Der Eden Effekt
wollte.
Anika öffnete die Tür und legte die Seminararbeiten auf eine Ecke des Schreibtisches. Sie bot Denise einen Stuhl an und setzte sich. Mit klopfendem Herzen fragte sie: »Was kann ich für Sie tun?«
»Was führt Mark im Schilde?«
»Wie bitte?«
»Ich habe eure Affäre jahrelang ertragen. Lassen wir die Spielchen. Was macht Mark in Deutschland? Was hat das alles zu bedeuten?«
Anika versteifte sich. »Ich weiß nur, dass er eine Stelle bei der ECSITE-Corporation angenommen hat. Ich habe mal im Internet recherchiert. Es scheint sich um ein milliardenschweres Investmentunternehmen zu handeln. Berater für Megabanken. Der Vorstandsvorsitzende ist Russe, ein gewisser Michail Kasperski. Die Zentrale sitzt in Zürich, aber die meisten Geschäfte werden von einer Kleinstadt in der Nähe von München aus abgewickelt.«
Denise schaute Anika beinahe angewidert an. »Sind Sie schwanger?«
»Schwanger?«
»Beantworten Sie jede Frage mit einer Frage? Sagen Sie doch einfach ja oder nein.«
»Nein! Hören Sie. Ich schlafe nicht mehr mit Mark! Ich war selbst vollkommen überrascht.«
Denise beruhigte sich ein wenig, aber sie hatte dennoch Mühe, sich zu beherrschen. »Geht es um eine andere Frau?«
»Glaube ich nicht.«
»Hat er nicht mit Ihnen darüber gesprochen? Und Sie wussten wirklich nichts von seinen Plänen?«
»Nein.«
»Steckt er in Schwierigkeiten?«
»Nicht, dass ich wüsste.« Anika atmete tief ein, um sich zu beruhigen. »Ich weiß nur, dass es um sehr viel Geld geht. Das hat er Ihnen doch sicher auch erzählt, oder?«
Denise nickte betrübt. »Ja. Geld, Geld, Geld. Mein Gott, als gäbe es nichts Wichtigeres.« Sie schnaubte wütend. »Deutschland? Warum dieses verdammte Deutschland? Was war denn so schlecht an seiner Professorenstelle hier?«
»Ich weiß es nicht, Denise. Ich habe erst Montagmorgen davon erfahren. Ich schwöre es.«
Denise musterte Anika eindringlich. »Hat er Sie gefragt, ob Sie mitkommen?«
Anika fühlte sich schrecklich unwohl in ihrer Haut. »Ja, hat er.«
»Und?« Die Frau sah aus, als würde sie jeden Augenblick zusammenbrechen.
»Begraben wir das Kriegsbeil?«
Denise nickte. Sie biss sich auf die Lippen und bereitete sich innerlich auf das Schlimmste vor.
»Meine Beziehung zu Ihrem Mann beschränkt sich ausschließlich auf die Forschung. Punkt. Ich bin mindestens für ein Jahr vertraglich an die Universität gebunden. Und selbst wenn ich keinen Vertrag hätte und er nicht verheiratet wäre, würde ich nicht nach München gehen. Punkt.«
»Es gab eine Zeit, da hätten Sie sich anders entschieden«, sagte Denise in anklagendem Ton.
Anika zuckte zusammen.
»Ich wusste es«, flüsterte Denise. »So ging es den anderen auch. Aber bei Ihnen war es anders: Er hat Sie tatsächlich geliebt. Danach war es nie mehr wie früher.«
Anika schwieg. Ihr blutete das Herz.
»Unsere Ehe war von Anfang an die reinste Farce.«
»Gehen Sie nicht nach München?«, fragte Anika, um das Thema zu wechseln.
»Ich ... ich weiß es nicht. Will und Jake sind todunglücklich. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Deutschland? Es ist so weit weg.«
»Es tut mir leid, Denise. Es tut mir wirklich sehr, sehr leid.«
Denise schaute in die Ferne. »Dann war es also nicht Ihr Auto?«
»Welches Auto?«, fragte Anika verwirrt.
»Das Auto, das vor unserem Haus stand. Jemand hat uns beobachtet.«
Anika schüttelte den Kopf. Jemand hatte Denise’ Haus beobachtet? Vielleicht jemand von ECSITE? Aber warum? Sie wussten doch, dass Mark bereits auf dem Weg nach Deutschland war. Anika sah die Sorge in Denise’ Augen. »Hören Sie, seitdem ich das alles erfahren habe, bin ich ziemlich durcheinander. Ich bin froh, wenn ich nachts sechs Stunden schlafen kann. Ich habe bestimmt keine Zeit, mich in einem Auto vor Ihr Haus zu setzen. Das ist verrückt.«
Denise hob den Blick. »Wer kann das gewesen sein?«
Anika dachte kurz nach und kam zu dem Schluss, dass es nur eine Erklärung dafür geben konnte. »Denise, Sie sind eine attraktive Frau. Interessiert sich ein anderer Mann für Sie? Könnte es sein, dass Sie jemanden kennengelernt haben, der nun ein krankhaftes Interesse an Ihnen entwickelt?«
»Nein.«
»Wenn jemand Ihr Haus beobachtet, müssen Sie auf jeden Fall die Polizei einschalten.«
»Vielleicht hat es nichts zu bedeuten. Ich habe Mark gestern zum Flughafen gefahren und die ganze Nacht nicht geschlafen. Ich bin durch die Wohnung gelaufen und habe versucht, das alles zu begreifen.«
»Haben
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