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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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schoss das Schloss von dem Sicherungsriegel. Das Geräusch hallte in der Stille wider und kam als Echo zurück. Mit ihm tauchte das heulende Geräusch der Schwachstelle wieder auf, so als hätte der Schuss es geweckt. Klingt nach Hawaii, oder etwa nicht?, dachte Jake und verzog missfällig das Gesicht. Vor einer halben Stunde hätte er nicht geglaubt, dass ein Geräusch derart körperliches Unbehagen hervorrufen konnte wie… nun, sagen wir der Geruch von verwesendem Fleisch, aber jetzt glaubte er es. Er sah zu den Straßenschildern hinauf. Aus dem gegenwärtigen Blickwinkel konnte er nur ihre Oberseiten erkennen, aber das genügte, um festzustellen, dass sie wieder flimmerten. Es erzeugt eine Art Feld, dachte Jake. So wie Mixer und Staubsauger statische Störungen in Radio- und Fernsehgeräten hervorrufen, oder wie dieses Zyklotrondingens die Haare an meinen Armen aufrichtete, als Mr. Kingery es in den Unterricht brachte und dann Freiwillige suchte, die sich daneben stellten.
    Eddie stemmte den Riegel beiseite und schnitt mit Rolands Messer die elastischen Kordeln durch. Dann zog er den Rollstuhl aus dem Kofferraum, untersuchte ihn, klappte ihn auseinander und ließ die Stütze einrasten, die auf Sitzhöhe quer über die Rückseite verlief. »Voilà!«, sagte er.
    Susannah hatte sich auf eine Hand gestützt – Jake fand, dass sie irgendwie wie die Frau in diesem Gemälde von Andrew Wyeth aussah – Christina’s World – und betrachtete den Rollstuhl staunend.
    »Allmächtiger Gott, er sieht so klein und leicht aus!«
    »Spitzenleistung moderner Technik, Liebling«, sagte Eddie. »Dafür haben wir in Vietnam gekämpft. Hüpf rein.« Er bückte sich, um ihr zu helfen. Sie leistete keinen Widerstand, runzelte aber die Stirn, als er sie auf den Sitz niederließ. Als rechnete sie damit, dass der Stuhl unter ihr zusammenbrechen würde, dachte Jake. Als sie mit den Händen über die Armstützen ihres neuen Gefährts strich, entspannte sich ihr Gesicht allmählich.
    Jake schlenderte ein Stückchen davon und ließ seinen Blick über eine andere Reihe Autos schweifen, strich mit den Fingern über die Hauben und hinterließ Spuren im Staub. Oy watschelte hinter ihm her, blieb einmal stehen und hob ein Bein an einem Reifen, als hätte er das sein ganzes Leben lang getan.
    »Hast Heimweh, Schätzchen, was?«, sagte Susannah hinter Jake. »Wahrscheinlich hast du gedacht, dass du nie wieder ein richtiges amerikanisches Automobil sehen würdest, hab ich Recht?«
    Jake dachte darüber nach und kam zu dem Ergebnis, dass sie nicht Recht hatte. Es war ihm nie in den Sinn gekommen, dass er für immer in Rolands Welt bleiben würde; dass er nie wieder ein Auto sehen könnte. Er glaubte nicht, dass ihn das besonders stören würde, aber er glaubte auch nicht, dass es in seinen Karten geschrieben stand. Derzeit jedenfalls noch nicht. In dem New York, aus dem er gekommen war, gab es einen bestimmten unbebauten Platz. Er lag an der Ecke Second Avenue und Forty-sixth Street. Einst war dort ein Delikatessengeschäft gewesen – Tom und Gerry’s, Party-Platten sind unsere Spezialität –, aber heute gab es dort nur noch Schutt, Unkraut, Glasscherben und…
    … und eine Rose. Nur eine einzige wilde Rose, die auf einem Brachgrundstück wuchs, wo einmal Häuser mit Eigentumswohnungen hochgezogen werden sollten, aber Jake hatte so eine Ahnung, als würde auf der ganzen Welt nichts Vergleichbares wachsen. Vielleicht auch nicht in den anderen Welten, von denen Roland gesprochen hatte. Es gab Rosen, wenn man sich dem Dunklen Turm näherte – Milliarden von Rosen, wie Eddie behauptete, hektarweise, groß und blutrot. Er hatte sie in einem Traum gesehen. Und doch vermutete Jake, dass sich diese Rose selbst von denen unterschied… und dass er, bis deren Schicksal so oder so entschieden war, mit der Welt der Autos und Fernseher und Polizisten, die wissen wollten, ob man einen Ausweis bei sich hatte und wie die Eltern hießen, noch nicht fertig war.
    Und da wir gerade von Eltern sprechen, mit denen bin ich wahrscheinlich auch noch nicht fertig, dachte Jake. Der Gedanke beschleunigte seinen Herzschlag mit einer Mischung aus Hoffnung und Sorge.
    Auf halber Höhe der Autoreihe blieben sie stehen; Jake starrte mit leerem Blick über die breite Straße (Gage Boulevard, vermutete er), während er darüber nachdachte. Nun holten Roland und Eddie sie ein.
    »Dieses Schnuckelding ist wirklich ein großer Spaß, nachdem ich zwei Monate die Eiserne Jungfrau

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