Der Eden Effekt
nationalen und internationalen anthropologischen Konferenzen mitgenommen und sie zu Partys mit einflussreichen Professoren eingeladen, die in Harvard und Cornell sowie an Universitäten in Arizona, Michigan und Pennsylvania lehrten. Er hatte sie den ganz Großen der Anthropologie vorgestellt und ihr gezeigt, dass er in Wissenschaftskreisen eine geachtete Autorität war.
»Es ist nicht so, dass ich dich nicht liebe«, hatte er zu ihr gesagt. »Aber ich kann mich nicht von Denise trennen. Das wäre nicht gut für die Jungen.« Es hätte auch seinem Ansehen an der Universität geschadet. Sein ursprünglicher Plan war gewesen, zuerst Institutsleiter und dann Dekan der Fakultät zu werden. Das wären die idealen Voraussetzungen gewesen, um an eine renommiertere Universität berufen zu werden.
Das war, bevor Anika das Modell entwickelt hatte. Erst als er schließlich begriff, woran sie genau arbeitete, erkannte er, welchen Wert sie hatte und wie er diesen nutzen konnte.
»Verdammt«, murmelte er. »Hätte ich es damals gewusst, hätte ich Nägel mit Köpfen gemacht und mich von Denise scheiden lassen.«
»Dr. Schott?«, sagte die Sekretärin, als sie das Foyer betrat. Mark schätzte sie auf etwa fünfzig. Die Frau hatte ihr graues Haar zu einem strengen Knoten frisiert. Sie trug eine weiße Bluse und einen schlichten Rock. »Wenn Sie mir bitte folgen würden.«
Mark stand auf, strich seine Hose glatt und nahm die Aktentasche, die neben dem Sessel stand, in die Hand. Er reckte sich und folgte ihr durch die Tür. Sie stiegen eine Treppe hinauf und gingen einen Korridor entlang. Mark schaute in die Büros auf beiden Seiten, in denen Anwälte vor ihren Monitoren saßen. Auf ihren Schreibtischen lagen ordentlich gestapelte Unterlagen.
Die Sekretärin führte ihn in einen Besprechungsraum, bot ihm einen Platz am Tisch an und brachte ihm eine Tasse Kaffee. Mark trank einen Schluck, während sein Blick über die deckenhohen Bücherregale wanderte, auf denen dicht gedrängt beeindruckende juristische Werke standen.
»Dr. Schott?«
Mark drehte sich um und stand auf, als zwei Männer den Raum betraten.
»Ich bin Bruce Mitchell, einer der Partner der Kanzlei.« Mitchell reichte ihm die Hand. Er trug einen grauen Anzug, der mit Sicherheit maßgeschneidert war, ein Button-Down-Hemd und eine blaue Seidenkrawatte. Der Mann hatte eine sportliche Figur, einen gebräunten Teint und war vermutlich Anfang sechzig.
»Guten Tag«, sagte der andere Mann mit europäischem Akzent, vielleicht war es Niederländisch. »Simon Gunter. Wir haben telefoniert. Ich arbeite in der Vertragsabteilung der ECSITE-Corporation. Ich freue mich, Sie endlich persönlich kennenzulernen.« Mark schätzte Gunter auf Mitte dreißig. Gunter trug einen teuren italienischen Anzug, der einen so hohen Seidenanteil hatte, dass er im Neonlicht schimmerte. Seine makellos sauberen schwarzen Schuhe glänzten. An den Manschetten seines weißen Hemdes trug er mit Smaragden besetzte Manschettenknöpfe, und Mark war sicher, dass sie echt waren. Doch die tadellose Kleidung schien irgendwie nicht zu dem Mann zu passen, der sie trug. Mark fühlte sich unbehaglich in Gunters Gegenwart.
Warum?
Gunters kurz geschnittenes schwarzes Haar war sorgfältig frisiert. Er hatte eine hohe Stirn, eine gerade Nase, ein energisches Kinn, leicht geschürzte Lippen und intelligente braune Augen. Mark empfand den intensiven Blick des Mannes fast wie den eines Raubtiers. Auch Gunters Bewegungen erinnerten ihn an die einer Katze, die sich bemüht, niemanden einzuschüchtern.
Verdammt! Mit dem sollte man sich lieber nicht anlegen , dachte Mark, als er ihm die Hand schüttelte. Gunters Händedruck war kräftig, aber nicht zu fest.
»Nehmen Sie doch bitte wieder Platz«, sagte Mitchell freundlich. »Dürfen wir Ihnen noch etwas anderes anbieten, Dr. Schott, ehe wir beginnen?«
»Nein danke. Der Kaffee genügt mir.« Jetzt wünschte Mark sich, er hätte am Abend zuvor weniger getrunken. Sein scharfer Verstand hatte durch den Alkohol etwas gelitten.
Mit federnden Schritten ging Gunter auf den Tisch zu und setzte sich gegenüber von ihm, während Mitchell am Ende des Tisches Platz nahm. Ein Assistent trat ein, legte geräuschlos eine Akte auf den Holztisch und schloss die Tür, als er wieder hinausging.
»Also gut«, begann Mitchell. Er schlug die Akte auf und legte Mark einen dicken Vertrag vor. »Nehmen Sie sich Zeit, und lesen Sie alles in Ruhe durch.«
Mark beugte sich vor, zupfte an den
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