Der dunkle Turm - Gesamtausgabe
verstehen, weil sie den Mund so voll hatte. »Es schmeckt so gut!« Sie lachte. Der Laut war zaghaft und lieblich. »Es wird unten bleiben! Ich werde mich ernähren! Ich weiß es! Ich fühle es!«
»Aber übertreib nicht!« ermahnte er sie und gab ihr einen der Wasserschläuche. »Du bist nicht daran gewöhnt. Das viele…«
Er schluckte, und in seinem Hals gab es einen (jedenfalls für ihn) hörbaren Schnalzlaut. »Das viele Erbrechen.«
»Ja. Ja.«
»Ich muß ein paar Minuten mit Roland sprechen.«
»Gut.«
Aber bevor er gehen konnte, nahm sie wieder seine Hand.
»Danke, Eddie. Danke, daß du so geduldig warst. Und bedank dich auch bei ihm.« Sie machte eine ernste Pause. »Danke ihm, aber sag ihm nicht, daß er mir Angst macht.«
»Werde ich nicht«, hatte Eddie gesagt, und dann war er zum Revolvermann zurückgegangen.
3
Auch wenn sie nicht mitschob, war Odetta eine Hilfe. Sie navigierte mit der Präzision einer Frau, die lange Zeit einen Rollstuhl durch eine Welt geschoben hatte, die erst in kommenden Jahren lernen würde, behinderte Menschen wie sie zu akzeptieren.
»Links«, rief sie, und Ed die fuhr nach links, an einem Felsen vorbei, der wie ein verfaulter Fangzahn aus dem Geröll herausragte. Er allein hätte ihn vielleicht gesehen… oder auch nicht.
»Rechts«, rief sie, und Eddie lenkte nach rechts und entging knapp einer der immer seltener werdenden Sandfallen.
Schließlich hielten sie an, und Eddie legte sich schweratmend hin.
»Schlaf«, sagte Odetta. »Eine Stunde. Ich wecke dich.« Eddie sah sie an.
»Ich lüge nicht. Ich habe den Zustand deines Freundes gesehen, Eddie…«
»Weißt du, er ist nicht gerade mein Fr…«
»… und ich weiß, wie wichtig Zeit ist. Ich werde dich nicht aus einem irregeleiteten Gefühl von Mitleid länger als eine Stunde schlafen lassen. Ich kann den Stand der Sonne ziemlich gut lesen. Du wirst dem Mann nichts nützen, wenn du dich so sehr strapazierst, oder?«
»Nein«, sagte er und dachte: Aber du verstehst nicht. Wenn ich schlafe und Detta Walker kommt zurück…
»Schlaf, Eddie«, sagte sie, und da Eddie zu müde war (und zu verliebt), ihr nicht zu vertrauen, schlief er. Er schlief, und sie weckte ihn, wie sie es versprochen hatte, und sie war immer noch Odetta, und sie gingen weiter, und sie half wieder beim Schieben. Sie rasten den schmaler werdenden Strand entlang auf die Tür zu, die Eddie verzweifelt suchte und die er nicht sah.
4
Als er Odetta ihrer ersten Mahlzeit seit Tagen überlassen hatte und zum Revolvermann zurückgegangen war, schien es Roland ein wenig besser zu gehen.
»Bück dich«, sagte er zu Eddie.
Eddie bückte sich.
»Laß mir den halbvollen Schlauch da. Mehr brauche ich nicht. Bring sie zu der Tür.«
»Und wenn ich sie nicht…«
»Finde? Du wirst sie finden. Die ersten beiden waren da, diese wird auch da sein. Wenn du sie heute vor Sonnenuntergang findest, töte zwei. Du mußt ihr zu essen dalassen und sicherstellen, daß sie so geschützt wie möglich ist. Wenn du sie heute nacht nicht findest, töte drei. Hier.«
Er reichte ihm eine seiner Pistolen.
Eddie nahm sie voll Respekt und war wieder überrascht, wie schwer sie war.
»Ich dachte, alle Patronen wären Luschen.«
»Sind sie wahrscheinlich auch. Aber ich habe die geladen, die meiner Meinung nach am wenigsten naß geworden sind – drei von rechts der Gürtelschnalle, drei von links davon. Eine könnte feuern. Zwei, wenn du Glück hast. Aber schieß nicht auf die Kriecher.« Seine Augen musterten Eddie kurz. »Es könnten andere Gefahren da draußen lauern.«
»Du hast es auch gehört, nicht?«
»Wenn du das meinst, was in den Bergen geheult hat, ja. Wenn du den Schwarzen Mann meinst, wie deine Augen sagen, nein. Ich habe eine Wildkatze im Wald gehört, mehr nicht, möglicherweise mit einer Stimme, die viermal so groß wie ihr Körper war. Es könnte sein, daß man sie mit einem Stock vertreiben kann. Aber wir müssen an sie denken. Wenn die andere zurückkommt, mußt du…«
»Ich werde sie nicht umbringen, wenn du das denkst!«
»Du mußt sie vielleicht bewußtlos schlagen. Ist dir das klar?«
Eddie nickte widerwillig. Die verdammten Patronen würden wahrscheinlich sowieso nicht feuern, daher hatte es keinen Zweck, sich deswegen in die Hosen zu machen.
»Wenn du zu der Tür kommst, laß sie zurück. Schütze sie, so gut es geht, und komm mit dem Rollstuhl zu mir zurück.«
»Und dem Revolver?«
Die Augen des Revolvermanns
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