Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
inmitten der vielen Lichter sicher in ihren Betten lagen und auf die Rückkehr ihres Vaters warteten. Diesmal gab es keine Garantie für seine Rückkehr. Schlimmer noch,
es war nicht einmal sicher, ob seine Heimatstadt diese Nacht oder den nächsten Tag überleben würde. Hinter ihm pfiff sein Kanonier, Leutnant Ephron, schräg vor sich hin und irritierte ihn damit, aber er sagte nichts. Ephron war nervös und dieses eigenartige Gepfeife seine Art, damit fertigzuwerden. Es war immer das Gleiche, aber wenn sie erst mal gestartet waren, hielt er den Mund und machte schweigend seine Arbeit. So war es bislang immer gewesen.
    Ein leises Knistern in den Kopfhörern unter seinem Helm: »Achtung Eins-Neunzig …«
    Molenz spürte, wie sein Magen sich zusammenkrampfte. Das Pfeifen war verstummt.
    Wieder meldete sich die Stimme im Kopfhörer.
    »Plan Magenta ist freigegeben. Der Code lautet Echo Kilo Vier Neun Drei Neun Foxtrott.«
    Molenz hatte sich diesen Code längst eingeprägt, aber er schaute dennoch auf den Einsatzplan, der an seinem Bein festgeklettet war.
    »Code bestätigt, Eins-Neunzig startet.«
    Die gewaltigen zwei F-150-Pratt-&-Witney Düsenmotoren brüllten auf wie ein zorniger Leviathan, während vor den Augen des Piloten die Kontrolllampen aufleuchteten. Die geballte Kraft des Kampfjets umfing ihn, und wie jedes Mal, wenn es so weit war, lief ein wohliger Schauer durch seinen Körper, als er die enorme Energie spürte, die jetzt in seinen Händen lag. Zu diesem Gefühl kam am heutigen Tag noch ein weiteres, tiefergehendes, was er noch nicht kannte, auch wenn er schon zahlreiche Kampfeinsätze geflogen hatte. Es war nicht die Angst vor dem Sterben, sondern die Gewissheit, selbst zum Todesengel zu werden, denn unter seinem Kampfjet hing ein atomarer Sprengkopf mit einer Kraft von dreißig Kilotonnen in einer speziell gehärteten Ummantelung mit besonderer Durchschlagskraft. Diese Bombe war so beschaffen, dass sie durch zehn Meter Beton in den Sockel des Assuan-Staudamms eindringen
konnte, bevor sie explodierte und das gesamte Bauwerk atomisieren würde. Danach würden sich die ultrahocherhitzten Wassermassen in das Tal des Nil ergießen und sich wie ein Mega-Tsunami Richtung Kairo wälzen.
    Er konnte immer noch nicht ganz glauben, dass er dies wirklich tun würde. Aber die beiden Kampflugzeuge, die hinter ihm aufliefen, waren ganz real. Genauso wie die vielen startenden Maschinen, die er schon beobachtet hatte und die viel entferntere Ziele erreichen sollten. Er kannte viele der Piloten. Sie hatten sich knapp, aber herzlich voneinander verabschiedet. Im Gegensatz zu Molenz flogen sie in einstrahligen F-16-Maschinen mit modifizierten Abwurftanks, die es ihnen ermöglichen sollten, bis zum Iran vorzudringen und dabei tief und schnell über die Wüstengebiete des nördlichen Irak zu fliegen. Sie würden den Rand der Kurdenregion streifen, wo die jahrelangen britischen und amerikanischen Einsätze die irakische Armee ihrer Luftabwehr beraubt hatte. Aber trotz der Zusatztanks würden sie keine Möglichkeit haben zurückzukommen. Einsatzgruppen standen bereit, um sie zu evakuieren, falls sie es zu einem der festgelegten Treffpunkte schaffen sollten. Doch beim Abschied hatte Molenz in den Augen der Männer die Gewissheit gesehen, dass es eine Todesmission war.
    Die israelischen Kampfjets starteten in Dreiergruppen. Eine F-15 trug den Gefechtskopf, die anderen beiden die Tanks für die Befüllung in der Luft. Die Piloten, die Richtung Iran und Irak aufbrachen, rechneten nicht mit nennenswertem Widerstand auf ihrem Weg zum Ziel. Die hochgeheimen elektronischen Geräte, die extra für diese Mission entworfen worden waren, sollten es den israelischen Piloten ermöglichen, jedem Kampfjet der alliierten Streitkräfte mit größtmöglicher Effektivität zu begegnen. Es wäre ja möglich, dass Abfangjäger oder Abwehrkanonen
der Koalition versuchten, sie zu stoppen, aber Molenz und seine Kameraden waren auf eine solche Konfrontation bestens vorbereitet, sie sahen sie nicht als ernstzunehmende Gefahr an.
    Molenz zog den Steuerknüppel zurück, und sein Strike Eagle stieg in den Himmel. Als er hoch genug war, drehte er sich um und warf einen Blick auf die Hauptstadt weit unten. Sie lag im Dunkeln, war aber noch zu erkennen. Was sollte das eigentlich bringen? Dank moderner Sensoren waren die Piloten schon längst nicht mehr auf Sichtkontakt angewiesen und konnten ihre Bomben dennoch punktgenau abwerfen. Iranische Scud-Raketen

Weitere Kostenlose Bücher