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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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hatte er tatsächlich gedacht, daß es so weit kommen würde? Er glaubte es nicht. »Ihr habt ihn gehört, Leute. Werft sie weg. Der Spaß ist vorbei.«
    Sie gehorchten einer nach dem anderen. Die Frau, die schätzungsweise einen Maßkrug voll Blut von Mr. Schwert-und-Kilt auf dem Gesicht hatte, sagte: »Sie hätten Winston nicht töten sollen, Missus – war sein Geburtstag, so war’s.«
    »Nun, dann hätte er eben zu Hause bleiben und noch ein Stück Geburtstagstorte essen sollen«, sagte Eddie. Angesichts des Zwischenfalls kamen ihm weder die Bemerkung der Frau noch seine Antwort darauf im geringsten surreal vor.
    Unter den verbliebenen Pubes befand sich noch eine Frau, ein dürres blindes Ding, deren langes Haar in Strähnen ausging, als hätte sie die Krätze. Eddie bemerkte, wie sie langsam zu dem toten Zwerg vorrückte – und zur Sicherheit der verhangenen Torbögen dahinter – und feuerte eine Kugel in den rissigen Beton vor ihren Füßen. Er hatte keine Ahnung, was er mit ihr anfangen wollte, aber er wollte auf gar keinen Fall, daß sie die anderen auf dumme Gedanken brachte. Zunächst einmal hatte er Angst davor, was seine Hände tun könnten, sollten die kranken, erbarmenswerten Leute vor ihm zu fliehen versuchen. Was sein Kopf auch immer davon halten mochte, ein Revolvermann zu sein, seine Hände hatten festgestellt, daß es ihnen ausgezeichnet gefiel.
    »Bleib, wo du bist, Schönheit. Polizist Freundlich sagt: Lieber auf Nummer Sicher gehen.« Er sah Susannah an und war betroffen ob ihrer grauen Gesichtsfarbe. »Suze, alles in Ordnung?« fragte er mit leiser Stimme.
    »Ja.«
    »Du kippst mir doch nicht um, oder? Weil…«
    »Nein.« Sie sah ihn mit so dunklen Augen an, daß sie wie Höhlen wirkten. »Es ist nur, ich habe bisher noch nie jemanden erschossen… okay?«
    Daran solltest du dich besser gewöhnen, lag ihm auf der Zunge. Er schluckte es hinunter und richtete den Blick wieder auf die fünf Leutchen, die noch vor ihnen standen. Sie sahen ihn und Susannah mit einer Abart verdrossener Angst an, die nichtsdestotrotz haarscharf an Entsetzen grenzte.
    Scheiße, die meisten haben vergessen, was Entsetzen ist, dachte er. Freude, Traurigkeit, Liebe… genau dasselbe. Ich glaube nicht, daß sie überhaupt noch viel empfinden. Sie leben schon zu lange in diesem Fegefeuer.
    Dann dachte er an das Gelächter, die aufgeregten Schreie, den anhaltenden Beifall und revidierte seinen Gedanken. Es gab immer noch eines, das ihre Motoren in Gang brachte, eines, das ihre Knöpfe drückt. Prügler hätte das bestätigen können.
    »Wer hat hier das Sagen?« fragte Eddie. Er behielt die Kreuzung hinter der kleinen Gruppe genau im Auge, falls die anderen wieder übermütig werden sollten. Bis jetzt sah und hörte er nichts Beunruhigendes aus dieser Richtung. Er dachte sich, daß die anderen diese zerlumpte Gruppe wahrscheinlich ihrem Schicksal überlassen hatten.
    Sie sahen einander unsicher an, schließlich ergriff die Frau mit dem blutbespritzten Gesicht das Wort. »Das war Prügler, aber als die Göttertrommeln diesmal angefangen haben, ist Prüglers Stein aus dem Hut gezogen worden, und wir ham ihn tanzen lassen. Ich schätze, Winston wär als nächster dran gewesen, aber dem habt ihr’s mit euren gottverfaulten Waffen gegeben, so isses.« Sie wischte sich vielsagend Blut von der Wange, betrachtete es und richtete den verdrossenen Blick wieder auf Eddie.
    »Was meinst du, wollte Winston mir mit seinem gottverfaulten Speer antun?« fragte Eddie. Er stellte zu seinem Mißfallen fest, daß die Frau tatsächlich Schuldgefühle wegen seiner Tat in ihm weckte. »Meine Koteletten nachschneiden?«
    »Habt Frank und Lüstling auch getötet«, fuhr sie verdrossen fort, »und was seid ihr? Entweder Graue, was schlimm ist, oder zwei gottverfaulte Ausländer, was noch schlimmer ist. Wen haben die Pubes noch in der Nordstadt? Topsy, nehm ich an – Topsy der Matrose –, der is nich mehr da, oder? Hat sein Boot genommen und is flußab gefahrn, das isser, und Gott soll ihn dafür verfaulen lassen, sag ich!«
    Susannah hörte nicht mehr zu; ihre Gedanken kreisten voll entsetzter Faszination um etwas, das die Frau vorher gesagt hatte:… ist Prüglers Stein aus dem Hut gezogen worden, und wir harn ihn tanzen lassen. Sie erinnerte sich, wie sie Shirley Jacksons Story ›Die Lotterie‹ im College gelesen hatte, und ihr war klar, daß diese Menschen hier, die degenerierten Nachfahren der ursprünglichen Pubes, Jacksons Alptraum

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