Der Effekt - Roman
habe Sie auch schon gesucht. Wollte Ihnen für ihre gestrige Unterstützung danken.«
Cesky, ein kleiner breitschultriger Mann mit schwieligen Händen und dem Aussehen eines Bauarbeiters, wischte die Bemerkung mit einer bandagierten Hand beiseite.
»Vergessen Sie’s. Wofür hat man Geld, wenn man es nicht ausgibt, um sich das zu beschaffen, was man haben will?«
Culver lächelte, erwiderte aber nichts. Trotz seines hemdsärmeligen Auftretens und seiner tumben Art war Cesky ein gewiefter Stratege. Eine harte Nuss, hätte sein Vater dazu gesagt, einer, den man nicht mal mit einem Hammer kleinkriegen konnte. Der Geschäftsmann aus Brooklyn war arg bandagiert, weil er und seine Familie auf dem Weg vom südlichen Mexiko bis hierher eine Menge einstecken mussten. Cesky hatte sich ihm nicht vorgestellt, aber Culver hatte Informationen über ihn eingezogen. Er hatte herausbekommen, dass Cesky aus dem zusammenbrechenden Acapulco herausgekommen war. Ganz offensichtlich war er ziemlich clever und hart genug im Nehmen, um bedrohliche Situationen zu meistern.
Doch wie alle Männer hatte auch er seine schwache Seite.
Er redete immerzu übers Geld und darüber, wie viel er bereits auf das »diskrete Konto« von Culver eingezahlt hatte, in die »Kriegskasse«, wie er sie nannte. In Gesellschaft machte er auch gern deutlich, dass mit ihm nicht gut Kirschen essen sei, wenn man ihm in die Quere kam. Irgendwie war es ihm gelungen, einen Großteil seines Vermögens und seiner Geschäfte zu sichern, und er legte Wert darauf, noch immer ein großer Fisch zu sein. Vor allem in der amerikanischen Innenpolitik, die inzwischen vor allem an der pazifischen Küste im Nordwesten stattfand, wollte er mitreden.
Er legte Culver einen Arm um die Schultern. Seine Ärmel waren hochgekrempelt, und Culver konnte den dichten Haarbewuchs auf seinen Unterarmen im Nacken spüren. Er bemühte sich, es zu ignorieren. Jemandem zu nahezutreten war eine Spezialität von Cesky. Da er einige Zentimeter größer und ein paar Kilo schwerer war als der Mann aus Brooklyn, ließ Culver es geschehen.
»Ich wollte mit Ihnen über diese verdammten Army-Ingenieure sprechen«, sagte Cesky. »Sie erledigen ziemlich viele Arbeiten in der Stadt, aber ich könnte mir vorstellen, dass es wesentlich schneller und billiger ginge, wenn Privatfirmen sich darum kümmern würden. Leute, die nicht so etepetete sind und alles in Zeitlupe machen.«
»Ich verstehe schon, Henry«, rief Culver über den Lärmpegel hinweg. »Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Aber im Augenblick hat die Army das Heft an sich gerissen. Das haben Sie ja gesehen. Sie haben alles im Griff.«
Was tatsächlich ein Wunder war angesichts der Konflikte, die es zwischen der Stadtverwaltung und den Militärs in Fort Lewis im letzten Monat gegeben hatte.
Cesky nahm den Arm herunter. Er hatte sich ein ganzes Stück nach oben recken müssen, und das war bestimmt nicht bequem gewesen.
»Wird Zeit, dass sie in ihre Schranken verwiesen werden«, sagte er. »Ich hab gehört, was sie mit dem Stadtrat gemacht haben. Die wollten wohl mal mächtig auf den Putz hauen und haben sich anschließend die besten Aufträge gesichert.«
Culver wollte schon den Kopf schütteln. Eine typische Schwäche von Cesky war, dass er die Welt nur mit seinen eigenen Maßstäben beurteilen konnte. Er sah die Army als Konkurrenzfirma an, die ihm die lukrativen Aufträge wegschnappen wollte. An ihrer Stelle hätte er genauso gehandelt. Die »Festsetzung« der Ratsmitglieder während der Krise kurz nach dem Großen Verschwinden war für Cesky nichts weiter als ein Erpressungsversuch.
Wirklich unglaublich, der Mann.
Culver hob die Hände.
»Ich habe nichts dagegen. Allerdings verstehe ich ihr Verhalten. In dieser Situation war es vielleicht die einzige Möglichkeit, das Schlimmste zu verhüten. Aber diese Zeiten sind inzwischen vorbei, würde ich sagen.«
Cesky nickte weise vor sich hin oder tat jedenfalls so.
»Es gibt verdammt viel zu tun, Culver«, sagte er, während sie sich ihren Weg durch die Menschenmenge bahnten. »Nicht nur Ausbesserungsarbeiten, es muss auch eine ganze Menge neu gebaut werden, auch hier oben«, fügte er hinzu und tippte sich mit einem Wurstfinger gegen die Stirn.
Culver nickte und wunderte sich über seinen Weitblick.
»Deshalb ist diese Woche so wichtig«, sagte er. »Und deshalb brauchen wir Leute wie Sie, die uns unterstützen. Wir sind am Scheideweg angelangt. Der Weg führt in zwei Richtungen. Wenn wir
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