Der Eden Effekt
der bestmöglichen Position sein, wenn das Unvermeidliche eintritt.«
»Der Glückliche.« Anika trank noch einen Schluck.
»Ist Ihnen das Mittelalter vertraut? Die Entstehung der Feudalgesellschaft? Das ist die Zukunft, nicht wahr? Denjenigen, die pragmatisch genug sind, erlaubt dieses Wissen, etwas zu retten.« Sie zuckte mit den Schultern. »Mein Arbeitgeber ist kein Heiliger, aber die Alternative ist Chaos und der totale gesellschaftliche Zusammenbruch.«
»Kasperski möchte also nur einen kleinen Teil der Welt für sich selbst retten?«, fragte Anika in sarkastischem Ton.
»Ich weiß, das ist nicht viel«, gab Stephanie zu. »Doch das Ende der Globalisierung schließt die Weltherrschaft aus, nicht wahr?« Sie lächelte spöttisch. »Das war ein Scherz.«
»Darüber kann ich nicht lachen.«
»Ich brauche Ihnen wohl kaum zu sagen, dass wir ein wenig verärgert waren, als wir erfuhren, dass Mark nicht das kreative Genie ist, das hinter dem Modell steckt«, fuhr Stephanie fort. »Wir hofften aber, die Probleme mit seiner Hilfe lösen zu können.«
»Bis er entführt wurde.«
»Wir haben alles versucht, um ihn zurückzuholen. Wir wissen immer noch nicht, wie die Chinesen es geschafft haben, ihn in Sicherheit zu bringen. Aber das ist eine andere Geschichte. Bedauerlicherweise bedeutete das für uns, dass wir Sie entführen mussten. Und jetzt hören Sie mir bitte gut zu. Es gibt zwei Möglichkeiten, die Entscheidung liegt bei Ihnen. Angesichts des Unvermeidlichen gibt es nicht viel, worauf wir uns freuen können. Moral, wie wir sie heutzutage verstehen, funktioniert als Überlebensstrategie dann nicht mehr. Dr. French, bitte seien Sie sich über alle Konsequenzen Ihrer Entscheidung im Klaren.« Sie warf Anika einen eisigen Blick zu. »Die erste Möglichkeit bedeutet, dass Sie sehr reich werden und ein schönes, angenehmes Leben führen. Mark hat vor allem den Hummer und den Champagner genossen. Sie können sich nicht vorstellen, in was für einem schönen Haus Sie wohnen werden. Und es gibt zahlreiche Annehmlichkeiten. Ihr Gehalt wird Sie mehr als zufriedenstellen, und sobald Sie Ihre Zuverlässigkeit bewiesen haben, gehören Urlaube an Orten wie diesem hier dazu.« Sie breitete die Arme aus. »Wir belohnen unsere Mitarbeiter gut.«
»Ich habe gehört, Sie töten sie, sobald sie ihren Zweck erfüllt haben.«
Stephanie musterte sie skeptisch. »Warum sollten wir das tun?«
»Um jedes Risiko zu vermeiden und sicherzustellen, dass niemand Ihre Arbeit reproduzieren kann – und um ein paar Hunderttausend im Jahr zu sparen.«
Stephanie dachte kurz nach und nickte dann zögernd. »Klingt logisch, doch es würde sich nicht rechnen.«
»Wie bitte?«
»Meinen Sie wirklich, uns käme es auf ein paar mickrige Hunderttausend an, wenn wir mit dem fertigen Modell ein paar Milliarden machen können?«
Anika runzelte nachdenklich die Stirn. Noch hatte sie nicht genügend Informationen, um diese Aussage einschätzen zu können.
»Sie haben dennoch einen sehr wichtigen Punkt angesprochen. Es ist uns tatsächlich wichtig, dass Konkurrenten unsere Arbeit nicht reproduzieren können. Mark Schott ist ein anschauliches Beispiel für die Risiken, die wir eingehen.« Sie räusperte sich. »Wenn Sie etwas so Ausgefeiltes wie dieses Modell entwerfen können, stellt sich andererseits die Frage, welche Wunder Ihr cleverer Verstand noch vollbringen kann, wenn man Ihnen den richtigen Anreiz bietet. Im Gegensatz zu dem, was Sie gehört haben mögen, gehen wir sorgsam mit wertvollen Mitarbeitern um. Abgesehen von der moralischen Seite wäre es eine äußerst unproduktive Geschäftspraxis, es nicht zu tun.«
»Dann ist ja alles wunderbar, nicht wahr?«, spottete Anika und trank ihren Saft aus.
»Natürlich nicht. Sie müssen sich Ihr Geld erst verdienen, indem Sie gute Ergebnisse liefern und Loyalität beweisen. Im ersten Jahr ist Ihre Handlungsfreiheit eingeschränkt, und Sie werden ständig überwacht. Wir stellen Sie sozusagen auf die Probe.«
Anika wollte ihr gerade einen giftigen Blick zuwerfen, besann sich dann aber eines Besseren. Denk nach, Anika! Benutze deinen Verstand! »Okay. Das ist die erste Möglichkeit. Und die zweite?«
»Die ist nicht so angenehm. Wir wären dann Gegenspieler, und da uns jedes Mittel recht ist, um Ihre Kooperation sicherzustellen, werden Sie furchtbar unglücklich sein. Und zwar so sehr, dass Sie sich unseren Wünschen schon allein deshalb fügen werden, um dem Elend ein Ende zu setzen. Sie müssen
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