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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Feuer entfacht, das Wasser kochte bereits darüber.
    Der Revolvermann nickte ihm zu. »Gute Arbeit.«
    Jake errötete vor Freude und gab ihm schweigend Feuerstein und Stahl zurück.
    Während der Eintopf kochte, nutzte der Revolvermann das letzte Tageslicht, um zum Weidenhain zurückzugehen. In der Nähe des ersten Teiches schlug er Reben ab, die am sumpfigen Ufer des Wassers wuchsen. Später, wenn das Feuer zu Kohlen niedergebrannt war und Jake schlief, würde er sie zu Seilen flechten, die später von begrenztem Nutzen sein konnten. Aber irgendwie glaubte er nicht, daß ihnen das Klettern besonders schwerfallen würde. Er empfand ein Gefühl der Schicksalshaftigkeit, das er nicht einmal mehr als seltsam betrachtete.
    Die Weinreben bluteten grünen Saft auf seine Hände, während er sie zu dem wartenden Jake trug.
     
     

3
     
    Sie standen mit der Sonne auf und packten innerhalb einer halben Stunde zusammen. Der Revolvermann hoffte, er könnte noch ein Kaninchen schießen, wenn diese sich auf der Schneise zum Fressen einfanden, aber die Zeit war knapp, und es zeigte sich keines. Das Bündel mit ihren verbleibenden Lebensmitteln war jetzt so leicht, daß Jake es mühelos tragen konnte. Er war kräftiger geworden, dieser Junge; das konnte man sehen.
    Der Revolvermann trug das Wasser, das er frisch an einer der Quellen geschöpft hatte. Die drei Rebenseile schlang er sich um den Bauch. Sie machten einen großen Bogen um den Kreis aus Steinen (der Revolvermann fürchtete, der Junge könnte neuerliche Angst empfinden, doch als sie auf einer felsigen Anhöhe darüber vorbeigingen, warf Jake ihm lediglich einen flüchtigen Abschiedsblick zu und sah dann einem im Wind schwebenden Vogel nach). Schon bald waren die Bäume weniger hoch und saftig. Die Stämme waren gekrümmt, die Wurzeln schienen in einer gequälten Jagd nach Wasser mit dem Boden zu ringen.
    »Alles ist so alt«, sagte Jake düster, als sie eine Rast machten. »Gibt es hier nichts Junges?«
    Der Revolvermann lächelte und stieß Jake mit dem Ellbogen an. »Du bist doch jung«, sagte er.
    »Wird das Klettern schwer sein?«
    Der Revolvermann sah ihn eigentümlich an. »Die Berge sind hoch. Glaubst du nicht, daß das Klettern schwer werden wird?«
    Jake sah mit umwölkten und verwirrten Augen zu ihm. »Nein.«
    Sie gingen weiter.
    Die Sonne stieg zum Zenit, schien dort kürzer zu verweilen als während der ganzen Durchquerung der Wüste, und zog dann weiter und gab ihnen ihre Schatten zurück. Felsgesimse ragten aus der Erde empor wie die Arme gigantischer, im Erdreich vergrabener Lehnstühle. Das kümmerliche Gras wurde gelb und verbrannt. Schließlich versperrte ihnen ein tiefer, schornsteinartiger Riß den Weg, und sie erklommen einen niederen, verwitterten Felsvorsprung, um um sie herum und über sie hinweg zu gelangen. Der uralte Granit war in Abschnitte geborsten, die stufenähnlich waren, und das Klettern ging leicht vonstatten, wie sie beide intuitiv geahnt hatten. Auf der etwas mehr als einen Meter breiten Kuppe blieben sie stehen und sahen über das abfallende Land zur Wüste zurück, die sich wie eine riesige gelbe Pfote um das Hochland legte. Weiter entfernt gleißte sie wie ein weißes Schild, das das Auge blendete, und verbarg sich noch weiter entfernt hinter waberndem Hitzeflimmern. Der Revolvermann verspürte gelindes Erstaunen darüber, daß diese Wüste ihn um ein Haar umgebracht hätte. Von der Stelle, wo sie im Kühlen standen, machte die Wüste sicher einen monumentalen Eindruck, aber keinen tödlichen.
    Sie wandten sich wieder der Aufgabe des Kletterns zu, kletterten über an ein Mikadospiel gemahnende Felswände und hasteten niedergekauert geneigte Felsflächen empor, in denen Quartz und Glimmer funkelten. Der Felsen faßte sich angenehm warm an, aber die Luft war merklich kühler geworden. Am Spätnachmittag hörte der Revolvermann leises Donnergrollen. Doch die steile Silhouette der Berge verbarg den Regen auf der anderen Seite noch.
    Als die Schatten purpurn wurden, lagerten sie im Überhang eines vorspringenden Felsplateaus. Der Revolvermann verankerte ihre Decke oben und unten und schuf so einen behelfsmäßigen Windfang. Sie saßen an dessen Rand und sahen zu, wie der Himmel eine Decke über die Welt breitete. Jake ließ die Beine über den Vorsprung baumeln. Der Revolvermann drehte sich seine abendliche Zigarette und sah Jake halb belustigt an. »Dreh dich nicht im Schlaf herum«, sagte er, »sonst wirst du in der Hölle

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