubte.
    Sehe ich das? Sehe ich das wirklich?
    »Götter«, hauchte er.
    Dort, wo der Pfad über die Lichtung führte, war er mit irgendeinem glatten, dunklen Material bedeckt, das so blitzblank war, dass es die von dem auffrischenden Wind bewegten Bäume und die noch von der Abendsonne gefärbten Wolken darüber widerspiegelte. Der Pfad endete an einem Felsabbruch. Dort schien die ganze Welt zu enden, bevor sie hundert oder mehr Räder entfernt wieder begann. Dazwischen lag ein gewaltiger Abgrund mit Luftwirbeln, in denen dürre Blätter tanzten. In diesen wirbelnden Luftmassen waren auch Speicherkrähen gefangen. Sie wurden hochgerissen, fielen wieder durch und kämpften hilflos gegen die Wirbel an. Einige, denen die Flügel abgerissen waren, lebten offenbar nicht mehr.
    Tim nahm den riesigen Abgrund, die verendenden Vögel oder den Wind, der sein langes Haar zerzauste und seine Kleidung flattern ließ, jedoch kaum wahr. Links neben dem glänzenden Pfad, ganz dicht an dem Abbruch, wo die Welt ins Nichts abfiel, stand ein runder Käfig mit stählernen Gitterstäben. Davor lag ein umgekippter verbeulter Zinkeimer, den er nur allzu gut kannte.
    Hinter den Gitterstäben lief ein riesiger Tyger langsam vor dem Loch im Käfigboden auf und ab.
    Er bemerkte den Jungen, der mit offenem Mund dastand und ihn anstarrte, und kam ans Gitter. Die Augen waren so groß wie die Bälle beim Schlagballspiel in Tree, aber nicht blau wie diese, sondern leuchtend grün. Auf den Flanken wechselten sich dunkle orangerote mit pechschwarzen Streifen ab. Die Lauscher waren gespitzt. Er zog die Lefzen hoch, ließ lange, weiße Reißzähne sehen und knurrte. Ein sanftes Geräusch, das sich anhörte, als würde jemand ein Seidenkleid entlang der Naht aufreißen. Das mochte eine Begrüßung sein – obwohl Tim da so seine Zweifel hatte.
    Der Tyger trug ein silbernes Halsband, an dem zwei Gegenstände baumelten. Der eine davon schien eine Spielkarte zu sein. Der andere war ein merkwürdig geformter Schlüssel.

Tim hatte keine Ahnung, wie lange  
    er im Bann dieser fabelhaften smaragdgrünen Augen verharrte oder wie lange er noch so dagestanden hätte, als die extreme Gefahr seiner Lage sich durch eine Serie dumpfer Knalle ankündigte.
    »Was ist das?«
    »Bäume jenseits des Großen Canyons«, sagte Daria. »Der extreme Temperatursturz zertrümmert sie. Sieh zu, dass du Unterschlupf findest, Tim.«
    Der Stoßwind – was sonst. »Wie lange dauert es, bis das hier ankommt?«
    »Weniger als eine Stunde.« Wieder einer dieser lauten Klicks. »Ich sollte mich abschalten.«
    »Nein!«
    »Ich habe gegen Weisung neunzehn verstoßen. Zu meiner Entschuldigung kann ich nur anführen, dass ich sehr lange mit niemand mehr reden konnte.« Klick! Dann – weitaus besorgniserregender, irgendwie bedrohlicher – klunk!
    »Was ist mit dem Tyger? Ist er der Wächter des Balkens?« Sobald Tim das ausgesprochen hatte, erfüllte ihn Entsetzen. »Ich darf nicht zulassen, dass ein Wächter des Balkens hier draußen im Stoßwind stirbt!«
    »Der Wächter des Balkens an diesem Ende ist Aslan«, sagte Daria. »Aslan ist

Weitere Kostenlose Bücher