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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Herz pochte heftig, aber in seinem Kopf wurde es wieder etwas klarer. Er holte tief Luft und lehnte sich zurück.
    »Sir, ich muss Ihnen leider mitteilen, dass ich den US-Streitkräften in der Region den Befehl geben werde, den von Ihnen geplanten Angriff zu unterbinden. Ich werde außerdem mit unseren Verbündeten Kontakt aufnehmen, um sie diesbezüglich um Unterstützung zu bitten. Außerdem werde ich sofort die Regierungen der Länder, die Sie angreifen wollen, über Ihre Pläne unterrichten und werde ihnen in jeder möglichen Weise dabei helfen, sie zu vereiteln.«
    Warat nahm die Ablehnung mit stoischer Miene zur Kenntnis. Hinter ihm, jenseits des Fensters, ging das Leben weiter. Nicht normal, aber es ging weiter. Autos bewegten sich über die Straße, Kinder spielten in Gärten, und ihre Eltern taten ihr Möglichstes, um sie von dem Horror einer zusammenbrechenden Welt fernzuhalten. Über dieser idyllischen Szenerie bewegte sich ein silbrig glänzender Düsenjet durch den Himmel, auf dem Weg in einen anderen Teil der Welt. Er hatte keine Ahnung, wohin, aber er war sicherlich voll besetzt. Der israelische Botschafter seufzte und riss sich dann wieder zusammen.
    »Meine Regierung hat erwartet, dass Sie so reagieren würden, Admiral. Es ist eine ehrenvolle Reaktion von Ihrer Seite. Trotzdem muss ich deutlich machen, dass unsere Luftwaffe die Luftabwehr des Iran und Irak so weit ausgeschaltet hat, dass sie uns keinen nennenswerten Widerstand mehr entgegensetzen können. Gleiches gilt für die syrische Luftwaffe, die während der Kämpfe in der letzten Woche eliminiert wurde. Wenn Sie diese Länder von unserem Plan unterrichten, wird es nur den Effekt haben, dass Millionen von Menschen ihre letzten Stunden in furchtbarer Angst verbringen.«
    Ritchie schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, so fest, dass es laut krachte.

    »Gottverdammt, hören Sie mir eigentlich zu? Sie dürfen das nicht tun! Ich werde meinen Truppen in der Region befehlen, sich Ihnen entgegenzustellen. Wir werden Ihre Flugzeuge abschießen!«
    Warat nickte mechanisch wie eine Puppe. Er bewegte nervös die Schultern, und als er weitersprach, vermied er es, Ritchie in die Augen zu sehen.
    »Meine Regierung hat sich für eine solche Eventualität vorbereitet, Admiral. Unsere Bomber werden von Kampfjets begleitet. Sie werden jede fremde Streitmacht angreifen, die sich ihnen entgegenstellt.«
    »Mein Gott«, stöhnte Ritchie. »Sie werden uns alle umbringen. Wenn Sie das jetzt durchführen, wie lange, glauben Sie wohl, wird es dauern, bis irgendein Wahnsinniger in Delhi oder Islamabad sich entscheidet, Ihnen nachzueifern? Wie lange wird es dauern, bis Russland und China entschieden haben, dass sie die Welt viel einfacher beherrschen können ohne uns und uns auslöschen?«
    »Diese Fragen kann ich nicht beantworten, Admiral, und das wissen Sie auch. Aber ich kann Ihnen versichern, dass der jüdische Staat, wenn wir jetzt nicht reagieren, in Kürze in einem zweiten Holocaust vernichtet wird. Und Sie wissen, dass das die Wahrheit ist.«
    Ritchie rieb sich die Augen, die schmerzten, weil er zu wenig Schlaf bekommen hatte.
    »Gehen Sie«, sagte er leise.

30

Negev-Wüste, Israel
    Der Botschafter hatte gelogen. Oder jedenfalls nicht die ganze Wahrheit gesagt, weil er sie selbst nicht wusste. Die Liste mit den Zielobjekten war unvollständig gewesen, genauso andere Details des Angriffs, wie zum Beispiel, dass viele Sprengköpfe von Jericho-II-Raketen und nicht von bemannten Bombern transportiert werden sollten. Zusätzlich zu den Städten und Militärbasen auf der Liste hatte das israelische Kabinett noch achtunddreißig weitere Ziele ausgesucht: potenzielle iranische Atomzentren in Natanz, Kerman, Qom, Ahwaz und Kermanshah. Fünf mit Nuklearsprengköpfen versehene Raketen wurden gerade auf Libyen gerichtet, als Admiral Ritchie den Botschafter empfing, weitere drei nahmen Militärbasen in der Nähe von großen ägyptischen Städten ins Visier. Ein Ziel aber war besonders heikel: der Assuan-Staudamm.
    Oberst Rudi Molenz saß ganz ruhig im Cockpit seines F-151-Bombers am Ende der Startbahn der Hatzerim Air Base in der Negev-Wüste. Tel Aviv, wo seine Familie lebte, lag fünfundsiebzig Kilometer weiter nördlich, aber heute Nacht würden alle Lichter dort ausgehen, und die Stadt würde in vollkommener Dunkelheit daliegen. Er würde keinen Blick über die Schulter zurückwerfen, wenn er gestartet war, und lächelnd an seine Kinder denken, die dort unten

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