Der dunkle Turm - Gesamtausgabe
wußte, wer dafür verantwortlich war.
Oja.
Werdet ihr beide rausfinnen, hatte Detta gesagt, und sie waren noch keine halbe Stunde unterwegs, da fing dieses Herausfinden an.
Schieben.
Das war das erste. Den Rollstuhl einen feinen Sandstrand entlangzuschieben wäre ebenso unmöglich gewesen wie mit einem Auto durch tiefen, ungepflügten Schnee zu fahren. An diesem Strand, mit seiner körnigen, festgestampften Oberfläche war es möglich den Stuhl zu bewegen, aber alles andere als leicht. Er rollte eine Zeitlang ungehindert dahin, knirschte über Muscheln, und kleine Steinchen spritzten unter den Vollgummireifen hervor… und dann geriet er in eine Stelle, wo feinerer Sand lag, und Eddie mußte grunzend drücken, um ihn und seine wenig hilfreiche Insassin weiterzubekommen. Der Sand saugte gierig an den Reifen. Man mußte gleichzeitig drücken und das Gewicht abwärts gegen die Griffe des Rollstuhls werfen, damit er und seine gefesselte Insassin nicht kopfüber in den Sand fielen.
Detta gackerte, wenn er versuchte, sie freizubekommen, ohne sie umzuwerfen. »Haste dein’ Spaß da hintn, Süßah?« fragte sie jedesmal, wenn der Rollstuhl in eine sandige Stelle geriet.
Wenn der Revolvermann herkam, um ihm zu helfen, winkte Eddie ihn weg. »Du kommst schon noch dran«, sagte er. »Wir wechseln uns ab.« Aber ich glaube, meine Schichten werden ganz entschieden länger sein als seine, sagte eine Stimme in seinem Kopf. So, wie er aussieht, wird er bald alle Hände voll zu tun haben, sich selbst zu bewegen, geschweige denn die Frau in diesem Stuhl. Nein, Sir, Eddie, ich fürchte, dieses Täubchen ist für dich. Weißt du, das ist Gottes Rache. Du hast alle deine Jahre als Junkie verbracht, und jetzt bist du selber der Pusher! [Wortspiel. ›Pusher‹ bedeutet einerseits wörtlich übersetzt soviel wie ›Schieber‹, ›Drücker‹ oder evtl. ›Stoßer‹, im Drogenjargon dagegen ist der ›Pusher‹ ein Händler oder Dealer. Anmerkung des Übersetzers]
Er gab ein kurzes, atemloses Lachen von sich.
»Was ist denn so komisch, weißer Junge?« fragte Detta, und obwohl Eddie meinte, sie hatte es sarkastisch klingen lassen wollen, kam es ein klein wenig wütend heraus.
Ich soll hierbei nichts zu lachen haben, dachte er. Überhaupt nichts. Jedenfalls soweit es sie befrifft.
»Würdest du nicht verstehen, Baby. Laß es einfach liegen.«
»Ich werd dich liegenlassn, ehe dies alles vorbei is’«, sagte sie. »Werd dich ‘n dein’ bösn Arsch von Kumpl ‘n Stückn hier am ganzn Strand liegnlassn. Klaro. Bis dahin sollteste besser ‘ne Klappe halten und schiebn. Klingst schon, als würdest ‘n bißchen kurzatmig werdn.«
»Nun, dann redest du eben für uns beide«, keuchte Eddie. »Dir scheint der Wind ja nie auszugehen.«
»Ich werd’n Wind furzn, Blaßfleisch! Werd dir innes tote Gesicht furzn!«
»Leere Versprechungen.« Eddie schob den Rollstuhl aus dem Sand in leichteres Gelände – wenigstens eine Weile. Die Sonne war noch nicht ganz aufgegangen, aber er war bereits schweißgebadet.
Dies wird ein amüsanter und informativer Tag werden, dachte er. Das sehe ich jetzt schon.
Anhalten.
Das war das nächste.
Sie hatten einen festen Strandabschnitt erreicht. Eddie schob den Rollstuhl schneller voran und dachte am Rande, wenn er diese zusätzliche Geschwindigkeit beibehalten konnte, würde es ihm vielleicht gelingen, durch bloßen Schwung die nächste Sandfalle zu überwinden, in die er geriet.
Und plötzlich blieb der Rollstuhl stehen. Total stehen. Die Querstrebe am hinteren Teil prallte gegen Eddies Brust. Er grunzte. Roland drehte sich um, aber nicht einmal die katzenflinken Reflexe des Revolvermanns konnten verhindern, daß der Rollstuhl der Herrin so umkippte, wie es in den Sandfallen stets möglich gewesen war. Er kippte, und Detta mit ihm; sie war gefesselt und hilflos, aber sie gackerte unbeherrscht. Das machte sie immer noch, als es Roland und Eddie schließlich gelungen war, den Rollstuhl wieder aufzurichten. Einige der Seile hatten sich so eng zugezogen, daß sie ihr grausam ins Fleisch schneiden und die Blutzirkulation in die Gliedmaßen abschneiden mußten; ihre Stirn wies eine Platzwunde auf, Blut rann ihr über die Augenbrauen. Und sie gackerte dennoch garstig in sich hinein.
Als sie den Stuhl wieder auf die Räder gestellt hatten, keuchten beide Männer atemlos. Das Gesamtgewicht von Frau und Stuhl mußte bei zweihundertfünfzig Pfund liegen; am meisten wog sicher der Rollstuhl. Eddie
Weitere Kostenlose Bücher