Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
schwer und vital in der Hand, lebend und nur allzu bereit, seine geheime Form preiszugeben… das heißt einem Mann, der geschickt genug war, sie herauszulocken.
    War er dieser Mann? Spielte es eine Rolle?
    Eddie Dean dachte, die Antwort auf beide Fragen war ja.
    Der Revolvermann schloß die unversehrte linke Hand um Eddies rechte. »Ich glaube, du kennst ein Geheimnis.«
    »Vielleicht.«
    »Kannst du es sagen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich glaube, besser nicht. Noch nicht.«
    Roland dachte darüber nach, dann nickte er. »Na gut. Ich möchte dir eine Frage stellen, und dann werde ich das Thema fallenlassen. Hast du vielleicht einen Weg ins Herz meines… meines Problems gesehen?«
    Eddie dachte: Deutlicher wird er die Verzweiflung, die ihn innerlich zerfrißt, kaum jemals zeigen.
    »Ich weiß nicht. Momentan kann ich es noch nicht mit Sicherheit sagen. Aber ich hoffe es, Mann. Wirklich, von ganzem Herzen.«
    Roland nickte wieder und ließ Eddies Hand los. »Ich danke dir. Wir haben immer noch zwei Stunden Tageslicht. Warum nutzen wir sie nicht?«
    »Von mir aus.«
    Sie zogen weiter. Roland schob Susannah, und Eddie ging vor ihnen her und hielt das Stück Holz, in dem der Schlüssel verborgen war. Es schien, von innerer Wärme erfüllt, zu pulsieren, geheim und mächtig.
     
     

32
     
    An diesem Abend nahm Eddie nach dem Essen das Messer des Revolvermannes aus dem Gürtel und fing an zu schnitzen. Das Messer war erstaunlich scharf und schien die Schärfe nie zu verlieren. Eddie arbeitete langsam und sorgfältig im Feuerschein, drehte das Eschestück hierhin und dorthin in den Händen und sah die spiralförmigen Holzstreifen, die seine sicheren Messerschnitte erzeugten.
    Susannah legte sich hin, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und sah zu den Sternen, die langsam ihre Bahn am schwarzen Himmel zogen.
    Am Rand des Lagers stand Roland außerhalb des Feuerscheins und lauschte, während die Stimmen des Wahnsinns wieder einmal in seinem schmerzenden, verwirrten Verstand anschwollen.
    Es gab einen Jungen.
    Es gab keinen Jungen.
    Gab.
    Gab keinen.
    Gab…
    Er machte die Augen zu, barg die schmerzende Stirn in einer kalten Hand und fragte sich, wie lange es dauern würde, bis er schlicht und einfach brach wie ein zu straff gespannter Bogen.
    O Jake, dachte er. Wo bist du? Wo bist du?
    Und über den dreien stiegen der Alte Stern und die Alte Mutter zu ihren vorbestimmten Plätzen und betrachteten einander über den Sternenabgrund ihrer alten, gescheiterten Ehe hinweg.

II.
Schlüssel und Rose
     
1
     
    Drei Wochen lang kämpfte John ›Jake‹ Chambers tapfer gegen den Wahnsinn, der in seinem Inneren wuchs. Während dieser Zeit fühlte er sich wie der letzte Mann an Bord eines sinkenden Ozeanriesen, der besessen die Kielraumpumpen bedient und versucht, das Schiff über Wasser zu halten, bis der Sturm vorbei, der Himmel wieder klar und Hilfe unterwegs ist… Hilfe von irgendwo. Am 20. Mai 1977, vier Tage bevor die Sommerferien anfingen, fand er sich endlich mit der Tatsache ab, daß keine Hilfe eintreffen würde. Es war Zeit, daß er aufgab; daß er sich von dem Sturm forttragen ließ.
    Der Tropfen, der das Faß endgültig zum Überlaufen brachte, war seine Abschlußarbeit in vergleichender englischer Literatur.
    John Chambers, Jake für die drei oder vier Jungs, die fast seine Freunde waren, hatte sein erstes Jahr an der Piper School hinter sich gebracht. Obwohl elf und in der sechsten Klasse, war er klein für sein Alter, und die Leute, die ihn zum erstenmal sahen, hielten ihn meist für viel jünger. Tatsächlich war er bis vor etwa einem Jahr manchmal irrtümlich für ein Mädchen gehalten worden. Dann hatte er einen Aufstand gemacht und wollte das Haar kurz geschnitten haben, so daß seine Mutter schließlich nachgegeben hatte. Mit seinem Vater hatte es selbstverständlich überhaupt keine Probleme wegen des Haarschnitts gegeben. Sein Vater hatte einfach nur sein hartes Edelstahlgrinsen gegrinst und gesagt: Der Junge möchte wie ein Soldat aussehen, Laune. Gut für ihn.
    Für seinen Vater war er niemals Jake und selten John. Für seinen Vater war er immer nur ›der Junge‹.
    Die Piper School, hatte sein Vater ihm im vorigen Sommer erklärt (das war der Sommer der Zweihundertjahrfeier gewesen – Girlanden und Flaggen und der Hafen von New York voll von großen Schiffen), war schlicht und einfach DIE BESTE VERDAMMTE SCHULE IM GANZEN LAND FÜR EINEN JUNGEN IN SEINEM ALTER. Die Tatsache, daß Jake dort

Weitere Kostenlose Bücher