Der Eden Effekt
Manschetten und begann zu lesen. Wie in einer Anwaltskanzlei nicht anders zu erwarten, war der Text in einem sehr abgehobenen Stil verfasst. Selbst er als Professor, der es gewohnt war, anthropologische Abhandlungen zu lesen, stolperte über ein paar Formulierungen. Das Gehalt war jedoch in Fettdruck hervorgehoben. Als Mark die Zahl las, hüpfte sein Herz vor Freude.
Der folgende Absatz enthielt eine angemessene Summe für »Beratungen« durch den Fachbereich Anthropologie. Sie war hoch genug, um sicherzustellen, dass sein plötzlicher Wechsel zu ECSITE nicht zu viele Leute verärgern würde. Und dieses Geld brauchte er auch, um sich Anikas Mitarbeit zu sichern. Keine frischgebackene Doktorin würde ein solches Gehalt ausschlagen.
Das Datum seines Wechsels zur ECSITE-Corporation in München überraschte Mark jedoch.
Er sollte dort schon in der nächsten Woche mit seiner Arbeit beginnen? Nicht einmal mit Denise hatte er gesprochen. Ganz zu schweigen vom Fachbereich Anthropologie! Aber wenn man bedachte, was die Universität im Gegenzug bekam, würde sie sich ihm auf keinen Fall in den Weg stellen.
Über die Nichterfüllungsklausel stolperte Mark kurz. Da er Anika aber zu einem gut bezahlten Job verhelfen würde, konnte nichts schiefgehen. Dann folgte die Geheimhaltungsklausel. Kein Problem. Er würde Schweigen bewahren. Anika kannte nicht alle Einzelheiten, sodass sie ihm nicht auf die Schliche kommen konnte.
Als Mark seine Lektüre beendet hatte, ergriff Mitchell das Wort. »Dr. Schott, es handelt sich um einen Dreijahresvertrag. Während dieser Zeit stellen Sie ECSITE Ihre Dienste als Berater zur Verfügung. Sie bekommen ein Grundgehalt von zweihundertfünfzigtausend Dollar pro Jahr und zusätzliche Boni, die von der tatsächlichen Leistungsfähigkeit Ihres Modells abhängen.«
Er hob den Blick. »Die Höhe der Boni entspricht einem Prozentsatz von ECSITEs tatsächlichen Gewinnen nach Abzug der Ausgaben, und sie hängen von der Anwendbarkeit des Modells ab.«
»Ich verstehe.« Mark setzte eine ernste, nachdenkliche Miene auf, wie er es bei Fachbereichskonferenzen zu tun pflegte. Er hatte das ungute Gefühl, dass Gunter trotzdem erriet, wie nervös er war.
»Sie verstehen«, fügte Gunter in freundlichem Ton hinzu, »dass alles davon abhängt, wie sich das Modell in der realen Welt bewährt. Es muss alles leisten, was Sie uns zugesagt haben.«
Mark schenkte ihm sein schönstes Professorenlächeln. »Dessen bin ich mir durchaus bewusst. Ich nehme an, Sie haben die Statistikprogramme, die ich entwickelt habe, von Fachleuten überprüfen lassen.«
»Wir wissen, dass zwischen dem, was Sie in Ihrem Zeitschriftenartikel veröffentlicht haben, und dem Material, das Sie uns später zukommen ließen, hm ... wie soll ich sagen, eine Lücke klafft«, erwiderte Gunter, ohne eine Miene zu verziehen.
Mark erlaubte sich ein süffisantes Grinsen. »Hätte ich alles veröffentlicht, würden wir nicht hier sitzen, nicht wahr?«
Gunter lächelte zwar, doch dieses Lächeln verriet nichts. »Sie haben uns genug Material geliefert, um unsere Neugier zu wecken.« Mark lief ein kalter Schauer über den Rücken, als Gunters Blick härter wurde. »Wir wären sehr enttäuscht, wenn das Modell versagen und nicht die Ergebnisse liefern würde, die Sie uns versprochen haben.«
»Der Vertrag enthält in Paragraf 17 eine Nichterfüllungsklausel«, fügte Mitchell behutsam hinzu. »Sie beinhaltet auch die Erstattung entstandener Kosten an ECSITE, sollte das Modell nicht erfolgreich funktionieren.«
Mark überkam Unsicherheit. Dennoch zwang er sich dazu, sich zurückzulehnen und Selbstvertrauen vorzutäuschen. »Das ist das ausgefeilteste Programm für Sozialstatistik, das jemals geschrieben wurde. Die existierenden Modelle, von denen dieses hier abgeleitet wurde, sind wie das reinste Kinderspielzeug im Vergleich zur Brooklyn Bridge.«
Gunters Lippen zuckten leicht, doch er äußerte sich nicht dazu. Die dunklen Augen des Mannes blieben kalt.
»Ist es für Sie ein Problem, innerhalb des gewünschten Zeitrahmens nach München umzuziehen?«, fragte Mitchell. »ECSITE möchte, dass Sie so schnell wie möglich mit Ihrer Arbeit beginnen.«
Mark rutschte auf dem Stuhl nach vorn. »Wie wäre es, wenn ich am nächsten Donnerstag nach München komme?«
»Das wäre ganz in unserem Interesse.« Gunter beobachtete ihn, doch seine Gedanken blieben hinter dem starren Blick verborgen.
Mark griff in die Tasche, zog einen Stift heraus und setzte
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