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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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schaute durchs Fenster in einen strahlend schönen Tag auf Hawaii. Es wirkte direkt pervers angesichts des Zustands der Welt, aber auch hier wurde die Situation allmählich schwierig. Die meisten Menschen, die nicht auf den Inseln wohnten, waren in Auffanglager im Pazifik evakuiert worden. Fast niemand hatte sich freiwillig für eine Rückkehr zum Festland gemeldet.
    »Nun, das erklärt eine Menge«, sagte Ritchie. »Vor allem die Handlungsweise von Blair, denke ich. Aber wie kommen wir an sie ran? Sie ist durchs Raster gefallen.«
    Franks schüttelte den Kopf.
    »Wir haben sie wiedergefunden. Die Leute von Sarkozy haben sie vor einer Stunde festgenommen.«

37

Seattle, Washington
    Jed Culver hatte sich drei nebeneinanderliegende Zimmer im Hotel Monaco gesichert. Nun stand er im mittleren Raum, versuchte einer CNN-Reportage über die konstituierende Versammlung zu folgen und fragte sich, ob er nicht noch ein paar Räume mehr hätte anmieten sollen. Um ihn herum drängten sich über hundert Personen. Sie machten so viel Lärm, dass sie den Fernseher übertönten. Man musste sich davor knien und den Ton lauter stellen, um etwas verstehen zu können. Er hatte das bereits mehrmals getan, aber nach wenigen Minuten war der Lärmpegel weiter angestiegen und wieder kaum etwas zu verstehen.
    Die Menschen drängten sich um ihn herum und versuchten der Reportage zu folgen, aber ihre eigenen zornigen Ausrufe übertönten die Übertragung genauso wie der Lärm im Hintergrund. Auf dem Bildschirm war ein Mann mit teigigem Gesicht und einem unvorteilhaften Comb-over-Haarschnitt zu sehen, der mit der Faust auf das Rednerpult schlug und laut ausrief: »Es wäre nur zeitlich befristet … auf drei Jahre begrenzt … eine Ausweitung käme nur im Notfall infrage … Aber wir brauchen … funktionierende Maßstäbe. Tun wir das nicht, bedeutet es, das wir abtreten …«
    Der Name des Mannes wurde eingeblendet. Es war Reggie Guertson, ein republikanischer Bürgermeister aus einem kleinen Kaff am Rande der Energiewelle.
    »Das Militär hat in einer schweren Zeit geholfen«, schrie er mit rotem Gesicht, »und es wird uns auch in den kommenden
schweren Zeiten helfen. Aber nur wenn wir ihm genug Spielraum geben.«
    »Sag’s noch einmal, Sam!«, rief ein Mann hinter Culver.
    Auf dem Bildschirm schwenkte die Kamera über die Zuhörer, die teilweise aufgesprungen waren und protestierten, aber Culver vermutete, dass die Hälfte der Protestierenden sich gegen die stellten, die Guertsons Vorschlag ablehnten, dem Militär ein Drittel der Sitze im Kongress zu überlassen, um dem Notstand wirkungsvoller begegnen zu können.
    Die Personen hier im Hotel waren durchweg dagegen, und zwar lautstark. Niemand konnte dem Vorschlag etwas abgewinnen. Culver versuchte nochmals die Lautstärke hochzudrehen, aber der Apparat war offensichtlich vom Hotel so präpariert, dass er nicht zu laut eingestellt werden konnte, um die Gäste in den anderen Zimmern nicht zu belästigen. Er hörte nur das Durcheinander empörter Rufe und einen Sprechchor, der immer wieder »Sieg heil! Sieg heil!« wiederholte. Nun kam der Vorsitzende Mark Begich ins Bild, der neu gewählte Bürgermeister von Anchorage. Er schlug mit dem Hammer aufs Pult und bat um Ruhe, leider ohne Erfolg.
    Culver schüttelte den Kopf und stand wieder auf. Seine Knie schmerzten, und ihm war ein bisschen schwindelig, vielleicht, weil im Zimmer so viel geraucht wurde.
    Durch alle drei Zimmer waberte dichter Zigarettendunst, obwohl einige Schilder darauf hinwiesen, dass das Rauchen hier verboten war. Hinzu kamen die Ausdünstungen der nassen Kleider, Körperausdünstungen und die verbrauchte Luft. Die Teppiche waren unter einer dichten Schicht verschütteter Kartoffelchips und Pizza-Kruste verschwunden, überall lagen leere Flaschen und Papierbecher herum, ebenso geleerte Mineralwasserflaschen aus Plastik und zerdrückte Bierdosen. Er fragte sich, wie viele
Leute wohl nur gekommen waren, weil sie wussten, dass er über einen größeren Vorrat an Snacks und Getränken verfügte.
    Umsonst würden sie das alles aber nicht bekommen.
    Es war nicht ganz leicht, eine Einladung zu einem Gelage im Reich von Jed Culver zu bekommen, und jeder hier würde seinen Preis dafür zahlen, früher oder später.
    »He, Culver! Ich hab schon nach Ihnen gesucht«, rief eine Stimme mit Brooklyn-Akzent und einem leichten osteuropäischen Einschlag hinter ihm.
    Er drehte sich um.
    »Mr. Cesky«, rief er über den Lärm hinweg. »Ich

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